| # taz.de -- Kommentar Verweigerung Überflugrecht: Willfährige Hampelmänner | |
| > Der Irrflug der bolivianischen Präsidentenmaschine ist ein unglaublicher | |
| > Vorgang. Die Affäre Snowden insgesamt zeigt auf peinliche Weise die | |
| > Unfähigkeit der EU. | |
| Bild: Die Nacht-und-Nebel-Aktion von Wien entpuppte sich für die Verfolger als… | |
| Wäre der Irrflug der bolivianischen Präsidentenmaschine der Plot eines | |
| Spionagethrillers, man würde das Buch an dieser Stelle entnervt zuklappen. | |
| Zu konstruiert erscheint die Geschichte. So mag sich Klein Fritzchen die | |
| Welt der Geheimdienste ausmalen, die Wahrheit sieht anders aus, wäre der | |
| erste Gedanke. | |
| Die Verweigerung der Überflugrechte durch mehrere europäische Staaten | |
| aufgrund des bloßen Verdachts, dass sich der US-amerikanische Whistleblower | |
| Edward Snowden an Bord befinde, ist aber Realität. Es handelt sich um einen | |
| beispiellosen und unglaublichen Vorgang. Vieles spricht dafür, dass sich | |
| die Europäer aufgrund eines Hinweises aus den USA so verhielten – als | |
| willfährige Hampelmänner also, die sich dem großen Bruder in Washington | |
| ohne Nachdenken unterordnen. | |
| Wenn dem so ist, so lernen wir aus der Affäre zweierlei. Erstens scheinen | |
| die Vereinigten Staaten wild entschlossen zu sein, mit jedem zur Verfügung | |
| stehenden Mittel ihres desertierten Spions Edward Snowden habhaft zu | |
| werden. | |
| In diesem Zusammenhang ist auch die rekordverdächtige Eile suspekt, mit der | |
| die Bundesrepublik und weitere Staaten Snowdens Asylantrag abgelehnt haben. | |
| Das ist nicht nur unangenehm für Snowden selbst. Es macht auch deutlich, | |
| dass Fragen des internationalen Rechts für die USA bei der Suche nach dem | |
| Mann nur eine untergeordnete Rolle spielen. Freiheit und international | |
| gültige Gepflogenheiten, Rechte, auf die man sich gern mit großen Worten | |
| bezieht, werden durch das Land gebeugt, das sich selbst als Hort der | |
| Freiheit begreift. | |
| ## Nur Schweigen aus Brüssel | |
| Genauso wie die individuelle Freiheit bei der ungehemmten Datensammelwut | |
| der Geheimdienste auf der Strecke bleibt, so spielt sie nun bei der Suche | |
| nach dem Verräter keine Rolle. | |
| Die Tatsache, dass sich die Nacht-und-Nebel-Aktion von Wien für die | |
| Verfolger als Schlag ins Wasser entpuppte, gibt der Vermutung Nahrung, dass | |
| die abermals gedemütigten US-Dienste nun erst recht wild um sich schlagen | |
| werden. Snowden, das scheint Konsens zu sein, muss mit allen Mitteln zur | |
| Strecke gebracht werden. | |
| Zweitens zeigt die Europäische Union einmal mehr auf peinliche Weise ihre | |
| eigene Unfähigkeit. Da verweigern mehrere Mitgliedsstaaten dem Präsidenten | |
| eines Drittstaats den Überflug – und das Einzige, was dazu aus Brüssel zu | |
| hören ist, ist lautes Schweigen. Der Ministerrat der Europäischen Union, | |
| also die Vertretung der Einzelstaaten, kann sich nicht zu einer Erklärung | |
| aufraffen. Das ist beschämend. Es zeigt, dass man auf Europa nicht zählen | |
| kann, wenn es ernst wird. | |
| 3 Jul 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Hillenbrand | |
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