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# taz.de -- Sondierungsgespräche in Hessen: Ein bisschen Borderline
> Die Regierungsbildung in Hessen schwankt zwischen Schwarz-Grün und
> Rot-Grün-Rot. In Bornheim zeigt sich die Zerrissenheit der Grünen.
Bild: Ein bisschen grünes Lebensgefühl: Regenbogen in Frankfurt-Bornheim
BORNHEIM taz | Schwarz-Grün oder Rot-Grün-Rot? Das ist die Frage der
hessischen Grünen. Wolfgang Reuthner, Stammwähler aus der Parteihochburg
Frankfurt-Bornheim, hat sofort eine Antwort: „Obwohl Schwarz-Grün hier in
Frankfurt gut funktioniert, für Hessen wünsche ich mir eine rot-grün-rote
Regierung.“ Der 38-Jährige zählt die Gründe auf: Chancengerechtigkeit,
gemeinschaftlicher Unterricht, Energiewende. „All das lässt sich mit SPD
und Linken besser umsetzen.“
Laut einer Umfrage des Hessischen Rundfunks sprechen sich 48 Prozent der
Grünen-WählerInnen in Hessen für eine Koalition mit SPD und Linkspartei aus
– genauso viele wie für ein Bündnis mit der CDU. Diese Zerrissenheit zeigt
sich besonders gut in Frankfurt-Bornheim.
Hier, zwischen Boutiquen und Bioläden, Gründerzeitbauten und Kneipen,
gehört Grün zum Lebensgefühl. Nirgendwo in Hessen hat die Partei bei der
Landtagswahl vor gut sieben Wochen mehr Zustimmung erhalten: 23,5 Prozent
konnte sie im Wahlkreis 38 erringen. Marcus Bocklet, der hier für die
Grünen nur knapp das Direktmandat verpasste, beschreibt seine potenziellen
Wähler so: „Wohlhabend, gut gebildet und mit sozial-ökologischem Gewissen.�…
Bei der Kommunalwahl 2011 wurden die Grünen hier gar stärkste Partei –
nachdem sie seit 2006 gemeinsam mit der Union die Mainmetropole regieren.
Die einstigen ideologischen Gräben aus Zeiten grüner Straßenkämpfer sind
längst überwunden, die gesellschaftspolitisch liberale Frankfurter CDU
arbeitet vertrauensvoll mit pragmatischen Grünen zusammen.
Diese halten sich etwa beim Thema Bürgerrechte bedeckt und haben mit der
Union ein Stillhalteabkommen bezüglich des Frankfurter Flughafens
geschlossen. Meist wurden die Kompromisse so geschickt geschlossen, dass
das eigene Gesicht gewahrt werden konnte. Die CDU ihrerseits überlässt dem
Koalitionspartner weitgehend die Themen Bildung und öffentlicher
Nahverkehr.
## Ins bürgerliche Lager gerückt
Also alles schwarz-grün? Keineswegs. Wolfgang Reuthner verweist darauf,
dass der Landesverband viel konservativer sei als die Frankfurter CDU.
Ähnlich sieht das der Realo Marcus Bocklet. Er gilt zwar als Architekt von
Schwarz-Grün in Frankfurt, doch seine Präferenz auf Landesebene liegen bei
Rot-Grün-Rot. „Das wäre ein echter Politikwechsel.“
Das wiederum gefällt manchem im grünen Kiez Frankfurts nicht. „Die Linken
sind zu radikal“, sagt die 34-jährige Mutter Marion Rizzo. „Ich bin für
soziale Gerechtigkeit, aber die Forderungen der Linken sind nicht
finanzierbar.“ Vielen anderen Grünen-Wählern wie der Bornheimer Architektin
Steffi, 38, geht es neben einem „grünen Lebensgefühl“ auch um ihre
„Besitzstandswahrung“.
„Ein Teil der grünen Wählerschaft ist weiter ins bürgerliche Lager
gerückt“, erklärt der Parteienforscher Frank Decker von der Uni Bonn.
Schwieriger als die Wähler sei ohnehin die Parteibasis zu überzeugen, „die
ist nämlich eher links“.
## Große Koalition ist Mist
So versucht Bocklet, die Sache unideologisch anzugehen: „In Hamburg oder
Köln war die Empörung über Schwarz-Grün zunächst auch da.“ Auch in
Frankfurt sei solche Empörung „weitgehender Zufriedenheit“ gewichen. Auf
der anderen Seite glaubt er, „dass wir unsere Wähler und die Basis auch von
einem gut ausgehandelten rot-grün-roten Koalitionsvertrag überzeugen
könnten.“
Mit den Linken könnte es an den Landesfinanzen scheitern, mit der CDU wird
etwa über den Flughafen gestritten. Darüber soll am Dienstag gesprochen
werden. Denn in einem sind sich die meisten Grünen einig: Große Koalition
ist Mist.
12 Nov 2013
## AUTOREN
Timo Reuter
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