| # taz.de -- Flüchtlingsunterkünfte in Berlin: Zwangsumzug nach Hellersdorf | |
| > Aus der Motardstraße in Spandau sollen Asylbewerber in das umkämpfte neue | |
| > Heim ziehen. Sie haben Angst, aber die Behörden setzen sie unter Druck. | |
| Bild: Graffitto auf der Straße vor der ehemaligen Schule in Hellersdorf, in de… | |
| BERLIN taz | Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) versucht | |
| offenbar, Flüchtlinge zum Umzug in das neue Heim an der Hellersdorfer | |
| Carola-Neher-Straße zu zwingen. Nach Darstellung der Arbeiterwohlfahrt | |
| (AWO) bekamen am Freitag 49 Flüchtlinge aus drei von ihr betriebenen | |
| Unterkünften die Anweisung vom Lageso, nach Hellersdorf zu ziehen. Allein | |
| 40 davon wohnten bislang in der Spandauer Motardstraße. | |
| „Hier spielten sich dramatische Szenen ab“, berichtet die | |
| Grünen-Abgeordnete Canan Bayram, die vor Ort war. Die Flüchtlinge hätten | |
| Angst vor dem Wechsel nach Hellersdorf. Die Pogromstimmung, die am | |
| vergangenen Montag dort herrschte, war auch international ein Thema in den | |
| Medien. Manche Berliner Flüchtlinge wurden von Verwandten aus der Heimat | |
| angerufen und gewarnt, sich nur nicht in Gefahr zu begeben. | |
| Dennoch seien am Vormittag und am Nachmittag Kleinbusse mit insgesamt 15 | |
| Flüchtlingen nach Hellersdorf aufgebrochen. Laut Bayram waren die meisten | |
| Bosnier. „Ein Familienvater sagte mir, er habe zwei Kinder, die könnten | |
| nicht auf der Straße schlafen“, so die Abgeordnete, „deshalb habe er gar | |
| keine Alternative zu Hellersdorf.“ Mehrere Araber, die umziehen sollten, | |
| hätten sich Bayram zufolge lange in ihren Zimmern verbarrikadiert, einige | |
| seien dann widerwillig ins Auto gestiegen. | |
| Gegen niemanden werde Gewalt angewendet, beteuert Manfred Nowak von der | |
| AWO, die die Unterkunft in der Motardstraße betreibt. „Aber das Lageso | |
| fordert uns auf, die Flüchtlinge vom Umzug zu überzeugen.“ Nicht ohne | |
| Grund: In der Motardstraße gibt es nur rund 400 Plätze, belegt waren sie am | |
| Freitag mit 591 Personen. „Das geht nur, weil wir ein wegen Baumängeln | |
| eigentlich geschlossenes Gebäude wieder in Betrieb genommen haben und weil | |
| wir Zimmer gnadenlos überbelegen“, so Nowak. | |
| Bei der Motardstraße handelt es sich um Berlins Erstaufnahmestelle. Hier | |
| muss Platz sein, wenn am Wochenende neue Flüchtlinge in der Stadt ankommen. | |
| Lageso-Sprecherin Silvia Kostner bestätigt, dass es berlinweit keine freien | |
| Plätze mehr in Heimen gibt – außer in Hellersdorf. „Nach meiner | |
| Einschätzung haben die Flüchtlinge dort auch Schutz,“ sagt Kostner. | |
| Weigern sich Flüchtlinge, an den ihnen zugewiesenen Platz zu ziehen, ist | |
| das Gesetz gnadenlos: Dann gilt das Asylverfahren als abgeschlossen, sie | |
| verlieren den Anspruch auf Sozialleistungen. Sofern sie nicht aus | |
| Bürgerkriegsgebieten wie Syrien stammen, in die Abschiebungen derzeit nicht | |
| möglich sind, müssen sie Deutschland verlassen. | |
| ## Die Ängste der Flüchtlinge | |
| Auch die am Montag aus Hellersdorf zurückgekehrten Flüchtlinge durften laut | |
| AWO nur zwei weitere Nächte in der Motardstraße bleiben und sollten dann | |
| wieder in den östlichen Bezirk umziehen. Canan Bayram: „Das Land und der | |
| Bezirk Marzahn-Hellersdorf machen sich Gedanken, wie sie mit den Ängsten | |
| der Nachbarn umgehen. An die Ängste der Flüchtlinge denkt niemand.“ Die | |
| Politikerin fordert vom Land, traumatisierte Menschen nicht gegen ihren | |
| Willen in eine Situation zu schicken, die bedrohlich auf sie wirkt. „Es | |
| gibt genug Hostels, die das Land anmieten kann, um Flüchtlinge alternativ | |
| unterzubringen.“ | |
| Vor dem Hellersdorfer Heim war es am Freitag relativ ruhig. Unterstützer | |
| Dirk Stegemann berichtete von wenigen Pöbeleien. Am Samstag will allerdings | |
| die NPD aufmarschieren. | |
| 25 Aug 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Marina Mai | |
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