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# taz.de -- Vorwürfe gegen Grünen Volker Beck: Die große Manipulation
> Der Grüne Volker Beck hat über einen Aufsatz zum Thema Pädophilie aus dem
> Jahr 1988 nicht die Wahrheit gesagt. Er selbst bleibt uneinsichtig.
Bild: Nach Jürgen Trittin nun auch in der Kritik: Volker Beck
BERLIN taz | Für Volker Beck wird es jetzt eng: Kurz vor der Bundestagswahl
ist ein Dokument aus seiner Vergangenheit aufgetaucht, das den
Parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen als Lügner dastehen lässt.
Beck hatte 1988 einen Aufsatz in dem Sammelband „Der pädosexuelle Komplex“
veröffentlicht. Das von dem Soziologen Joachim S. Hohmann unter dem
Pseudonym Angelo Leopardi herausgegebene „Handbuch für Betroffene und ihre
Gegner“ ist ein umstrittenes Sammelwerk, in dem Wissenschaftler, Juristen
und auch Pädophilenorganisationen zu Wort kamen.
Beck hatte darin ein „Plädoyer für eine realistische Neuorientierung der
Sexualpolitik“ veröffentlicht. Darin sprach er vom „Kampf für die zuminde…
teilweise Entkriminalisierung der Pädosexualität“. Die könne man durch eine
Novelle des Sexualstrafrechts erreichen: Etwa die Absenkung des
Schutzalters von 14 Jahren oder die Zusicherung von Straffreiheit in
harmlosen Fällen.
Beck hatte stets behauptet, sein Beitrag sei „unautorisiert“ erschienen,
der Herausgeber habe es „verfälscht“. Wie das aufgetauchte
Originalmanuskript belegt, stimmt das nicht.
## Beck bleibt bei seiner Version
Stephan Klecha, der mit Aufarbeitung der Grünen-Geschichte betraute
Politologe, fand das Manuskript in einem Winkel des Grünen Archivs.
Vergleicht man die 14 maschinengeschriebenen und mit handschriftlichen
Anmerkungen versehenen Seiten (die letzten zwei Sätze fehlen) mit dem
später im Buch veröffentlichten Text, wird klar: Volker Becks Fassung
unterscheidet sich im Kern nicht von der redigierten Buchversion. Beck
selbst hält auch jetzt an seiner Version fest.
In einer [1][öffentlichen Stellungnahme] schreibt er: „Das jetzt gefundene
Manuskript (…) bestätigt meine mehrfach geäußerte Annahme, dass der Text in
der Buchveröffentlichung verändert wurde.“ Der Herausgeber habe Becks
Überschrift verändert, weil sie ihm nicht ins Konzept gepasst habe – und so
„die zentrale Aussage wegredigiert“.
Doch das stimmt nicht. Im Original heißt die Überschrift etwas kompliziert:
„Reformistischer Aufbruch und Abschied von einer „radikalen“ Forderung –
Plädoyer für eine realistische Neuorientierung der
Sexual-(Strafrechts-)Politik.“ Handschriftlich ergänzt durch: „Im Hinblick
auf eine Entkriminalisierung der Pädosexualität“. Im Buch wurde daraus die
knappere Überschrift: „Das Strafrecht ändern? Plädoyer für eine
realistische Neuorientierung der Sexualpolitik“. An der Aussage ändert das
nichts.
Ähnlich sieht es mit dem Text selbst aus. Er ist, abgesehen von der kurzen
Einleitung und einer veränderten Zwischenüberschrift, identisch. Beck hatte
immer wieder behauptet, der Herausgeber habe seinen Beitrag manipuliert,
ja, seiner Erinnerung nach sei das Justiziariat der Grünen sogar dagegen
vorgegangen.
## Mehrfach distanziert
Inhaltlich hatte sich Beck wiederholt von seinem Aufsatz distanziert. Die
Grundannahme, dass man zwischen harmlosen und schädlichen gewaltförmigen
Sexualkontakten zwischen Erwachsenen und Kindern unterscheiden könne, sei
„vollkommen falsch“ gewesen. Der Originaltext ist vor allem ein wortreiches
Plädoyer für eine „Verbesserung der rechtlichen Situation der (sic!)
Prädophilen“.
Man kann den Text aber auch als Distanzierung eines grünen Realpolitikers
von radikalen Pädoaktivisten lesen. Nach dem „Kindersex-Skandal“ 1985 in
Lüdenscheid, wo die Grünen pädophilenfreundlicher Positionen wegen den
Einzug ins Parlament vergeigten, sei es nicht zielführend, die Abschaffung
des gesamten Sexualstrafrechts zu fordern. Im feindlichen Klima der
Aids-Krise müsse man sich auf eine „bundnisfähige“ Politik konzentieren.
Beck empfahl den Pädos, sich mit Feministinnen auseinanderzusetzen und ihr
„unaufrichtiges Kinderbild“ zu korrigieren.
Inhaltlich gibt es pädophilenfreundlichere Texte in dem Band. Beck muss
sich aber vorwerfen lassen, kein aufrichtiges Bild von sich selbst zu
verbreiten.
20 Sep 2013
## LINKS
[1] http://www.volkerbeck.de/artikel/130919-stellungnahme/
## AUTOREN
Nina Apin
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