# taz.de -- Zusammenbruch eines Imperiums: Der Boom am Zuckerhut ist vorbei | |
> Eike Batista war einer der reichsten Männern der Welt. In Brasilien galt | |
> er als rechte Hand der Fifa. Nun sind seine Firmen insolvent. | |
Bild: Noch im April 2012 feierte Eike Batista (l.) mit großem Tamtam den Start… | |
BERLIN taz | Eine riesige Unternehmenspleite macht der Olympiastadt Rio de | |
Janeiro Sorgen. Zahlreiche Bauprojekte stehen vor dem Aus – der | |
Zusammenbruch des Imperiums des einst reichsten Mannes Brasiliens | |
erschüttert das Vertrauen in die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas, die | |
nach einem jahrelangen Boom schwächelt. | |
Der Ölkonzern OGX musste vergangene Woche Gläubigerschutz beantragen, um | |
dem Konkurs zu entgehen. Er ist das Flaggschiff der Unternehmenskette EBX, | |
die dem Magnaten Eike Batista gehört. Grund der Zahlungsschwierigkeiten | |
sind Missmanagement, hohe Schulden und vor allem ausgebliebene Ölfunde. | |
Batista hat auf große Ölvorkommen vor der brasilianischen Küste gesetzt und | |
mit Spekulationskapital seine ganze Firmengruppe aufgebläht. | |
Das Vermögen des deutschstämmigen Batista wurde vergangenes Jahr noch auf | |
über 30 Milliarden US-Dollar geschätzt. Mit seinen zahlreichen Bergbau- und | |
Energieunternehmen war er ein Symbol des aufstrebenden Brasilien, für | |
Wachstum, schnelles Geld und den Anschluss der siebtgrößten Wirtschaft an | |
die Industriestaaten. | |
## Skrupel- und rücksichtslos | |
Für andere war der 57-Jährige vor allem ein Feindbild. Soziale Bewegungen | |
kritisieren Batista als skrupellosen Unternehmer, der die Bodenschätze des | |
Landes ohne Rücksicht auf Umwelt und Bevölkerung ausbeutet. In seiner | |
Heimatstadt Rio de Janeiro galt er der WM- und Olympia-kritischen Bewegung | |
als rechte Hand von Fifa und IOC bei der Privatisierung der Stadt. | |
Jetzt ist das Batista-Imperium der EBX-Holding wie ein Kartenhaus | |
zusammengefallen. Kleine wie große Aktionäre, aber auch die Regierung sowie | |
die staatliche Entwicklungsbank BNDES fürchten um das Geld, mit dem sie das | |
Luftschloss des Milliardärs finanzierten. Die enge Verbindung zwischen | |
Batista und der Stadt- bzw. Bundesstaatsregierung hat nun Konsequenzen für | |
diverse Bauprojekte: Krankenhäuser, Wohnungsbauten, diverse Luxushotels – | |
überall steckte Batistas Geld drin. Sogar die Befriedungspolizei UPP für | |
die Favelas wurde von Batista subventioniert. | |
## Wackelige Volkswirtschaft | |
Der wohl größte Insolvenzfall Lateinamerikas wirft auch Schatten auf die | |
wirtschaftliche Stabilität Brasiliens. Obwohl Finanzminister Guido Mantega | |
stets beteuert, die Wirtschaft der Regionalmacht sei gesund, mehren sich | |
die Krisenanzeichen. Die Inflation liegt hartnäckig bei 6 Prozent, die | |
Landeswährung Real verliert an Wert, die Wachstumsprognosen wurden | |
wiederholt nach unten korrigiert. Zudem steigt das öffentliche Defizit seit | |
2012 kontinuierlich und wies im September das größte Minus seit zwölf | |
Jahren aus. | |
Die Folgen der Batista-Pleite sind nicht abzusehen. Zuerst muss ein Gericht | |
dem Gläubigerschutz zustimmen, dann ein Restrukturierungsplan für die über | |
5 Milliarden US-Dollar Schulden abgestimmt werden. OGX war 2010 an der | |
Börse gut 25 Milliarden Euro wert, heute nur noch ein Bruchteil davon. | |
Batista selbst soll nicht mehr Milliardär, sondern nur noch Millionär sein. | |
## Drauflos spekuliert | |
Eike Batista, Sohn eines ehemaligen Energieministers und einer deutschen | |
Mutter, ist kein traditioneller Unternehmer. Ohne Erfahrung im Wirtschaften | |
spekulierte er auf den neu entdeckten Ölreichtum vor Brasiliens Küste und | |
führte ein extravagantes Leben im Luxus. Das „X“ im Namen all seiner | |
Unternehmen steht für die Multiplizierung seines Profits. Nun muss stets | |
ein Minuszeichen mitgerechnet werden, und Rio sowie Brasilien werden viel | |
Energie aufbringen müssen, um nicht in den Strudel einer Vertrauenskrise zu | |
geraten. | |
4 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
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