# taz.de -- Flüchtlinge in Hellersdorf: Jein zum Heim | |
> Die Guten gibt es auch noch: Einige Anwohner freunden sich mit der Antifa | |
> an. Andere pöbeln weiter – weshalb das Zelt der Aktivisten abgebaut | |
> werden muss. | |
Bild: Ein abgerissenes NPD-Plakat vor der Flüchtlingsunterkunft. | |
Nach Protesten gegen die Flüchtlingsunterkunft in Hellersdorf kommen jetzt | |
Anwohner aus der Deckung, die die neuen Nachbarn unterstützen. Am Tisch der | |
Mahnwache der Antifa-Aktivisten stapeln sich Kekse, Kuchen und Getränke. | |
„Das sind Spenden von Anwohnern“, freut sich einer. Zwischen 10 und 20 | |
Hellersdorfer würden jeden Tag mit kleinen Geschenken vorbeikommen. Mehrere | |
Anwohner hätten außerdem den Wunsch geäußert, sich untereinander über eine | |
eigene Internetplattform auszutauschen – als Gegenstück zur rechten | |
Bürgerinitiative. „Wir bauen am Samstag gemeinsam mit ihnen die Website und | |
erläutern ihnen, wie man die pflegt“, sagte ein Unterstützer. | |
## Kein Zelt mehr | |
Andere Anwohner hätten sich jedoch durch das von Antifa-Aktivist Dirk | |
Stegemann angemeldete Zelt der Mahnwache gestört gefühlt, so eine | |
Sprecherin des Bezirksamtes. Bis zu 40 Menschen harren dort derzeit Tag und | |
Nacht aus, um Flüchtlinge vor rechten Angriffen zu schützen. Das Zelt | |
mussten die Initiatoren am gestrigen Donnerstag auf Verlangen des | |
Bezirksamts deshalb abräumen, nur Tisch und Stühle sind schräg gegenüber | |
dem Heim geblieben. Doch die Aktivisten können täglich ab 18 Uhr in ein | |
freies Ladengeschäft ziehen, das zwei Minuten Fußweg vom Heim entfernt | |
liegt. | |
„Die amtierende Bürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) hat uns dieses Angebot | |
einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft unterbreitet“, sagte Stegemann. | |
Pohle vertritt den langfristig erkrankten Bürgermeister Stefan Komoß (SPD). | |
Zwar müssen die Antifas dort Miete zahlen und sind nachts nicht mehr in | |
Sichtweite des Flüchtlingsheimes. Dafür verfügen sie aber über sanitäre | |
Einrichtungen und haben in kühlen Nächten selbst ein Dach über dem Kopf. | |
Auch Stegemann sagte, dass es nach wie vor Beschimpfungen von Anwohnern | |
gebe. „Da fordern Nachbarn etwa ein Obdachlosenheim nur für Deutsche, oder | |
sie fragen, was aus ihren Kindern werden soll“, sagte er. Schwierig ist die | |
Lage auch für Anwohner, die selbst Migrationshintergrund haben. Phan Huy | |
Thao vom vietnamesischen Verein Reistrommel in Marzahn etwa sagte, viele | |
seiner Landsleute würden sich jetzt abends nicht mehr auf die Straße | |
trauen. | |
Sozialsenator Mario Czaja (CDU), der selbst Hellersdorfer ist, bat am | |
gestrigen Donnerstag, den vielfach vorgetragenen Wunsch von Anwohnern und | |
Flüchtlingen nach Ruhe zu respektieren. „Natürlich sollte keinesfalls das | |
Feld den rechtsextremen Protestierenden mit ihren ausländerfeindlichen und | |
menschenverachtenden Parolen überlassen werden“, sagte er. Dennoch sei die | |
Unterkunft in Hellersdorf „nicht der Ort für politische | |
Auseinandersetzungen vor medialer Kulisse, die für zusätzliche Unruhe | |
sorgen.“ | |
Im Flüchtlingsheim wohnen mittlerweile 40 Menschen. Sie und die Proteste | |
vor dem Heim sind international zu einem Medienthema geworden: Journalisten | |
aus Großbritannien, Südkorea und Russland haben vor Ort recherchiert. Die | |
Polizei ist derzeit mit 20 Kräften vor Ort. | |
Am Freitag ist nach Behördenangaben der Einzug weiterer 50 Flüchtlinge aus | |
der Spandauer Motardstraße vorgesehen. Die grüne Abgeordnete Canan Bayram | |
hat von Dolmetschern aus der Motardstraße erfahren, dass die Asylbewerber | |
deshalb in Panik seien. „Sie wollen auf gar keinen Fall dorthin, wo sie ihr | |
Leben bedroht sehen“, sagte sie. | |
Die linke Bundestagsabgeordnete Petra Pau, die in Hellersdorf wohnt, sagte, | |
der Ortsteil sei nicht menschenfeindlich. Es gebe aber „diffuse Ängste“. | |
Und im persönlichen Gespräch mit den Anwohnern habe sie oft eine „große | |
Uninformiertheit“ festgestellt. | |
22 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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