# taz.de -- Nissan-Chef Carlos Ghosn festgenommen: Geschasst und verhaftet | |
> Nissan-Topmanager Carlos Ghosn soll in Japan Gelder veruntreut und | |
> Steuern hinterzogen haben. Das beschäftigt den Autobauer Renault. | |
Bild: Im Visier der japanischen Staatsanwalt: Carlos Ghosn | |
Die Nachricht von Carlos Ghosns Festnahme in Japan hatte an der Pariser | |
Börse Sofortwirkung: Der Aktienkurs des Autokonzerns [1][Renault] brach am | |
Montag zeitweise um 13 Prozent ein. Der Finanzplatz ist vielleicht | |
schockiert von der Vorstellung, dass der Vorsitzende des japanischen | |
[2][Autobauers Nissan, der mit Renault eine Allianz bildet], einen Teil | |
seiner rund 17 Millionen Einkommen vor dem Fiskus in Japan oder Frankreich | |
verheimlicht haben könnte. | |
Oder vielleicht auch davon, dass die Nissan-Unternehmensleitung ihren | |
Topmanager schon zu Beginn der Ermittlungen rauswirft. Am Montag bestätigte | |
der Konzern, dass interne Ermittlungen Ghosn belasten. So soll der | |
64-Jährige unter anderem Firmenvermögen für private Zwecke ausgegeben | |
haben. Am Donnerstag soll der Verwaltungsrat den Rauswurf Ghosns empfehlen. | |
Noch gestern war Ghosn der bejubelte Globalisierungsmanager, der die | |
internationale Gruppe Renault-Nissan-Mitsubishi zum Leader in der | |
Automobilbranche gemacht hatte. Er gilt aber nicht nur als skrupellos | |
erfolgreich, sondern auch als etwas mysteriös. Ghosn kam 1954 in Brasilien | |
zur Welt, wuchs bei bei einer christlich-maronitischen Familie im Libanon | |
auf. In Paris legte er sein Ingenieurdiplom ab. | |
Danach begann seine berufliche Karriere beim Reifenfabrikanten Michelin, wo | |
Ghosn am Ende zweifellos Nummer eins geworden wäre, wenn dort nicht ein | |
Sohn als Erbe der Dynastie vorgesehen gewesen wäre. Statt dessen warb ihn | |
1996 der damalige Renault-Vorsitzende Louis Schweitzer ab, um ihn neun | |
Jahre später als Thronfolger zu designieren. | |
## Einst gefeierter Cost Killer | |
Rasch machte er sich als Cost killer einen Namen, zuerst bei Renault, dann | |
bei Nissan in Japan, wo er trotz seiner radikalen Methoden bald als Retter | |
vor dem drohenden Konkurs gefeiert wurde, und zuletzt auch beim ebenfalls | |
japanischen Konzern Mitsubishi, den er vor zwei Jahren in die Gruppe | |
integrierte. Ganz aus den Wolken fällt man heute dennoch auch in Frankreich | |
nicht. Ghosn war bekannt für seine enormen finanziellen Gehaltsforderungen. | |
Der jetzige französische Präsident Emmanuel Macron war noch | |
Wirtschaftsminister unter François Hollande, als er sich mit Ghosn wegen | |
dessen Spitzengehalts – 7 Millionen Euro – anlegte: Weil der französische | |
Staat Aktien bei Renault hält, drohte Minister Macron mit der gesetzlichen | |
Deckelung von Spitzengehältern bei Topmanagern. Auf Macrons Drängen sollte | |
der Renault-Chef nur dann noch weitere vier Jahre in der Führung von | |
Renault bleiben dürfen, wenn dieser seine Gehaltsforderungen „freiwillig“ | |
um 30 Prozent kürzte. | |
Ghosn willigte vordergründig ein, er kann aber in Wirklichkeit dank seiner | |
akkumulierten Stock options trotzdem viel mehr als ursprünglich vorgesehen | |
kassieren. Dass er trotz seines bereits beträchtlichen Vermögens offenbar | |
aus grenzenlosem Habgier auch noch den japanischen Fiskus übers Ohr gehauen | |
haben soll, tönt unglaublich skandalös, bestätigt aber bloß die tröstliche | |
Volksweisheit: Je höher sie aufsteigen, desto steiler ist ihr Fall. | |
19 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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