# taz.de -- Sanktionen gegen Iran: Notbetrieb in der Bankfiliale | |
> In der Europäisch-Iranischen Handelsbank hat man Zeit für ausgedehnte | |
> Mittagspausen. Hier darf nur noch das Bestandsgeschäft abgewickelt | |
> werden. | |
Bild: Iranisches AKW Buschehr: Die EU wirft der Europäisch-Iranischen Handelsb… | |
HAMBURG taz | In der Europäisch-Iranischen Handelsbank (EIH) ist es so | |
still und schläfrig wie in einem Lesesaal. Die meisten Schreibtische in dem | |
Großraumbüro sind verwaist. Lediglich in den oberen Etagen des modernen | |
Backsteingebäudes in einer kleinen Seitenstraße nicht weit vom Hamburger | |
Hafen werden noch Altgeschäfte abgewickelt. | |
Norbert Eisenmenger, Leiter des Firmenkundengeschäfts und das Gesicht der | |
Bank nach außen, könnte seine Besprechungen auch völlig ungestört mitten in | |
der Bank abhalten. Aber aus alter Gewohnheit geht er in den mit gläsernen | |
Wänden abgetrennten Konferenzraum. Seine Sekretärin freut sich über die | |
Abwechslung und bringt Kaffee und Gebäck. | |
Norbert Eisenmenger, ein zurückhaltender, schmaler Hanseat, der sein halbes | |
Berufsleben bei der EIH verbracht hat, seufzt. „Das gesamte Iran-Geschäft | |
ist mit einem Makel behaftet“, klagt er. Zwei Drittel der Mitarbeiter | |
wurden bereits entlassen, seit das Geldhaus 2011 von der EU im Rahmen der | |
verschärften Sanktionen gegen den Iran gelistet wurde. Schlimmer konnte es | |
kaum kommen. | |
## Rohanis Charmeoffensive macht Hoffnung | |
In den vergangenen Tagen hat sich Eisenmengers Laune allerdings deutlich | |
gebessert. Die Charmeoffensive des neuen iranischen Präsidenten Hassan | |
Rohani und die Atomverhandlungen diese Woche könnten die Wende bringen. „Es | |
ist das erste Mal seit Langem, dass wir Hoffnung schöpfen, auch wenn es | |
noch dauern wird, bis sich an den Sanktionen etwas ändert“, sagt | |
Eisenmenger, „die Unternehmer warten noch ab, aber die iranischen | |
Geschäftsleute sind regelrecht euphorisch". | |
Die Finanzsanktionen sind der Kern der Strafmaßnahmen des Westens gegen den | |
Iran und sein umstrittenes Atomprogramm. Selbst völlig legale Exporte von | |
beispielsweise Medikamenten sind auf direktem Weg kaum noch möglich, da | |
keine reguläre Bank mehr bereit ist, Geld in oder aus dem Iran zu | |
überweisen. | |
Gleichzeitig sind Geldinstitute wie die EIH oder die Saderat, die den | |
Handel mit dem Iran noch lange nach dem Rückzug vieler Banken abgewickelt | |
haben, inzwischen alle auf Brüssels Sanktionsliste gelandet. Iranische | |
Medien berichten zudem, dass die Lage weit schlimmer ist, als Expräsident | |
Mahmud Ahmadinedschad dargestellt hat. | |
## Eine Bank am Pranger | |
„Das Wichtigste wäre für den Iran, dass das Bankenwesen wieder | |
funktioniert“, so Eisenmenger. Der EIH, eine deutsche Aktiengesellschaft in | |
iranischem Besitz, wird vorgeworfen, dabei geholfen zu haben, die | |
Sanktionen zu umgehen und in die Finanzierung des iranischen Atomprogramms | |
verwickelt zu sein. Eisenmenger sieht seine Bank zu Unrecht am Pranger. Man | |
habe sich immer an die Gesetz gehalten und alles genehmigen lassen. | |
Der Bankmanager bricht zu einem Fischrestaurant auf. Noch sind die | |
Sanktionen nicht aufgehoben, Zeit für ausgedehnte Mittagspausen. Mit Hannes | |
Haufe, Geschäftsleiter der Bank Saderat in Deutschland, und Michael | |
Tockuss, geschäftsführendem Vorstandsmitglied der Deutsch-Iranischen | |
Handelskammer e. V. in Hamburg, trifft er sich zur Lagebesprechung mit | |
Hafenblick. | |
„Die Sanktionen bringen für uns Europäer nur Nachteile“, kritisiert | |
Saderat-Geschäftsführer Haufe. „Wir haben 30 bis 40 Prozent des | |
Exportvolumens aus der Hand gegeben.“ Tun kann er nichts. Das Gericht der | |
Europäischen Union (EuG) in Luxemburg hat die Listung der Bank Saderat zwar | |
wieder einkassiert. Doch da die EU in Berufung geht, bleibt das Vermögen | |
der Bank eingefroren. | |
## Es gibt fast nur noch Tauschgeschäfte | |
Das Iran-Geschäft ist 2013 gegenüber dem Vorjahr erneut um 24 Prozent | |
eingebrochen, berichtet Tockuss. Dass überhaupt noch 150 bis 200 Millionen | |
Euro Handelsvolumen pro Monat zusammenkommen, liegt zum einen an | |
Tauschgeschäften, zum anderen an Zahlungsumwegen, etwa über die Türkei. | |
Viele haben angesichts der Hürden aufgegeben. | |
Tockuss schaut sich die gewaltigen Containerschiffe an, die an ihm vorbei | |
auf der Elbe schippern. „Früher ist hier jeden Tag ein Frachter mit Kurs | |
auf den Iran ausgelaufen. Heute nur noch alle 14 Tage, und das auch noch | |
zwei- bis dreimal so teuer.“ | |
16 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Silke Mertins | |
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