# taz.de -- Flüchtlinge: Wertloser Rechtsanspruch | |
> Nur 6 Prozent der Flüchtlingskinder in Berlin besuchen eine Kita. Es | |
> mangelt an Plätzen. Viele werden deshalb ohne Deutschkenntnisse | |
> eingeschult. | |
Bild: Hier ist kein Platz mehr: Mittagessen in der Kita. | |
Im aktuellen Wahlkampf profiliert sich die Berliner SPD-Spitze mit dem | |
Thema Kitapflicht. Bildungs- und Jugendsenatorin Sandra Scheeres | |
unterstreicht dabei die Wichtigkeit, „möglichst alle Kinder rechtzeitig in | |
die Kita zu bekommen“. Dabei haben die Sozialdemokraten eine Gruppe völlig | |
aus den Augen verloren: Flüchtlingskinder, die in Flüchtlingsheimen wohnen. | |
Von diesen besuchen gerade mal knapp 6 Prozent eine Kita – trotz | |
Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz und der Pflicht auf Sprachförderung im | |
letzten Kitajahr. Das geht aus Antworten des Senats auf Anfragen von Grünen | |
und Piraten hervor. 860 Kinder unter sechs Jahren leben demnach in Berliner | |
Flüchtlingsheimen. Lediglich 50 von ihnen besuchen eine Kita. Die anderen | |
werden vermutlich in die Schule kommen, ohne vorher Deutsch gelernt zu | |
haben. | |
Ursachen sind neben einem Mangel an Kitaplätzen auch | |
Kommunikationsprobleme. Senatorin Scheeres will Elterninformationen zum | |
Kitabesuch nun in weitere Sprachen übersetzen lassen und der Zielgruppe so | |
zugängig machen, schreibt ihre Behörde in der Antwort auf die Anfrage der | |
Piraten. | |
Für Tempelhof-Schönebergs Jugendstadtrat Oliver Schworck (SPD) liegen die | |
Probleme anderswo: „Kitaplätze stehen in der Nähe von Asylheimen nicht | |
ausreichend zur Verfügung.“ Lichtenbergs Jugendstadträtin Sandra Obermeyer | |
(Linke) sieht Kommunikationsprobleme: Bei Flüchtlingen ist nicht das | |
Jugendamt am Wohnort dafür zuständig, einen Kitabedarf festzustellen, den | |
Kitaschein auszustellen und über Kitaangebote zu beraten, sondern ein | |
anderes Jugendamt in Berlin, das sich aus dem Geburtsmonat des | |
Familienoberhaupts ergibt. Wurde der Vater im Januar geboren, muss Pankow | |
über Angebote beraten – auch wenn die Familie etwa in Spandau wohnt. „Da | |
müssen wir mal auf Berliner Ebene beraten, ob das zielführend ist“, sagt | |
Obermeyer. | |
Eine Sozialarbeiterin der AWO, die in einem Spandauer Heim arbeitet, | |
erzählt aus ihren Erfahrungen: „Wir haben 20 Kinder, die trotz Schulpflicht | |
keinen Schulplatz bekommen. In meiner knappen Zeit ist es wichtiger, dieses | |
Problem anzugehen.“ Wegen geringer Erfolgsaussichten nehme sie sich nur | |
selten die Zeit, Eltern zu helfen, einen Kitaantrag auszufüllen. „Das | |
dauert eine Stunde, und ich sehe keinen Sinn. Ich hatte schon Eltern, denen | |
das Jugendamt den Antrag gar nicht abgenommen hat. Andere standen ein Jahr | |
lang auf einer Warteliste.“ Uta Sternal vom Internationalen Bund, der | |
ebenfalls Asylheime betreibt, sagt, es gebe einfach keine Kitaplätze. | |
„Einige Bezirksämter wie Treptow-Köpenick drohen Bußgelder in Höhe von 500 | |
Euro an, wenn unsere Kinder nicht das letzte Jahr vor der Einschulung die | |
Sprachförderung in der Kita wahrnehmen. Wir finden aber keine Kita für | |
sie.“ | |
Auch die grüne Jugendpolitikerin Marianne Burkert-Eulitz kritisiert den | |
Mangel. „Da haben die Familien eine größere Chance, die mit den Ämtern | |
kommunizieren und ihre Rechte notfalls auch vor Gericht durchsetzen | |
können.“ Pirat Fabio Reinhardt meint, wegen der gesetzlichen Regelung, mit | |
der Kinder zu einer vorschulischen Sprachförderung verpflichtet werden | |
können, müsse der Senat für genügend wohnortnahe Kitaplätze sorgen. „Der | |
frühzeitige Kitabesuch ist wichtig für die Integration von | |
Flüchtlingskindern.“ | |
16 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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