# taz.de -- Iberoamerikanischer Gipfel: Energiekrise trotz Rohstoffreichtums | |
> In der Energiepolitik sind die Länder Lateinamerikas uneins: Sollen sie | |
> der Opec beitreten oder lieber effizienter mit Energie umgehen? | |
Bild: Eine Ölbohrplattform 300 Kilometer vor Rio de Janeiro. | |
PORTO ALEGRE taz Wie immer, wenn die lateinamerikanischen Staatschefs | |
zusammenkommen, ging es auch diesmal um Energiepolitik. Im ersten | |
Präsidentenplenum bezeichnete Hugo Chávez seinen brasilianischen Kollegen | |
Luiz Inácio Lula da Silva scherzhaft als "Erdölmagnaten" - am Donnerstag | |
hatte Brasilien den Fund einer riesigen Ölquelle im Becken von Santos vor | |
der Küste von São Paulo bekannt gegeben. Nach Regierungsangaben könnten | |
Brasiliens Ölreserven nach der Entdeckung der neuen Vorkommen um bis zu 8 | |
Milliarden Barrel steigen. Brasilien hat zurzeit Reserven von | |
schätzungsweise 14,4 Milliarden Barrel (à 159 Liter) Rohöl. | |
Nun könne Brasilien wie schon Venezuela verbilligtes Öl an ärmere | |
Nachbarländer liefern und der Opec beitreten, meinte Chávez. Lula nahm es | |
schmunzelnd zur Kenntnis und sagte tags darauf, mittelfristig könne er sich | |
tatsächlich eine Opec-Mitgliedschaft vorstellen. Zugleich meldete die | |
Tageszeitung Folha de São Paulo, dass Brasiliens nationaler Energierat | |
beschlossen hat, bei den neuen Ölfeldern den staatlichen Anteil der | |
Fördererlöse deutlich anzuheben - wie Bolivien, Venezuela und Ecuador. Der | |
brasilianische Staat kann beim einheimischen Rohstoffriesen Petrobras zwar | |
wichtige Weichenstellungen vornehmen, verfügt jedoch nicht einmal über die | |
Hälfte der Aktien. Wohl auch deswegen lehnte Lulas außenpolitischer | |
Sprecher Marco Aurélio Garcia Chávez Anregung zu billigeren Öllieferungen | |
rundweg ab: Man werde die Autonomie des Mischkonzerns Petrobras | |
respektieren, sagte er. | |
Lateinamerika befinde sich in einer paradoxen Situation, räumte Garcia ein: | |
"Die Region hat die größten Energiereserven der Welt, doch zugleich sind | |
fast alle Länder von einer Energiekrise bedroht." Deshalb sei eine engere | |
Zusammenarbeit auf dem Energiesektor zwingend. Soziale Bewegungen und | |
Umweltaktivisten lehnen jedoch Megaprojekte wie Chávez Gaspipeline von | |
Venezuela nach Argentinien ab und machen sich stattdessen für Windkraft, | |
Sonnenenergie und Maßnahmen zur Energieeffizienz stark. Doch dabei ziehen | |
sie meistens immer noch den Kürzeren: Vor drei Wochen erst bekam der | |
Energiegigant Petrobras von der ecuadorianischen Regierung endgültig die | |
Fördererlaubnis für die Ölquellen im amazonischen Yasuní-Nationalpark. | |
11 Nov 2007 | |
## AUTOREN | |
Gerhard Dilger | |
## TAGS | |
Brasilien | |
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