# taz.de -- Streit um Ölförderung in Brasilien: Auf 15 Bohrinseln wird gestre… | |
> Ölarbeiter der staatlichen Petrobras protestieren. Es geht um die | |
> Versteigerung von Förderrechten an ausländische Unternehmen vor | |
> Brasiliens Küste. | |
Bild: Eine Ölbohrplattform 300 Kilometer vor Rio de Janeiro. | |
RIO DE JANEIRO taz | Ein Streik und Demonstrationen bedrohen die | |
bevorstehende Versteigerung von Förderrechten für Tiefsee-Erdöl in | |
Brasilien. Auf 15 Bohrinseln legen die Arbeiter des staatlichen Ölkonzerns | |
Petrobras seit Donnerstag die Arbeit nieder, in der Hauptstadt Brasilia | |
besetzten sie das Energieministerium. Zum Schutz der Auktion, die am Montag | |
in Rio de Janeiro stattfinden soll, mobilisierte die Regierung sogar das | |
Militär. | |
Es geht um das Erdölfeld „Libra“, das knapp 200 Kilometer vor der Küste d… | |
Bundesstaates Rio de Janeiro liegt. Rund zehn Milliarden Barrel Öl werden | |
dort vermutet, weit über die Hälfte der brasilianischen Reserven. Dabei | |
handelt sich dabei um das sogenannte „Pré-Sal“-Ölvorkommen unter der | |
Salzschicht im Meeresboden, dessen Förderung technisch sehr aufwendig und | |
mit großen ökologischen Risiken verbunden ist. | |
Unterstützt von sozialen Bewegungen protestieren die Erdöl-Gewerkschafter | |
mit einem Zeltlager vor der Zentrale des Petrobras-Konzerns im Zentrum von | |
Rio de Janeiro. Sie fordern 16 Prozent mehr Lohn und Gehalt, doch vor allem | |
es geht ihnen um die Ausrichtung der Ölpolitik Brasiliens. | |
Die Kampagne „Das Öl gehört uns“ (O Petróleo é nosso) setzte sich seit | |
Jahren gegen eine Privatisierung des unterirdischen Reichtums des Landes | |
ein. Sie plädiert seit der Entdeckung der immensen Pré-Sal-Bestände dafür, | |
die Ölförderung ausschließlich der Petrobras zu überlassen. Die Gewinne | |
daraus sollten in Brasilien, vor allem für Bildung und Gesundheit | |
investiert werden. | |
Aufgrund der Diskussion um neue Richtlinien und die Verteilung der | |
anfallenden Royalties hat Brasilien jahrelang auf die Vergabe neuer | |
Förderlizenzen verzichtet. Die neue Regelung sieht vor, dass Petrobras | |
einen Mindestanteil von 30 Prozent an allen Fördervorhaben behält. Um die | |
restlichen 70 Prozent bewerben sich beim Ölfeld „Libra“ elf transnationale | |
Unternehmen, unter ihnen Shell, Total und die chinesischen Konzerne CNOOC e | |
CNPC. | |
## Unternehmer fürchten zu viel Staat | |
In Unternehmerkreisen wird die Richtlinie mit dem Argument kritisiert, der | |
brasilianische Staat behalte sich zu viel Einfluss im Fördergeschäft vor. | |
Dies würde die Investoren verunsichern und dringend notwendige technische | |
wie finanzielle Zusammenarbeit behindern. US-Unternehmen beteiligen sich | |
aufgrund dieser Vorbehalte gar nicht erst an der Versteigerung. | |
Durch die Versteigerung erhofft sich Brasilien Investitionen in Höhe von | |
180 Milliarden US-Dollar in den kommenden 35 Jahren. Im gleichen Zeitraum, | |
so schätzt die Regierung, werde das Land 350 Milliarden US-Dollar durch die | |
Ausbeutung des schwarzen Goldes einnehmen. „Diese Mehreinnahmen sind unser | |
Ticket für eine bessere Zukunft“, erklärte Präsidentin Dilma Rousseff und | |
versprach, dass ein Großteil des Geldsegens in die Bildung investiert | |
werde. | |
Die Gewerkschafter von Sindipetro befürchten das Gegenteil. Durch die | |
Privatisierung ginge der Löwenanteil ins Ausland, während Brasilien die | |
ökologischen Kosten alleine tragen müsse. Mittelfristig sei Petrobras | |
durchaus in der Lage, die Pré-Sal-Förderung alleine zu stemmen. | |
Ex-Petrobras-Chef Ildo Sauer, einer der prominenten Gegner der Auktion, | |
kündigte auch juristische Schritte gegen die bevorstehende Privatisierung | |
an. | |
18 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
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