# taz.de -- Reiche unter sich: Die Oberschicht spaltet sich | |
> Die Spannungen zwischen Superreichen und Reichen sind gefährlicher als | |
> die Occupy-Bewegung. Dabei ist das Leben der Milliardäre ziemlich | |
> langweilig. | |
Bild: Ist hier gerade eine Superreiche aus Langeweile ins Wasser gegangen? | |
Die Reichen, das muss man auch mal verstehen, haben so ihre eigenen | |
Probleme. Zum Beispiel dass andere noch reicher sind. Superreich. Die | |
Reichen fliegen 1. Klasse, die Superreichen besitzen einen Learjet 60XR | |
samt Crew. | |
Die Reichen haben eine Stadtwohnung und ein Landhaus, die Superreichen | |
besitzen ein Penthouse in New York, eine Wohnung in London und ein | |
Schlösschen an der Loire. Die Reichen spenden an irgendwelche | |
Organisationen, die Superreichen gründen gleich selbst eine Namensstiftung | |
mit einer Milliarde US-Dollar Kapital. | |
„Die entstehende Spaltung zwischen den wirtschafts- und geldfreundlichen | |
Amerikanern am Boden des obersten Prozents und den Superreichen birgt in | |
vieler Hinsicht mehr Sprengkraft als der establishmentfeindliche Idealismus | |
der Occupy-Bewegung“, sagt die kanadische Autorin Chrystia Freeland in | |
ihrem Buch „Die Superreichen. Aufstieg und Herrschaft einer neuen globalen | |
Elite“. | |
Nach von Freeland zitierten Recherchen des US-Ökonomen Emmanuel Saez | |
verdienen Familien, die dem obersten einen Prozent angehören, im Schnitt | |
rund eine Million US-Dollar im Jahr, das oberste 0,1 Prozent bekommt 2,8 | |
Millionen Dollar. Und dann geht es steil nach oben: Familien, die sich zu | |
den obersten 0,01 Prozent rechnen, machen 24 Millionen Dollar im Jahr. | |
Diese Märcheneinkommen findet Freeland in den USA vor allem bei global | |
agierenden Unternehmern in Technologiebranchen oder im Finanzsektor, also | |
beim „neuen Geld“. Die Leute schaffen es natürlich nicht, das Geld auch nur | |
ansatzweise durch Konsum auszugeben. Was vielleicht auch ein Grund ist, | |
warum die Superreichen gerne Stiftungen „als Statussymbol“ gründen, wie | |
Freeland schreibt. | |
Doch der Neid der gemeinen Mittelschichtsangehörigen hält sich in Grenzen. | |
Wenn man sich den etwas klischeehaften Lebensstil anschaut, den Freeland | |
bei den „Superreichen“ verortet und der ein bisschen an die Figuren aus Tom | |
Wolfes Romanen erinnert: Man ist meistens unterwegs. | |
## Die Ehefrauen haben meistens Kunstgeschichte studiert | |
„Ein Mitgliedsausweis der Superelite ist der Jetlag“, so Freeland. Man | |
wohnt global in ähnlich aussehenden Hotels, isst in ähnlichen Restaurants | |
und besucht die gleichen Konferenzen von Davos bis Aspen. Man trifft Leute, | |
die möglichst so sind wie man selbst. Klingt langweilig, zumal die | |
Superelite eher im Banken- und Finanzwesen unternehmerisch tätig ist, | |
Kunstgeschichte haben eher die Ehefrauen studiert. | |
Doch leben die Superreichen auf Kosten der anderen? Das ist der springende | |
Punkt. Am Beispiel der Staranwälte in den USA und der vielen schlecht | |
verdienenden Kleinanwälte wirft Freeland die Frage auf, inwieweit die | |
Konzentration der Einkommen in der Oberschicht auch dem Abstieg der | |
Mittelschichtsangehörigen geschuldet ist. Und könnte es sein, dass der | |
Aufstieg der Technologieunternehmer nicht denkbar ist ohne den Abstieg | |
einer Mittelschicht, deren Bürojobs wegrationalisiert wurden? | |
Freeland, selbst bekennende Liberale, hütet sich, höhere Vermögensteuern | |
oder eine Begrenzung von Managergehältern zu fordern. Weiter geht da das | |
bisher nur auf Englisch erschienene und in den USA heftig diskutierte Buch: | |
„Winner-Take-All Politics: How Washington Made the Rich Richer – and Turned | |
Its Back on the Middle Class“ von Jacob S. Hacker und Paul Pierson. | |
Die beiden fordern nicht nur eine höhere Besteuerung der Reichen und | |
Superreichen, sondern auch – etwas vage – neue Organisationen, die die | |
Interessen der Mittelschicht besser politisch vertreten, also eine Art | |
Mittelschichtsgewerkschaft. | |
Die Frage, inwieweit sich die Oberschicht weiter bereichert, stellt man | |
sich auch in Deutschland. Auch wenn hier Superreiche nicht in so großer | |
Zahl sichtbar sind wie in den USA, haben wir immerhin eine Million | |
Vermögensmillionäre und damit die dritthöchste absolute Zahl an Millionären | |
hinter den USA und Japan. Im Jahre 2003 gab es erst 700.000 | |
Vermögensmillionäre. | |
Doch die Reichen hier geben sich lieber bescheiden, auch Besitzer von hohen | |
Betriebsvermögen bezeichnen sich etwas missverständlich gern als | |
„Mittelstand“. Vielleicht müssten in Deutschland so wie jetzt in den USA | |
nur mal ein paar neue Statistiken her über die Konzentration des Reichtums. | |
Dann sähe die politische Gemengelage anders aus und man traute sich | |
steuerlich auch an die oberste Oberschicht heran. | |
19 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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