# taz.de -- Die Odyssee von Edward Snowden: Auch Bolivien stellt Asyl in Aussic… | |
> Mögliche Zufluchtsorte für den wegen Geheimnisverrats von den USA | |
> gesuchte Edward Snowden. Drei lateinamerikanische Länder würden ihn | |
> aufnehmen. | |
Bild: Das Snowden-Empfangskomitee hat sich schon mal fein gemacht: Nicolás Mad… | |
LA PAZ/CARACAS/MANAGUA dpa/afp | Bolivien will den flüchtigen früheren | |
US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden aufnehmen. Sein Land werde | |
Snowden Asyl gewähren, wenn dieser einen Antrag stelle, sagte Präsident Evo | |
Morales bei einer Rede vor Landwirten am Samstag in Oruro im Südwesten | |
Boliviens. „Als Zeichen des Protests möchte ich den Europäern und den | |
Nordamerikanern sagen: Jetzt werden wir diesem von seinen Landsleuten | |
verfolgten Amerikaner Asyl gewähren, wenn er dies beantragt. Wir haben | |
keine Angst.“ | |
Am Freitag hatten bereits Nicaragua und Venezuela ihre Bereitschaft | |
erklärt, Snowden Asyl zu gewähren. Erst vor wenigen Tagen hatte es einen | |
diplomatischen Eklat gegeben, als Boliviens Staatschef Evo Morales aus | |
Moskau kommend in Wien ungeplant zwischenlanden musste. [1][Mehrere Staaten | |
hatten die Überflugrechte verweigert] – angeblich weil Snowden an Bord | |
vermutet wurde. | |
Das aus Moskau kommende Flugzeug musste in Wien notlanden und durfte erst | |
13 Stunden später nach einer Durchsuchung weiterfliegen. Morales zeigte | |
sich zutiefst erbost und sagte, der Verdacht sei völlig abwegig gewesen. | |
Snowden wird auf dem Transitbereich des Moskauer Flughafens vermutet. | |
## Pass annulliert | |
Venezuelas sozialistischer Staatschef Nicolás Maduro sagte am Freitag, er | |
wolle den 30-jährigen Amerikaner vor der Verfolgung „durch eine der | |
mächtigsten Regierungen der Welt“ schützen. Kurz zuvor hatte auch | |
Nicaraguas Präsident Daniel Ortega Snowden die Aufnahme in Aussicht | |
gestellt. Snowden hat in mittlerweile 27 Staaten Asyl beantragt. Unklar war | |
zunächst, wie Snowden unbehelligt nach Lateinamerika weiterreisen könnte. | |
Die USA haben seinen Pass annulliert. | |
„Er soll in das Vaterland von Bolívar und Chávez kommen und frei von der | |
imperialistischen Verfolgung Nordamerikas leben können“, sagte Maduro bei | |
einer im Fernsehsender Telesur übertragenen Militärparade. Er sprach von | |
„humanitärem Asyl“. | |
Ortega sagte vor Anhängern in der Hauptstadt Managua, Nicaragua sei ein | |
offenes Land und respektiere das Recht auf Asyl. „Wenn es die Umstände | |
zulassen, nehmen wir Snowden gerne auf und gewähren ihm Asyl hier in | |
Nicaragua.“ Der Geheimdienstspezialist habe vor einigen Tagen bei der | |
nicaraguanischen Botschaft in Russland um Aufnahme gebeten. | |
In Moskau wurde das Angebot begrüßt. „Asyl für Snowden in Venezuela wäre | |
die beste Lösung“, schrieb der einflussreiche russische Außenpolitiker | |
Alexej Puschkow am Samstag [2][bei Twitter]. „Das Land befindet sich | |
bereits in einem heftigen Konflikt mit den USA. Schlechter kann es nicht | |
werden“, meinte der Chef des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma. | |
## Jahrzehntealte Auslieferungsabkommen | |
Venezuela und Nicaragua gehören wie Ecuador und Bolivien zu den | |
linkssozialistischen Ländern in Amerika, die die Vormachtstellung der USA | |
auf dem Kontinent äußerst kritisch sehen. Mit beiden Staaten haben die USA | |
zwar Auslieferungsabkommen vereinbart, doch wurden sie bereits vor dem | |
Zweiten Weltkrieg unterzeichnet. Die Regierungen dürften sich daran nicht | |
mehr gebunden fühlen. | |
Erst am Freitagabend hatte die Enthüllungsplattform Wikileaks, die Snowden | |
auf seiner Flucht unterstützt, [3][auf Twitter berichtet], dass Snowden bei | |
sechs weiteren Ländern Asyl beantragt habe – insgesamt jetzt bei 27. | |
Namentlich sollten sie nicht genannt werden, um eine mögliche Einflussnahme | |
der USA zu verhindern. | |
Eine ganze Reihe von Ländern hat die Gesuche bereits zurückgewiesen, | |
[4][darunter auch Deutschland]. Klare Absagen gab es außerdem aus | |
Frankreich, Italien, Brasilien, Indien und Polen. | |
Der IT-Spezialist Snowden, der sich nach wie vor im Transitbereich des | |
Moskauer Flughafens Scheremetjewo aufhalten soll, hatte für eine | |
Beratungsfirma gearbeitet, die im Auftrag der US-Regierung tätig war – für | |
den US-Abhördienst NSA. Er war Ende Mai mit geheimen Dokumenten von Hawaii | |
nach Hongkong geflohen. Von dort aus machte er massive Ausspäh- und | |
Abhörprogramme der USA und des britischen Geheimdienstes öffentlich. Die | |
Justizbehörden der Vereinigten Staaten suchen ihn seitdem wegen | |
Geheimnisverrats. | |
## Kritische Stimmen aus Deutschland | |
Die Enthüllungen Snowdens haben auch zu einer Belastung des | |
transatlantischen Verhältnisses geführt, da die USA verbündete Länder wie | |
Deutschland ausspioniert haben sollen. Kurz vor dem Start von Verhandlungen | |
über ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU pochen | |
Koalitionspolitiker auf den Schutz der Wirtschaft vor Spionage. | |
Es passe nicht zu einer Freihandelszone, dass die Wirtschaft der | |
Mitgliedsstaaten ausspioniert werde, sagte Unions-Fraktionschef Volker | |
Kauder der Rheinischen Post. „Das müsste auch in einem solchen Abkommen am | |
Ende fixiert werden.“ Bundesjustizministerin Sabine | |
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) äußerte sich ähnlich. Dagegen warnte | |
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) davor, die geplante Freihandelszone | |
dürfe nicht durch die Affäre verzögert werden. | |
6 Jul 2013 | |
## LINKS | |
[1] /Eklat-auf-Wiener-Flughafen/!119247/ | |
[2] http://twitter.com/Alexey_Pushkov | |
[3] http://twitter.com/wikileaks/status/353183588700798977 | |
[4] /Asylantrag-in-Deutschland/!119179/ | |
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