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# taz.de -- Textilindustrie in Bangladesch: Jede zehnte Fabrik ist unsicher
> Nach dem verheerenden Einsturz des Rana Plaza prüfen Textilbranche und
> Regierung die Bausicherheit von Fabriken. Viele könnten künftig
> geschlossen werden.
Bild: „Zu grauenhaft, um nicht beachtet zu werden“: Rettungskräfte am Rana…
DHAKA ap | Unweit der Stelle an der das Fabrikgebäude Rana Plaza einst
stand, werden in diesen Tagen zwei illegale Etagen einer anderen Fabrik
entfernt. Wie beim Rana Plaza hatte der Besitzer hier mehr gebaut, als die
Gebäudezulassung erlaubte. Nun muss er die Etagen auf Anweisung der
Regierung entfernen.
Textilfabriken in Bangladesch werden häufig ohne den Einsatz von
Ingenieuren gebaut, zeigt die Untersuchung einer Technischen Universität.
Viele sind in Wohn- oder Geschäftsgebäuden untergebracht, die nicht für die
schweren industriellen Maschinen ausgelegt sind, oder haben illegale
Zusatzetagen.
Der Einsturz vom Rana Plaza im April, bei dem mehr als 1100 Menschen
starben, treibt in diesen Tagen Fragen nach der Gebäudesicherheit voran.
Neben der Untersuchung der Universität hat die Textilbranche selbst 200
besonders gefährdete Fabriken untersuchen und 20 davon schließen lassen.
Auch die Regierung hat eigene Untersuchungen angekündigt.
Rana Plaza sei ein Weckruf gewesen, sagt der Vizepräsident vom
Textilexporteursverband BGMEA, Shahidullah Azim. Unternehmer würden sich
nun mit der Bausicherheit ihrer Fabriken beschäftigen. „Vorher war das
nicht in unseren Köpfen. Wir haben nie an so etwas gedacht“, so Azim. Dabei
waren bereits 2005 beim Einsturz der Spectrum Fabrik 64 Menschen ums Leben
gekommen. Wie das Rana Plaza war auch das Gebäude illegal erweitert worden.
Nach dem Rana-Plaza-Unglück beauftragten Regierung und Textilbranche die
Bangladesh University of Engineering and Technology mit
Sicherheitsprüfungen. Die Ingenieure hätten zunächst Anfragen von 400
Fabrikbesitzern erhalten, sagt der Chef der Abteilung für
Bauingenieurwesen, Mujibur Rahman. Doch als die Arbeit begann, seien viele
plötzlich unerreichbar gewesen. Nur 200 Gebäude konnten untersucht werden.
## 4.000 Fabriken sind noch nicht geprüft
Während viele sicher zu sein schienen, hatten manche Fabriken so
schwerwiegende Fehler, dass die Prüfer sie schließen ließen. Einige Gebäude
hatten zu dünne Säulen, um ihr Gewicht zu tragen, während andere bereits
Risse zeigten und einsturzgefährdet waren. Die meisten waren bei den
Bauarbeiten ganz ohne Ingenieure ausgekommen. In zahlreichen Gebäuden
fanden die Prüfer illegale Zusatzetagen vor.
Da die Tests von den Besitzern freiwillig beantragt und bezahlt wurden,
geht Rahman davon aus, dass die geprüften Gebäude zu den sichereren der
Branche gehören. Dennoch hätten einige sie angefleht, Empfehlungen zu
verändern, um noch einige Monate weiterproduzieren zu können. Der Zustand
der weiteren 4.000 Textilfabriken im Land sei vermutlich noch schlimmer, so
Rahman. Vertreter von Industrie und Regierung sagten, sie würden die
Ergebnisse ernst nehmen. In den vergangenen Wochen wurde eine Reihe von
Fabriken geschlossen.
„Wir dürfen nicht wegen einiger Gebäude die gesamte Industrie zerstören“,
sagte BGMEA-Vize Azim. „Deshalb kümmern wir uns.“ Der Verband habe
zusätzlich ein eigenes Ingenieursteam aufgestellt, das in den vergangenen
Wochen 200 Fabriken untersuchte. Bei 20 seien so schwerwiegende Verstöße
festgestellt worden, dass sie umgehend geschlossen wurden.
Auch Textilminister Abdul Latif Siddique gab bekannt, dass die Regierung
ihre eigenen Tests durchführt und ebenfalls Fabriken schließen würde. „Ich
denke, dass 200 bis 300 Gebäude gefährdet sind und dass wir sie sehr
schnell finden werden“, sagte er.
## „Hoffentlich wird es besser“
Seit dem verheerenden Unglück vom April seien die Textilhersteller unter
Druck von westlichen Käuferfirmen, die Sicherheit in ihren Fabriken zu
erhöhen. Siddique forderte die Käufer auf, höhere Preise zu bezahlen, um
Verbesserungen zu finanzieren. Zwar haben eine Reihe von überwiegend
europäischen Firmen ein Abkommen unterschrieben, um genau das zu tun, doch
US-Firmen wie Walmart oder Gap weigern sich weiterhin.
Experten befürchten unterdessen, dass das Engagement nach dem Einsturz bald
wieder schwinden könnte – so wie auch nach dem Spectrum-Einsturz 2005.
Schon damals hatte der BGMEA in einem Bericht vorgeschlagen, die
Bausicherheit von Fabriken zu kontrollieren – offensichtlich ohne Erfolg.
Textilminister Siddique dagegen sagt, der Einsturz vom Rana Plaza sei zu
grauenhaft gewesen, um nicht beachtet zu werden. „Wir meinen es jetzt
ernst“, sagte er. „Hoffentlich wird es besser.“
14 Jun 2013
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