Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Plantagenarbeiter in Brasilien: Pflücken mit Spinnen und Schlangen
> Deutschland ist Weltmeister im Fruchtsaft-Trinken. Für die Menschen, die
> die Zitrusfrüchte pflücken, gehört Ausbeutung zum Alltag.
Bild: Süße Früchte, harte Arbeit.
BERLIN taz | Was bei Edeka, Rewe, Lidl und Aldi im Fruchtsaft-Regal steht,
wird meist von brasilianischen Arbeitern unter prekären Bedingungen
erwirtschaftet. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte [1][Studie von
Verdi und der Christlichen Initiative Romero (CIR).] In der gesamten
Produktions- und Lieferkette „wird unter extremem Druck und ohne
angemessene Schutzvorkehrungen gearbeitet“, sagt Sandra Dusch von CIR.
Ausbeutung zu Hungerlöhnen sei Alltag auf den Plantagen und in den
Saftfabriken.
Deutschland ist Fruchtsaft-Weltmeister und größter Abnehmer von Orangensaft
aus Brasilien. Dort werden Erntehelfer schlecht bezahlt und pflücken mit
unzureichender Schutzbekleidung vor Chemikalien, giftigen Spinnen und
Schlangen im Akkord. Viele würden dabei verunglücken, heißt es in der
Untersuchung.
Außerdem führten die auf den Plantagen „allgegenwärtigen Pestizide“ zu
schleichend verlaufenden Erkrankungen. Wie viele Menschen verletzt würden,
sei unklar, weil sich niemand traue zu reden, heißt es in der Studie. CIR
und Verdi dokumentieren einen Fall, bei dem acht Arbeiterinnen nach
Vergiftungen das Krankenhaus wieder verließen, nachdem der Arbeitgeber mit
ihnen gesprochen hatte.
Der Großteil der Arbeiter bekomme nur Saisonverträge. In der Region São
Paulo etwa sei rund ein Fünftel der Arbeitskräfte festangestellt. Auch in
den Fabriken, die Saftkonzentrat produzieren, arbeiteten die Beschäftigten
unter „extremen Bedingungen“. Es sei sehr laut und heiß. Frauen würden
meist nicht fest angestellt oder entlassen, wenn sie schwanger seien.
Die Produktion von Orangensaft ist in den Händen von wenigen Konzernen:
Obwohl die Hälfte des weltweit konsumierten Orangensaftes aus Brasilien
stamme, betreiben gerade mal drei Großkonzerne Orangenanbau und
Konzentratgewinnung.
In den Importländern wie etwa Deutschland würden sich die schlechten
Bedingungen für Arbeitnehmer fortsetzen, heißt es in der Untersuchung. Laut
der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) herrschten durch den
"Preisdruck" großer Supermarkt-Ketten bei vielen Abfüllunternehmen
unsichere Arbeitsbedingungen. Es gebe kaum noch Festanstellungen, der
Arbeitsdruck sei enorm, nur wenige der Beschäftigten bekämen einen
Tariflohn, heißt es es in der Studie.
Mit der Untersuchung wollen CIR und Gewerkschaften auch auf die deutschen
Handelsriesen Druck machen. Edeka, Rewe, Lidl/Kaufland und Aldi vereinigen
85 Prozent Marktanteil auf sich – und diktieren damit indirekt die
Arbeitsbedingungen von Millionen Beschäftigten. „In Deutschland alarmiert
insbesondere die verstärkte Verantwortungsflucht der tarifgebundenen
Unternehmen Edeka und Rewe““, sagt Stefanie Nutzenberger,
Verdi-Bundesvorstandsmitglied und Leiterin des Fachbereichs Handel.
Bei den Supermarktketten würden die Arbeitsbedingungen für Beschäftigte
immer schlechter, hieß es in der Studie. „Prekäre, nicht auskömmliche
Beschäftigung, hohe Fluktuation, Ablehnung oder Erschwerung der
betrieblichen Mitbestimmung und sehr hoher Arbeitsdruck sind mittlerweile
häufig im Lebensmittel-Einzelhandel an der Tagesordnung.“
9 Oct 2013
## LINKS
[1] http://www.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++6e43c104-2cfe-11e3-a102…
## AUTOREN
Katharina Lübke
## TAGS
Arbeitsbedingungen
Brasilien
Ausbeutung
Gewerkschaft
Brasilien
Brasilien
Brasilien
Brasilien
Ananas
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gewerkschaften über Orangensaft: Enthält Vitamin C und Zwangsarbeit
Die Arbeitsbedingungen auf Orangenplantagen und in Saftfabriken in
Brasilien sind menschenunwürdig. Das wollen Gewerkschafter ändern.
Zusammenbruch eines Imperiums: Der Boom am Zuckerhut ist vorbei
Eike Batista war einer der reichsten Männern der Welt. In Brasilien galt er
als rechte Hand der Fifa. Nun sind seine Firmen insolvent.
Kinderarbeit in Brasilien: 13-Jährige ernten Rote Beete
Millionen Jugendliche schuften, statt zu lernen. Auch in Brasilien ist
schwere Feldarbeit für Minderjährige verboten. Die Familien haben dafür
kein Verständnis.
Buchmessen-Gastland Brasilien: Ein Zauber, nicht ohne Widerspruch
Nicht nur schön, sondern auch extrem gewalttätig. Ein Streifzug durch die
Geschichte, Theorie und Literatur des faszinierenden Landes Brasilien.
Lehrerproteste in Brasilien: Straßenschlacht für mehr Gehalt
Seit mehr als sechs Wochen demonstrieren Lehrer in Brasilien für mehr Geld.
Bei einem Protest am Dienstag gab es eine heftige Straßenschlacht mit der
Polizei.
Die Folgen der Agrarindustrie: Wie die Ananas Costa Rica ruiniert
Wenn wir Ananas essen, kommt die meist aus Costa Rica. Manche
Plantagendörfer zahlen dafür einen hohen Preis: Pestizide verseuchen ihr
Leitungswasser.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.