| # taz.de -- ZDF-Film über Flüchtlinge: Auf der Flucht vor der Primetime | |
| > „Transfer - der Traum vom ewigen Leben“ ist großartiges junges Kino über | |
| > die Flüchtlingsproblematik - das ZDF versendet es nach Mitternacht. | |
| Bild: Apolains (BJ Britt) Körper ist reichen Weißen viel Geld wert: Szene aus… | |
| Fast könnte man meinen, das ZDF habe hier mal ein | |
| Sommer(loch)-Schwerpunktthema setzen wollen: afrikanische Flüchtlinge und | |
| ihr beschwerlicher Weg nach Europa. Zwar muss man dann leider zuerst an das | |
| so gut gemeinte wie kolossal vergeigte ZDFneo-Docutainment-Experiment „Auf | |
| der Flucht“ erinnern: sechs halbprominente und nichtprominente Borderliner | |
| spielen Flüchtlingsschicksale nach. | |
| Aber es gab da ja auch, in der ZDF-Reihe Shooting Stars, den Film „Transfer | |
| – Der Traum vom ewigen Leben“, der das Thema afrikanische Bootsflüchtlinge | |
| auf sehr viel angemessenere Art und Weise aufs Tapet gebracht hat. | |
| Leider behält der Sender seine besten, auch mit ZDF-Geldern finanzierten | |
| Filme einem cinephilen Nischenpublikum nach Mitternacht vor. So auch heute. | |
| Den großartigen Abschluss der Shooting-Stars-Reihe – als „Plattform für d… | |
| junge Kino“ gedacht – versendet man nach Mitternacht. Als wäre eine | |
| filmische Dystopie aus deutschen Landen nicht etwas ganz Besonderes, ganz | |
| und gar Seltenes – Roland Emmerichs „Das Arche Noah Prinzip“ fällt ein, … | |
| Jahre ist es her. | |
| „Rate mal, wie viele Neger letzte Woche gekommen sind“, sagt da also in | |
| „Transfer“ der Mann zu seiner Frau. Sie sagt, sie wolle nicht, dass er das | |
| sagt, „Neger“. Dann sagt sie: „Keine Ahnung. 400?“ Er: „23.000.“ | |
| Wie gesagt, es ist eine Dystopie. Der Dialog als Widerhall des | |
| Beinahe-Schwerpunktthemas. Und übrigens, das Ehepaar, das sich so | |
| unterhält, ist selbst schwarz. Aber nur äußerlich. Es ist ein bisschen | |
| verzwickt. Also von vorne. | |
| ## „Blutwerte, Libido - ausgezeichnet" | |
| Auf der einen Seite zwei greise Lebenspartner (Ingrid Andree und | |
| Hans-Michael Rehberg), 50 gemeinsame, nett verbrachte Ehejahre. Auf der | |
| anderen Seite zwei schöne, schwarze junge Menschen mit perfekten | |
| Astralkörpern (Regine Nehy und BJ Britt, beide bislang vor allem | |
| Nebendarsteller in diversen amerikanischen TV-Serien): „Beide haben die | |
| somatischen und psychosomatischen Tests erfolgreich durchlaufen. Affekt und | |
| Gefühlswelt – ausgezeichnet. Regenerationsfähigkeit – ausgezeichnet. | |
| Blutwerte, Libido – ausgezeichnet.“ | |
| Es ist die nahe Zukunft, die hier spricht: das Unternehmen Menzana – Motto: | |
| Mens sana in corpore sano – verkauft die Körper armer Afrikaner an gut | |
| betuchte Europäer. Eine Art Organhandel 2.0: Ein Prozent des Kaufpreises | |
| von einer Million Euro geht an die Familien in Afrika – 99 Prozent bekommt | |
| Menzana. Vier Stunden am Tag werden die Körperspender sie selbst sein, 20 | |
| Stunden eines Tages gehören sie ihren Wirten. | |
| Vier Stunden können sehr kurz sein, zwei Körper zu klein für vier | |
| Persönlichkeiten. Wer bin ich – und wenn ja wie viele? Darauf läuft es wohl | |
| hinaus. Aber wie Regisseur Damir Lukacevic das in seinem zweiten Langfilm, | |
| „Transfer“, der auf einer Kurzgeschichte von Elia Barceló beruht, ausführ… | |
| ist ziemlich clever und ambivalent. | |
| Immerhin ein Klischee wollte Lukacevic aber dann doch bedienen: das der | |
| eiskalten Wissenschaftlerin (Jeanette Hain). Standesgemäß residiert sie, | |
| wie viele Filmbösewichte vor ihr, in einem aseptisch-modernistischen | |
| Sichtbeton-Ambiente. Nicht von ungefähr erinnert „Transfer“ hier an | |
| „Gattaca“, in dem Film ging es um die Optimierung des Menschen durch | |
| Genmanipulation. Das Körperspenden-Motiv ist bekannt aus „Never Let Me Go“ | |
| und „Alles, was wir geben mussten“. | |
| Alle drei Filme sind gute Beispiele dafür, dass eine gelungene | |
| Science-Fiction-Dystopie keine Frage von aufwendigen Spezialeffekten und | |
| teurem CGI-Gedöns ist. Mehr davon! | |
| 19 Aug 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Jens Müller | |
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