| # taz.de -- Grüne vor der Wahl: In der echten Welt | |
| > Wie kann man als Grüne diese Bundestagswahl noch gewinnen? Per | |
| > Direktmandat? Kerstin Andreae versucht es in Freiburg. | |
| Bild: Schwärmt für den Ministerpräsidenten: Kerstin Andreae (links) und Winf… | |
| Kerstin Andreae sitzt in ihrem Wahlkreisbüro im Freiburger Stadtteil | |
| Haslach und schwärmt vom grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann | |
| und der grünen Parteivorsitzenden Claudia Roth. Sie hatte die beiden | |
| zusammen bei einer Wahlkampfveranstaltung. Also, wenn jemand „authentisch“ | |
| sei, dann diese beiden, die „zu Recht bei den Grünen“ seien, denn zusammen | |
| spiegelten sie „die Vielfalt der Partei“ wider. | |
| So schlimm steht es? | |
| Mal ganz zu schweigen von der Kritik an der Aufarbeitung der grünen | |
| Geschichte im Zusammenhang mit Pädophilie: Seit Tagen rufen die | |
| Journalisten an, um Kritisches zum grünen Gerechtigkeitswahlkampf zu hören, | |
| aber Andreae wird sich hüten, jetzt Reflexion zu betreiben. Wenn draußen | |
| alle Zeter und Mordio rufen, muss man es mit Joschka Fischer selig halten | |
| und sich im Tunnel selbst begeistern. | |
| Andreae, Jahrgang 1968, ist stellvertretende Vorsitzende der | |
| Bundestagsfraktion und kämpft in Freiburg offiziell um ein Direktmandat. Es | |
| wäre das erste für eine Grünen-Frau und das erste außerhalb von | |
| Berlin-Kreuzberg, also in der echten Welt. Gilt das Ziel noch? „Wir gehen | |
| auf das Direktmandat, logisch“, sagt sie. | |
| Einerseits ist Freiburg wie Kreuzberg kulturell geprägt von dem rot-grünen | |
| Lebensgefühl, das bis zur faktischen Machtübernahme 1998 das Land | |
| hegemonial beherrschte. Andererseits regiert Grünen-OB Salomon inzwischen | |
| mit der CDU. Freiburg ist ein krasser Gegensatz zur entspannten | |
| Sozialtransfer-Kreativität in Ströbele-County. Es sei „auf jeden Fall | |
| bürgerlicher und mit hohem Verantwortungsbewusstsein“, sagt Andreae. | |
| ## Dreikampf in Freiburg | |
| Während Parteichef Cem Özdemir, die andere Direktkandidatenhoffnung, in | |
| Stuttgart von der dort chancenlosen SPD unterstützt wird, könnte Freiburg | |
| ein Dreikampf werden: Favorit Gernot Erler, 69, SPD-Außenpolitiker und | |
| Wahlkreissieger seit 1998, verkörpert die alte rot-grüne Hierarchie. Matern | |
| von Marschall tritt für die CDU an, die auch ein 30-Prozent-Potenzial hat. | |
| Und Andreae. Sie ist pragmatische grüne Postgründergeneration und | |
| Wirtschaftspolitikerin. | |
| Ihre Sorge gilt dem ökologischen Wandel und dem Mittelstand. Sie hatte sich | |
| erfolglos gegen Jürgen Trittins Spitzensteuersatz von 49 Prozent | |
| eingesetzt. Nun führt sie ihren Wahlkampf auf Parteilinie. Grundsätzlich, | |
| sagt sie, sitze man mit der Wirtschaft „auf der gleichen Seite des | |
| Tisches“. Ist das nicht eine heikle Aussage für eine Grüne? „In Kreuzberg | |
| vielleicht“, sagt sie, „in Freiburg nicht.“ | |
| 2009 war Erler der Einzige jenseits der CDU, der in Baden-Württemberg einen | |
| Wahlkreis gewann. Doch seitdem haben die Grünen die SPD dort als führende | |
| linksbürgerliche Kraft abgelöst. Allerdings mit anderen Mitteln, als sie | |
| Trittins Bundesgrüne in diesem Wahlkampf anwenden. Das Ziel für | |
| Baden-Württemberg sind jedenfalls 20 Prozent. | |
| ## Gefährliche Frage | |
| Wie sieht Andreae den Unterschied zwischen BaWü- und Bundesgrünen? | |
| Schweigen in der Leitung. Also gefährliche Frage. „Weiß ich jetzt nicht. | |
| Muss ich überlegen.“ Dann sagt sie, der Unterschied liege in der | |
| Bevölkerung, die sei etwas „wertkonservativer“. | |
| Kerstin Andreae ist verheiratet, hat drei Kinder, und steht „für einen Typ | |
| moderner Frauen, die die Vereinbarkeit leben – und das auch in einem | |
| politischen Amt“. Zweimal habe sie ihre Wähler aufgerufen, mit der | |
| Erststimme den männlichen SPD-Kandidaten zu wählen. „Das noch mal zu | |
| machen, wäre widersinnig“. Soll heißen? | |
| „Ich kann doch Frauen nicht dauernd sagen: Steckt nicht immer zurück, | |
| sondern kämpft – und dann kämpfe ich selber nicht.“ | |
| 21 Sep 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Unfried | |
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