# taz.de -- Flüchtlingsprojekt vor dem Aus: Zu sozial für die Deutsche Wohnen | |
> In Berlin-Hellersdorf muss ein Vorzeige-Flüchtlingsprojekt schließen. Die | |
> Deutsche Wohnen sieht vor Ort bereits zu viele soziale Träger. | |
Bild: Die ehemalige Schule in der Carola-Neher-Straße in Hellersdorf ist seit … | |
BERLIN taz | Am Boulevard Kastanienallee war die Welt bislang noch in | |
Ordnung für die Deutsche Wohnen. Während der Immobilienkonzern, zu dessen | |
Enteignung mittlerweile selbst eine der drei Regierungsparteien aufruft, | |
überall sonst in Berlin zum Synonym für Profitgier geworden ist, genießt | |
das Unternehmen hier einen guten Ruf: Bei dem Vorhaben, die | |
heruntergekommene Einkaufsmeile wiederzubeleben, ziehen die Deutsche | |
Wohnen, der seit 2012 ein Großteil der Wohnungen und Gewerbeflächen hier | |
gehören, und andere Akteure im Bezirk an einem Strang. | |
Doch damit könnte es jetzt vorbei sein: Das LaLoka, ein selbstverwalteter | |
Treffpunkt von und für Flüchtlinge, musste in diesem Monat schließen. Der | |
Vertrag zwischen dem bisherigen Trägerverein und der Deutschen Wohnen | |
endete Ende November, gern hätte der aktuelle Betreiber, die Initiative | |
Refugees Emancipation, den Vertrag übernommen. | |
Doch das lehnte die Deutsche Wohnen ab: „Da wir vor Ort bereits viele | |
soziale Träger haben, haben wir uns entschieden, in diesen Räumlichkeiten | |
künftig Nahversorgung anzusiedeln“, sagt Unternehmenssprecher Marko Rosteck | |
der taz. Denkbar sei etwa eine Drogerie oder anderer Einzelhandel. „Für die | |
Quartiersentwicklung brauchen wir an diesem Standort mehr Mischung“, | |
begründet Rosteck die Enscheidung. | |
Das LaLoka wurde im August 2014 von der Initiative Hellersdorf Hilft ins | |
Leben gerufen, die sich in Reaktion auf die [1][monatelangen rechtsextremen | |
Anwohnerproteste gegen ein Flüchtlingsheim in der Carola-Neher-Straße] | |
gegründet hatte. Das Heim liegt gleich um die Ecke vom Kastanienboulevard, | |
das LaLoka war von Anfang an als Begegnungsort für Heimbewohner und | |
Hellersdorfer gedacht. | |
Ein Konzept, das erstaunlich gut funktionierte, insbesondere seitdem der | |
Verein Refugees Emancipation in den Räumen ein selbstorganisiertes | |
Internetcafé von und für Geflüchtete eröffnete. Die bereits seit 2003 | |
bestehende Initiative baut Internetcafés in Brandenburger und Berliner | |
Flüchtlingsheimen auf, das LaLoka war der erste Standort außerhalb einer | |
Unterkunft. | |
## Bezirk hofft auf Lösung | |
Im Sommer habe es ein erstes Treffen zwischen dem Verein und der Deutschen | |
Wohnen gegeben, sagt Chu Eben, Gründer und Sprecher von Refugees | |
Emancipation, der taz. „Es war ein sehr freundliches, positives Gespräch, | |
am Ende bat man uns, unser Konzept noch mal schriftlich einzureichen, aber | |
eher als Formsache.“ Nachdem das geschehen sei, habe Refugees Emancipation | |
dann nichts mehr von der Deutschen Wohnen gehört, Anrufe und E-Mails seien | |
unbeantwortet geblieben. | |
Über das Quartiersmanagement Boulevard Kastanienallee haben die | |
Vereinsmitglieder schließlich erfahren, dass der Immobilienriese keinen | |
Vertrag mit ihnen abschließen wolle. „Die Deutsche Wohnen selbst stand uns | |
für keinerlei Gespräche mehr zur Verfügung“, sagt Eben. | |
Für den Bezirk ist das LaLoka, das in den letzten Jahren mehrfach | |
ausgezeichnet wurde, ein Vorzeigeprojekt, gerade weil es dem Bild des | |
braunen Marzahn-Hellersdorf etwas entgegensetzt. In einer Pressemitteilung | |
hat [2][Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke)] ihre Unterstützung für | |
Refugees Emancipation im Konflikt mit der Deutschen Wohnen erklärt: „Ich | |
hoffe sehr, dass sich zügig eine einvernehmliche Möglichkeit ergibt, um das | |
erfolgreiche Projekt ‚LaLoka‘ fortführen zu können“, heißt es dort. Sie | |
hoffe, so Pohle weiter, dass die Deutsche Wohnen „ihrer | |
gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht wird“. | |
## Lieber Kunst als Flüchtlinge | |
Es knirscht also zwischen Bezirk und Unternehmen, die hier eigentlich | |
bisher ähnliche Ziele verfolgten: Die Außenstelle der nGbK etwa, die im Mai | |
am Boulevard eröffnete, begrüßten Bezirk und Deutsche Wohnen gleichermaßen. | |
„Uns gegenüber verhält sich die Deutsche Wohnen sehr kooperativ“, sagt | |
Lilian Engelmann von dem Kunstverein mit Hauptsitz in der Kreuzberger | |
Oranienstraße. | |
Den Umgang mit dem LaLoka nehme man allerdings auch sehr verwundert zur | |
Kenntnis: „Wir fragen uns schon, inwiefern dieser unterschiedliche Umgang | |
mit unterschiedlichen Institutionen etwas mit deren Zusammensetzung zu tun | |
hat“, sagt Engelmann. Behandelt die Deutsche Wohnen eine Galerie eben | |
anders als ein Flüchtlingsprojekt? | |
Klar ist jedenfalls: Als die nGbK selbst vorschlug, das LaLoka könne die | |
eigenen Räumlichkeiten übernehmen – es hatte vorübergehend so ausgesehen, | |
als müsse die Hellersdorfer Außenstelle 2019 mangels Finanzierung schließen | |
–, lehnte die Deutsche Wohnen auch das ab. Den Vertrag für die Galerie | |
verlängerte sie dann jedoch ohne Probleme. Dass es sich auch bei diesem | |
Mieter nicht um ein Angebot der Nahversorgung handelt, stört das | |
Unternehmen offenbar nicht. | |
„Wir sind jetzt erst mal auf der Suche nach Übergangsräumlichkeiten, aber | |
eigentlich wollen wir sehr gern an den Kastanienboulevard zurück“, sagt | |
Eben von Refugees Emancipation. Vom Bezirk fühle sich die Initiative | |
ausreichend unterstützt. Nur die Deutsche Wohnen, die scheint nun auch in | |
Hellersdorf ihre ganz eigenen Pläne zu verfolgen. | |
1 Jan 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Protest-gegen-Berliner-Fluechtingsheim/!5060894 | |
[2] /Buergermeisterin-von-Marzahn-Hellersdorf/!5419805 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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