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# taz.de -- Konsequenz aus Organskandal: Bayern schließt zwei Leber-Zentren
> Die Universitätskliniken Erlangen und München rechts der Isar dürfen
> künftig keine Lebern mehr transplantieren. Die Mitarbeiter sind empört.
Bild: Lebertransplantationen gestoppt.
BERLIN taz | In Bayern wird es künftig statt bisher fünf nur noch drei
Universitätskliniken geben, die leberkranken Patienten Organe verpflanzen
dürfen. Die Lebertransplantationszentren in Erlangen sowie am Münchner
Klinikum rechts der Isar würden geschlossen, gab der bayerische
Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) am Mittwoch in München
bekannt. Die Leberzentren in Regensburg, Würzburg sowie München-Großhadern
dagegen dürften weiterarbeiten. Die Entscheidung sei eine Konsequenz aus
den Skandalen um manipulierte Organvergaben, so Heubisch.
Heubisch, dem die Aufsicht über die bayerischen Unikliniken obliegt, folgt
damit den Empfehlungen aus dem Prüfbericht des Wiener Chirurgieprofessors
Ferdinand Mühlbacher, der am Mittwoch vorgelegt wurde. Mühlbacher hatte in
den vergangenen Monaten im Auftrag des Wissenschaftsministeriums alle seit
2007 in Bayern durchgeführten 896 Lebertransplantationen untersucht.
Danach wurde in Bayern zwischen 2007 und 2012 in insgesamt 71 Fällen (7,9
Prozent) gegen die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Lebervergabe
verstoßen. Lediglich in Würzburg stellten die Gutachter keine Verfehlungen
fest; dort wurden in fünf Jahren allerdings auch nur 13 Lebern
transplantiert.
Systematisch oder bewusst getäuscht worden zur „Bevorzugung besonderer
Patienten“ sei in drei Fällen; bei den übrigen habe sich „kein Anhaltspun…
für vorsätzliche Verletzung“ gefunden, heißt es im Bericht. Sie seien
vielmehr „aus dem ärztlichen Handlungsalltag aus Sorge für den Patienten
nachvollziehbar“.
## Vernichtende Kritik
Die Bewertung für das Klinikum rechts der Isar in München, das die drei
Manipulationsfälle verantwortet, fällt desaströs aus: „Beim Audit ist
aufgefallen, dass es so gut wie keine Struktur gibt“, heißt es im Bericht,
„die verantwortlichen Chefärzte, nämlich der Leiter der Chirurgie und der
Leiter der Inneren Medizin waren beim Audit weder anwesend noch greifbar“,
es gebe eine „mangelnde Infrastruktur“, der Umgang mit den Regeln sei „eh…
locker“.
Das Zentrum in Erlangen gehöre nicht wegen seiner Regelverstöße (3,8
Prozent aller Lebertransplantationen) geschlossen, sondern aufgrund der
schlechten Behandlungsqualität: Nur 62 Prozent aller in Erlangen
Lebertransplantierten überlebten das erste Jahr; der europäische Standard
liegt bei über 80 Prozent.
Aus Mitarbeiterkreisen am Klinikum rechts der Isar verlautete, Mühlbachers
Bericht fasse bloß das Urteil zusammen, das der Gutachter bereits vor
Untersuchungsbeginn 2012 öffentlich vertreten habe. „Skandalös“ sei, dass
der Wissenschaftsminister die Klinikbeschäftigten mit der Zentrenschließung
bestrafe, aber keine Konsequenzen bei den Verantwortlichen ziehe: So soll
der Ärztliche Direktor des Klinikums rechts der Isar im Amt bleiben, obwohl
das Gutachten explizit die Ärztlichen Direktoren als „für die Funktion des
Transplantationszentrums verantwortlich“ benennt.
„Das Ministerium hat über all die Jahre weggeguckt“, sagte ein kritischer
Mitarbeiter, „und auch jetzt vertritt es nicht die Interessen der
Beschäftigten.“
15 May 2013
## AUTOREN
Heike Haarhoff
## TAGS
Lebertransplantation
Transplantation
Organskandal
Organtransplantation
Transplantation
Organspende
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