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# taz.de -- Abhöraffäre und Handytechnik: Sicher ist nicht sicher
> Nach Beginn der NSA-Affäre rüstete die Bundesregierung ihren Handybestand
> um. Doch nicht die Technik ist das Problem, sondern der Umgang damit.
Bild: Neues Telefon: Verschlusssache nur für den Dienstgebrauch.
BERLIN taz | Es ist ja nicht so, dass Angela Merkel völlig naiv gewesen
wäre. Oder doch? Zumindest hat es nicht lange gedauert, bis die
Bundesregierung nach den ersten Berichten aus dem Datenschatz des
NSA-Whistleblowers Edward Snowden neue Handys geordert hatte: Blackberrys
vom Typ Z10, mit denen hohe Regierungsbeamte und Minister abhörsicher
kommunizieren sollen. Ein Mikrochip, Typ microSD, wird dazu eingesteckt.
Kostenpunkt 2.500 Euro pro Stück.
Rund 1.200 Geräte lieferte die Düsseldorfer Firma Secusmart schon aus. Ihr
Vorteil soll – unter ganz bestimmten Voraussetzungen – sein, dass damit
erstmals Telefonate, SMS, Internetverbindungen und Mailverkehr an einem
Gerät abhörsicher gemacht werden können. Zuvor waren dafür zwei oder drei
Apparate nötig. Die Geräte sind vom Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik für die Geheimhaltungsstufe „VS-NfD“ zugelassen –
Verschlusssache nur für den Dienstgebrauch.
Aber ist Angela Merkel damit vor dem US-Geheimdienst umfassend sicher?
Kaum.
Nach Erkenntnissen deutscher Behörden soll die NSA nicht nur
Verbindungsdaten, sondern auch Telefoninhalte sowie SMS der Kanzlerin
gezielt überwacht haben. An welchem Gerät, in welchem Zeitraum und wie
umfassend dies geschehen ist, war bis Donnerstagnachmittag noch nicht
bekannt.
## Parteitelefon als unsicher eingestuft
Die FAZ berichtete, bei dem überwachten Handy handele es sich um das
Parteitelefon der Kanzlerin. Es könnte das alte Schiebehandy, Typ Nokia
6210 Navigator, sein, das Angela Merkel meist in den Händen trägt, wenn sie
öffentlich telefoniert. Dessen Verschlüsselung soll schwächer sein als die
Regierungstechnik. Die Süddeutsche Zeitung meldet, dass das Bundesamt für
Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ein von Merkel benutztes Handy
als nicht abhörsicher eingestuft habe.
Als Kanzlerin dürfte Merkel allerdings auch ein Blackberry Z10 besitzen –
oder ein Vorgängermodell mit gleicher Verschlüsselung. Doch selbst darauf
ist nur ein kleiner Teil der Gespräche wirklich sicher – nämlich solche
Daten, die zwischen zwei Geräten mit gleicher Verschlüsselungstechnik
ausgetauscht werden. Für internationale Verbindungen zwischen
Spitzenpolitikern werden daher komplizierte Verschlüsselungswege genutzt.
So werden Telefonate etwa umgeleitet und an verschiedenen Knotenpunkten
mehrfach ver- und entschlüsselt.
Nutzt aber einer der beiden Gesprächspartner ein normales Telefon, dürfte
es für die NSA ein Kinderspiel sein, die Daten abzufangen. Daher gibt
selbst Secusmart-Geschäftsführer Hans-Christoph Quelle zu bedenken: „Auch
auf sicheren Geräten ist der größte Teil der Telefonate unsicher.“
Das wichtigste Einfallstor hat allerdings nichts mit Technik zu tun,
sondern mit dem Umgang damit. Kanzler Gerhard Schröder etwa war bekannt
dafür, dass er Gespräche häufig von wechselnden Mitarbeiterhandys führte –
eine Sicherheitsmaßnahme. Als der scheidende Wirtschaftsminister Philipp
Rösler (FDP) dagegen vor einigen Monaten in den USA war, sagte er: „Jeder
weiß, dass wir unsere privaten Telefone benutzen, obwohl es verboten ist.“
25 Oct 2013
## AUTOREN
Martin Kaul
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