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# taz.de -- Transplantantionsskandal: Manipulationen auch in Münster
> Der Abschlussbericht zur Überprüfung aller deutschen
> Lebertransplantationszentren zeigt: Auch an der Uniklinik Münster wurde
> getrickst.
Bild: Dieses Stück Menschenleber ist nicht mehr zur Transplantation zu gebrauc…
BERLIN taz | Der Transplantationsskandal an deutschen Universitätskliniken
hat größere Ausmaße als bislang bekannt: Auch am Zentrum für
Lebertransplantationen der Uniklinik Münster hat es in den Jahren 2010 und
2011 „systematische, schwerwiegende Verstöße“ bei der Vergabe von
Spenderlebern an Patienten gegeben.
Bei 25 von 67 geprüften Fällen – also mehr als jedem dritten – entdeckten
die Kontrolleure der zuständigen Prüfungs- und Überwachungskommission (PÜK)
bei der Bundesärztekammer „eindeutige Anhaltspunkte für bewusste
Falschangaben zur Bevorzugung bestimmter Patienten“.
Zu diesem Ergebnis kommt der PÜK-Abschlussbericht zur Überprüfung aller 24
deutschen Lebertransplantationszentren im Auftrag der Bundesärztekammer,
des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen und der Deutschen
Krankenhausgesellschaft.
„Es waren nicht vordergründig materielle Motive, die zu Verstößen gegen die
Transplantationsrichtlinien führten“, sagte der Präsident der
Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, bei der Vorstellung in Berlin,
„vielmehr gab es strukturelle Anreize aus der Krankenhausfinanzierung, aus
dem Wettbewerbsstreben einzelner Krankenhäuser und auch dem vermeintlichen
Streben nach Ruhm und Ehre“.
## Bekanntes Betrugsschema
Bislang waren systematische Manipulationen bei der Organvergabe aus
Göttingen, Regensburg, Leipzig und München (Rechts der Isar) bekannt. Die
Fälle aus Münster liefen nach Angaben der Prüfungskommissions-Vorsitzenden
Anne-Gret Rinder offenbar nach ähnlichem Schema ab wie andernorts auch: In
fünf Fällen beispielsweise gaben Ärzte gegenüber der Organvergabestelle
Eurotransplant wahrheitswidrig an, ihre Patienten seien nicht bloß
leberkrank, sondern auch dialysepflichtig, also nierenkrank.
Dadurch erschienen sie kränker, als sie tatsächlich waren, und erhielten so
schneller ein Organ. Die Staatsanwaltschaft Münster bestätigte am Mittwoch,
sie werde „prüfen, ob es strafbare Handlungen gab“.
Laut PÜK-Bericht wurden die Prüfer auf etwa ein Drittel der beanstandeten
Fälle in Münster nicht nur aufgrund eigener Prüfungen, sondern maßgeblich
erst durch eine Ende Mai 2013 anonym erstattete Anzeige aufmerksam. Das
Kontroll- und Überwachungssystem sei dennoch vorzüglich, betonte
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). Der Bericht leiste insofern
einen wichtigen Beitrag zur „Vergangenheitsbewältigung“. Künftig seien
ähnliche Manipulationen dank der von ihm angeschobenen Reformen praktisch
unmöglich.
Bahr erwähnte in diesem Zusammenhang die Einführung des Mehraugenprinzips
bei der Aufnahme auf die Warteliste, den neuen Straftatbestand für
Manipulationen sowie seine Absicht, ein Transplantationsregister ins Leben
zu rufen zugunsten höherer Datentransparenz. Eine Ausweitung der
staatlichen Kontrolle bei der Organvergabe lehnte Bahr indes erneut ab:
„Ich glaube nicht, dass eine Behörde das besser macht.“
4 Sep 2013
## AUTOREN
Heike Haarhoff
## TAGS
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