# taz.de -- Kreditinstitut des Vatikans: Glasnost in Gottes Bank | |
> Erstmals legt die skandalumwitterte Vatikanbank einen Jahresbericht vor. | |
> Offenbar hat sie vorher unter ihren halbseidenen Kunden tüchtig | |
> ausgemistet. | |
Bild: Eine runde Sache: Hauptsitz der Vatikanbank in Rom. | |
ROM taz | Der erste Jahresbericht des Istituto per le Opere di Religione | |
(IOR), der Vatikanbank, trägt das Zertifikat der | |
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und kann sich auch sonst sehen lassen: | |
2012 vervierfachte sich der Nettogewinn auf 86,6 Millionen Euro. 54,7 | |
Millionen flossen in die Kasse des Heiligen Stuhls, 31,9 Millionen stellte | |
das IOR für die Risikovorsorge zurück. | |
Die „Bank Gottes“ ist ein kleines, aber auch ein feines Geldhaus. 114 | |
Angestellte verwalten am einzigen Sitz im Vatikanstaat Kundeneinlagen in | |
Höhe von 6,3 Milliarden Euro, hinzu kommen Eigenmittel von 0,8 Milliarden. | |
„Transparenz ist von fundamentaler Wichtigkeit, sie ist das | |
Schlüsselelement“, erklärte IOR-Präsident Ernst von Freyberg bei der | |
Veröffentlichung des Berichts. Das sind neue Töne. In den 1970er und 80er | |
Jahren diente das IOR nicht bloß als Drehscheibe für Geheimoperationen des | |
Vatikan, für die Unterstützung der polnischen Solidarnosc oder der | |
nicaraguanischen Contras, sondern auch als Geldwäschestation für Siziliens | |
Cosa Nostra. Und immer wieder konnten hier auch korrupte italienische | |
Politiker Millionensummen recyceln. | |
In der Bilanz 2012 dagegen tritt das Institut auf, als sei es eine | |
Ethikbank mit blütenweißer Weste. Als „eine kleine, konservativ gemanagte | |
Finanzinstitution der Katholischen Kirche, das jenen dient, die das Wort | |
Gottes rund um den Erdball verbreiten“ bezeichnet es sich selbst. | |
Auch die Kundschaft wird nun halbwegs offen gelegt. 85 Prozent der Einlagen | |
stammen von katholischen Institutionen wie Orden oder Bistümern, 15 Prozent | |
von 13.700 Individualkunden – im Schnitt gute 80.000 Euro pro Kopf. Dabei | |
können laut Bericht nur Kleriker, Vatikanbeschäftigte oder beim Heiligen | |
Stuhl akkreditierte Diplomaten Konten unterhalten. Tabu seien anonyme | |
Nummernkonten. | |
## „Untypische“ Kunden gekündigt | |
Und „der typische Kunde“ sieht angeblich so aus: „eine | |
Glaubenskongregation, die in einem Entwicklungsland tätig ist und dort | |
Kindern Unterricht erteilt, Gesundheitsvorsorge betreibt oder in | |
missionarischer Arbeit dient“. Um dahin zu kommen, sind einige untypische | |
Kunden offenbar vor die Tür des IOR gesetzt worden: Die Zahl der | |
Konteninhaber nahm 2012 um 2.100 ab, allein in den letzten Tagen sollen | |
noch einmal 900 Konten geschlossen worden sein – darunter Bankverbindungen | |
der Vatikanbotschaften des Iran, des Irak und Indonesiens. Über diese | |
sollen Einzeloperationen über bis zu 500.000 Euro abgewickelt worden sein. | |
Aber auch das IOR selbst hat noch in jüngster Vergangenheit | |
Millionentransfers vorgenommen, die völlig undurchsichtig waren, weshalb | |
italienische Staatsanwälte gegen mehrere ehemalige Spitzenmanager wegen | |
Geldwäsche ermitteln. Nicht zuletzt deshalb hatte Papst Franziskus | |
unmittelbar nach seiner Wahl ganz offen die möglichen Alternativen genannt: | |
Radikalreform des IOR – oder dessen Auflösung. Mit dem zertifizierten | |
Jahresbericht will die Vatikanbank jetzt wohl zeigen, dass sie auf dem Weg | |
der Läuterung ist – und ihre Schließung damit überflüssig werden könnte. | |
1 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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