# taz.de -- Gedenken an NS-Geschichte: „Das KZ war als Folterhölle bekannt“ | |
> Der Publizist Kamil Majchrzak kämpft für das Gedenken an das | |
> NS-Konzentrationslager Sonnenburg. Dort waren überwiegend Berliner | |
> Kommunisten inhaftiert. | |
Bild: Gedenkplatte im ehemaligen NS-Konzentrationslager Buchenwald. Dessen Gesc… | |
taz: Herr Majchrzak, welche Bedeutung hatte das Konzentrationslager | |
Sonnenburg im heutigen Polen? | |
Kamil Majchrzak: Das ehemalige Zuchthaus, das wegen katastrophaler | |
sanitärer Verhältnisse geschlossen worden war, diente vom 3. April 1933 bis | |
23. April 1934 als KZ. Zu den über 1.000 Häftlingen gehörten überwiegend | |
Kommunisten aus Berlin, aber auch der Nobelpreisträger Carl von Ossietzky | |
und der Schriftsteller Erich Mühsam. Wegen der außergewöhnlichen Brutalität | |
wurde das KZ bald als „Folterhölle“ bekannt. Nach 1934 diente es wieder als | |
Zuchthaus. Seit 1942 waren dort „Nacht- und Nebelhäftlinge“ aus fast allen | |
okkupierten Ländern inhaftiert. In der Nacht vom 30. zum 31. Januar 1945 | |
wurden über 800 Häftlinge wenige Stunden vor der Befreiung durch die Rote | |
Armee von einem SS-Kommando erschossen. Es ist ein europäischer Gedenkort. | |
Warum ist das KZ bisher kaum bekannt? | |
In der BRD wollte man die in Sonnenburg begangenen Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit vertuschen, die die enge Verstrickung von Justiz und Gestapo | |
offenbarten. So wurde etwa der bereits zu lebenslanger Haft verurteilte | |
Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Herbert Klemm, wieder | |
freigelassen. Viele Nazi-Richter und Beamte waren in der BRD in Amt und | |
Würden. Zahlreiche Folterer aus Sonnenburg wie Emil Krause oder Wladislaus | |
Tomschek konnten in der BRD bis zur Rente weiterarbeiten. An einer | |
juristischen Aufarbeitung war die bundesdeutsche Justiz nicht interessiert. | |
Das belegt der Freispruch der für das Massaker verantwortlichen | |
Gestapo-Angehörigen Heinz Richter und Wilhelm Nickel im Kieler Prozess | |
1970. | |
Wie ging die DDR damit um? | |
In der DDR stand das frühere KZ Sonnenburg auch im Schatten des Widerstands | |
in Buchenwald. So entstand eine Lücke, die wir jetzt füllen wollen, und wir | |
hoffen, dass auch der Senat diesen Gedenkort wiederentdeckt, der ja | |
faktisch ein Teil Berliner Geschichte ist. | |
Wie geht Polen mit dem ehemaligen Lager um? | |
1974 wurde ein Museum errichtet. Das jährliche Gedenken an das Massaker | |
wird von der Zivilgesellschaft der Gemeinde Słońsk getragen. Dort nehmen | |
seit einigen Jahren Berliner Vertreter der „Vereinigung der Verfolgten des | |
Naziregimes – Bund der Antifaschisten“ teil. So ist die Idee zu einer | |
[1][gemeinsamen Tagung in Słońsk am 13. September] entstanden. Angehörige | |
von früheren Häftlingen werden das Wort ergreifen, und wir wollen über das | |
Erinnern und Gedenken nach 1945 in Słońsk sprechen. | |
Und Ihre weiteren Planungen? | |
Wir hoffen, dass HistorikerInnen in Polen und Deutschland das Thema | |
entdecken und wir vor allem mit Jugendlichen und SchülerInnen beider Länder | |
Projekte entwickeln können. Auch internationale Geschichtswerkstätten wären | |
denkbar. | |
21 Aug 2013 | |
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[1] http://berlin.vvn-bda.de/sonnenburg_slonsk/ | |
## AUTOREN | |
Peter Nowak | |
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