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# taz.de -- Fabrikeinsturz in Bangladesch: Die Glücksritter vom Rana Plaza
> Mit wenig Geld und einem wackeligen Geschäftsmodell haben zwei
> Fabrikbesitzer in Bangladesch jahrelang gut verdient. Dann brach alles
> mit dem Rana Plaza zusammen.
Bild: Das wackelige Geschäft begraben: Eine Arbeiterin am eingestürzten Rana …
DHAKA/SAVAR taz | Mit dem Einsturz des Rana Plazas fielen auch die
Existenzen von Mahmudur Rahman und Bazlus Samad in sich zusammen. Die
beiden Männer waren die Besitzer von Textilfabriken auf drei Etagen des
eingestürzten Gebäudes. Seit dem 24. April besitzen sie nichts mehr. Nur
noch drei Millionen Euro Schulden. Und ihnen könnte der Prozess gemacht
werden: Sie sitzen zur Zeit wegen des Vorwurfs der „kriminellen
Fahrlässigkeit“ in Untersuchungshaft.
Bei dem Einsturz des Rana Plaza befanden sich mindestens 3.500 Menschen in
dem Gebäude, die meisten Arbeiter in den insgesamt fünf Textilfabriken. In
den Fabriken von Rahman und Samad arbeiteten rund 1.600 Menschen. Bei der
Katastrophe kamen 1.129 Menschen ums Leben, 2.438 konnten gerettet werden.
Es gibt viele Menschen die Schuld an dem Unglück haben: Ein
Gebäudebesitzer, der gegen Bauvorschriften verstoßen hat und eine
Regierung, die diese nicht durchsetzte. Auch internationale Konzerne tragen
eine Verantwortung, die viel Geld mit billiger Kleidung aus Bangladesch
verdienen, aber kein Geld haben, um ihre Lieferanten vorher ausreichend zu
prüfen oder nach dem Unglück [1][angemessene Entschädigungen] zu zahlen.
Und es gibt Geschäftsmänner wie Rahman und Samad, die mit wenig Geld viel
verdienen. Wenn alles gut geht.
Die beiden Männer sind schon seit Anfang der 90er Jahre im Geschäft,
erzählen andere Unternehmer, die sie seit Jahren kennen. Während dieser
Zeit boomt auch die Textilindustrie in Bangladesch: Der Umsatz der Branche
steigt von 800 Millionen Dollar im Jahr 1994 auf 21 Milliarden im
vergangenen Geschäftsjahr. Sie haben wenig eigenes Geld und die erste
Fabrik ist in den oberen Stockwerken vom Familienhaus Rahmans
untergebracht. Jeweils 100.000 und 110.000 Euro Eigenkapital investieren
sie in die zwei Fabriken im Rana Plaza.
## Schwankende Profite
Kreditunterlagen, die der taz vorliegen, zeigen aber: Die Männer haben das
Zigfache an Umsätzen gemacht. Sie verkaufen Kleidung an US-amerikanische
und europäische Firmen: das britische Primark, das dänische Texman und die
US-Kindermarke „The Children's Place.“ Im Jahr 2012 setzen sie 6,7
Millionen Euro um und machen etwa 250.000 Euro Gewinn. Sie haben in einem
Jahr mehr verdient, als sie investiert haben. Zugleich ist das Geschäft
notorisch instabil: Eine Fabrik wirft im Jahr 2010 nur 28.000 Euro ab, die
andere im Jahr 2011 sogar nur 1.000 Euro.
Dahinter steckt ein in der Textilbranche Bangladeschs weitverbreitetes
Geschäftsmodell: Mit dem eigenen Geld werden nur Maschinen und
Fabrikeinrichtung gekauft. Die Unternehmer akquirieren Aufträge, für die
die Käufer Zahlungsgarantien, sogenannte Akkreditive, bei der Bank
hinterlegen. Mit diesen Garantien sichern die Fabrikbesitzer ihrerseits
Kredite, um Stoff, Garn und Knöpfe zu kaufen. Löhne, Miete und andere
laufende Kosten finanzieren sie über Bankkredite, die in Bangladesch mit 18
Prozent verzinst werden.
Wenige hatten dabei Glück und sind zu Millionären geworden. Viele andere
verdienen mal besser, mal schlechter. Manche überleben, manche gehen
pleite. Und einige, wie Mahmudur Rahman und sein Kompagnon Bazlus Samad,
haben Pech: Ihr Geschäftsmodell bricht zusammen. So wie das Rana Plaza
zusammengebrochen ist.
## Kein Geld für Entschädigung
„Ich glaube, sie haben jeden Taka [Anm. LS: Währung von Bangladesch. 1 Taka
= 1 Eurocent], den sie übrig hatten, reinvestiert“, sagt ein
Kindheitsfreund Rahmans der taz. Sie haben, so erzählen es Bekannte, keine
Ersparnisse. Und das Rana Plaza hat ihr gesamtes wackeliges Geschäft
begraben: festes Kapital in Form von Maschinen und laufendes Kapital in
Form unerfüllter Aufträge. Ihre Schulden betragen wohl insgesamt drei
Millionen Euro.
Die Abfindungen der Arbeiter müssten bezahlt werden und eigentlich auch
Entschädigungen an Schwerverletzte und die Hinterbliebenen von toten
Arbeitern. Aber vermutlich besitzen die beiden Männer nicht annähernd
genug, um ihre Schulden bezahlen zu können.
12 Jul 2013
## LINKS
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## AUTOREN
Lalon Sander
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