# taz.de -- Renault-Nissan verfehlt Absatzziel: Der lange Weg des Stromautos | |
> Hohe Kosten und niedrige Reichweiten schrecken die Konsumenten ab. Der | |
> E-Auto-Hersteller beklagt hingegen die mangelnde Infrastruktur. | |
Bild: Noch zu oft benötigt und selten gesehen: eine Ladesäule für Elektro-Au… | |
BERLIN taz | Rückschlag für die Freunde der Elektromobilität im | |
Autoverkehr: Die Allianz der Autokonzerne Nissan und Renault wird ihre | |
Ziele beim Absatz von Elektroautos deutlich verfehlen. Ursprünglich hatte | |
die Allianz geplant, bis Ende 2016 rund 1,5 Millionen Elektrowagen zu | |
verkaufen. „Das werden wir nicht schaffen“, sagte der Chef der beiden | |
Hersteller, Carlos Ghosn, der Financial Times. Renault-Nissan werde bei der | |
derzeitigen Entwicklung dieses Ziel erst vier oder fünf Jahre später | |
erreichen. | |
In den vergangenen fünf Jahren war es Renault-Nissan gelungen, über 120.000 | |
Elektroautos abzusetzen – mehr als jeder andere Hersteller. Am besten lief | |
der Nissan Leaf, der insgesamt 85.000-mal verkauft wurde. Die Firma sieht | |
das Hauptproblem nicht in mangelnder Reichweite oder hohen Kosten von | |
Elektroautos, sondern im zu langsamen Aufbau der Infrastruktur, zum | |
Beispiel der Ladestationen. Das Hauptthema seien nicht die Kosten, sondern | |
die Infrastruktur, sagte Ghosn: „Ich würde mir auch kein Benzinfahrzeug | |
kaufen, wenn es keine Benzintankstellen gäbe.“ | |
Für Michael Müller-Görnert, Autoexperte des ökologischen Verkehrsclubs | |
Deutschlands (VCD), sind die Schwierigkeiten beim E-Auto erwartbar: „Viele | |
Kunden werden durch den hohen Preis abgeschreckt“, sagt er. Ein Elektroauto | |
in der Größe eines Kleinwagens koste so viel wie ein Mittelklassewagen. „Da | |
überlegen es sich viele lieber zweimal, was sie kaufen.“ | |
Die mangelnde Reichweite der Elektroautos – knapp 200 Kilometer soll der | |
Leaf mit einer Batterieladung schaffen können – lässt Müller-Görnert als | |
Argument für die Kaufzurückhaltung der Kundschaft nicht gelten. „Die Hälfte | |
aller Fahrten im Alltag ist unter fünf Kilometer. Das schafft jedes | |
Elektroauto“, sagt Müller-Görnert. Zukunftsweisend seien daher Konzepte wie | |
das von BMW, Kunden für den Alltag Elektroautos anzubieten und ihnen bei | |
besonderen Anlässen, etwa der Urlaubsreise, einen größeren Wagen mit | |
herkömmlichem Motor zu leihen. | |
## Deutsche zu konservativ bei der Fahrzeugwahl | |
Ohnehin seien die Deutschen bei der Fahrzeugwahl etwas konservativ. Das ist | |
durchaus verständlich: Wer sich einmal an ein vollwertiges Auto gewöhnt | |
hat, das sowohl im Familienalltag als auch bei der Urlaubsreise zuverlässig | |
und sparsam seine Dienste tut, springt nicht sofort auf jeden – teuren – | |
Trend auf. | |
Dabei haben die Hersteller auch für diejenigen, denen die Reichweite | |
wichtig ist, bereits Konzepte entwickelt: Hybridautos, die über einen | |
Elektro- und einen Benzinmotor verfügen, oder Elektroautos mit | |
Reichweitenverlängerer. Bei Letzteren springt ein kleiner Benzinmotor an, | |
der den Elektromotor mit Strom versorgt, wenn die Batterie leer ist. | |
Allerdings sind auch diese Fahrzeuge teurer als herkömmliche. | |
## Noch nicht billiger, aber sauber | |
Schnell geleerte Batterien – vor allem bei flotter Fahrt, im Winter oder im | |
Gebirge – scheinen das Hauptproblem der Stromer zu sein. Das wiederum kann | |
durchaus ins Geld gehen, obgleich Elektromotoren viel höhere Wirkungsgrade | |
als Verbrennungsmotoren haben. Im FAZ-Praxistest beispielsweise kam der | |
Fahrer eines Nissan Leaf auf rund 6 Euro Stromkosten für 100 Kilometer – | |
ein modernes 4-Liter-Auto ist da derzeit auch nicht teurer. | |
Für den VCD-Autoexperten Müller-Görnert sind Elektroautos dennoch „Teil der | |
Lösung einer zukunftsfähigen Mobilität“, zu der auch die etablierte | |
Elektromobilität wie das Bahn- oder E-Rad-Fahren gehöre. Schließlich werde | |
der Strom immer ökologischer, während die Ölförderung immer dreckiger | |
werde. „Am meisten würde es den E-Autos helfen, wenn wir den Autoverkehr | |
durch staatliche Regulierung insgesamt entschleunigen würden.“ | |
Tempo 120 auf der Autobahn oder Tempo 30 in den Städten würde die | |
Fortbewegung nicht unbedingt verlangsamen, sondern verstetigen, so | |
Müller-Görnert. Der Nebeneffekt: Sind die Autos für geringere | |
Höchstgeschwindigkeiten ausgelegt, könnten sie viel leichter sein, was | |
weniger starke E-Auto-Batterien bedeuten würde. „Dann könnten Elektroautos | |
auch billiger sein“, sagt Müller-Görnert. | |
12 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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