Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Prozess gegen Mediziner aus Göttingen: Nur wenige Zeugen für die …
> Beim Prozess in Göttingen wird deutlich: Der Oberarzt Aiman O. soll Daten
> gefälscht haben, um häufiger Lebern transplantieren zu können.
Bild: Der Arzt Aiman O. soll sich des versuchten Totschlags und wegen Körperve…
GÖTTINGEN taz | Der Prozess wegen Manipulationen bei Leberverpflanzungen an
der Göttinger Uni-Klinik kommt mühsam voran. Die meisten der an den bislang
fünf Verhandlungstagen vom Landgericht vernommenen Zeugen konnten die
Vorwürfe gegen den angeklagten Mediziner Aiman O. nicht erhärten.
Der Transplantationsspezialist und frühere Oberarzt des Krankenhauses hat
sich laut Anklage des versuchten Totschlags in elf sowie wegen
Körperverletzung mit Todesfolge in drei Fällen schuldig gemacht. So soll O.
bei der Meldung von Daten seiner Patienten an die zentrale Vergabestelle
von Spenderorganen Eurotransplant absichtlich falsche Angaben gemacht
haben, damit diese Kranken auf der Warteliste nach oben rückten.
In fünf dieser Fälle habe er sich über eine Richtlinie der
Bundesärztekammer hinweggesetzt, nach der Alkoholiker vor Ablauf einer
sechsmonatigen Abstinenzzeit nicht transplantiert werden dürfen. Drei
Patienten, so die Anklage, habe er Lebern eingepflanzt, obwohl dies nicht
nötig oder lebensgefährlich gewesen sei – die Operierten seien infolge der
Eingriffe gestorben. O. wies die Vorwürfe mehrmals zurück.
Sein Verteidiger Steffen Stern attackierte hingegen die Staatsanwaltschaft.
Sie verschweige, dass die elf von O. angeblich bevorzugten Patienten noch
heute lebten: „Sie wären tot, wären sie nicht transplantiert worden.“
## Keine Belege für behauptete Dialysen
Tobias Beckurts von der Prüfkommission der Ärztekammer verteidigte als
Zeuge deren Transplantations-Richtlinien. „Spenderorgane sind Mangelware“,
sagte er. Die Richtlinien dienten einer gerechteren Verteilung dieser
Organe an Patienten und sollten helfen, „den Mangel besser zu verwalten“.
Auch die Regelung einer sechsmonatigen Alkoholabstinenz vor
Transplantationen sei richtig: „Es macht keinen Sinn, einen
alkoholabhängigen Menschen zu transplantieren.“
Bisheriger Höhepunkt: O. selbst fragte den Kollegen, ob Transplantationen
unter bestimmten Bedingungen gerechtfertigt seien, auch wenn die
Wartelisten-Kriterien nicht erfüllt seien. Beckurts stimmte zu, woraufhin
O. die Beispiele als die zu erkennen gab, die ihm vorgeworfen wurden.
Während der frühere Transplantations-Koordinator der Klinik zu den
angeblichen Manipulationen wenig aussagen konnte, erklärten am Mittwoch
Mitarbeiter der Klinikverwaltung, sie hätten in einer Reihe von Fällen
keine Belege für behauptete Dialysen gefunden.
Der Anklage zufolge hat O. bei mehreren Patienten wahrheitswidrig
angegeben, sie unterzögen sich einer Blutreinigungstherapie und müssten
deshalb schnell transplantiert werden.
4 Sep 2013
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Transplantation
Göttingen
Ärzte
Arzt
Ärztekammer
Transplantation
Organtransplantation
Transplantationsskandal
Organspende-Skandal
Lebertransplantation
Transplantation
## ARTIKEL ZUM THEMA
Prozess um Organ-Skandal: „Er spielte Gott“
Ein Präzedenzfall für die Transplantationsmedizin: Im Prozess um
Manipulationen bei Leberverpflanzungen fällt am Mittwoch das Urteil.
Künstliches Herz als Organersatz: Kunstherz eingepflanzt
Ein neu entwickeltes Kunstherz ist in Paris erstmals einem Patienten
eingesetzt worden. Es soll für mehrere Jahre das Original ersetzen.
Richtlinien für Transplantationen: Organvergabe unter Freunden
Ein sizilianischer Junge braucht eine Herz-Lungen-Transplantation. Ein
italienischer Politiker wird vorstellig. Daraufhin ändert Deutschland die
Vergaberegeln.
Kommentar Organspendeskandal: Der Wert der Solidarität
Das Vertrauen in die Transplantationsmedizin ist futsch. Schuld daran ist
aber nicht das Fehlverhalten einzelner Ärzte. Sondern das Versagen des
Gesetzgebers.
Transplantantionsskandal: Manipulationen auch in Münster
Der Abschlussbericht zur Überprüfung aller deutschen
Lebertransplantationszentren zeigt: Auch an der Uniklinik Münster wurde
getrickst.
Prozessauftakt im Organskandal: Doktor Daumen-hoch
Ein Transplantationschirurg steht wegen versuchten Totschlags vor Gericht.
Er soll Daten manipuliert haben. Eine Ordnungswidrigkeit, meint die
Verteidigung.
Konsequenz aus Organskandal: Bayern schließt zwei Leber-Zentren
Die Universitätskliniken Erlangen und München rechts der Isar dürfen
künftig keine Lebern mehr transplantieren. Die Mitarbeiter sind empört.
Skandal um Transplantationen: Wer soll leben? Wer sterben?
Die Frage, wer ein Spender-Organ erhält und wer nicht, kann nur der
Gesetzgeber beantworten. Doch das Parlament weicht aus.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.