| # taz.de -- Ex-Autoboss Ghosn rechtfertigt Flucht: Manager sieht sich als Opfer | |
| > Der Ex-Chef von Nissan und Renault ist illegal aus Japan ausgereist. Er | |
| > begründet das mit einer Verschwörung von früheren Kollegen und Justiz. | |
| Bild: Angriff ist die beste Verteidigung: Ex-Automanager Ghosn am Mittwoch vor … | |
| Tokio taz | Nach mehr als einem Jahr erzwungener Abstinenz konnte Carlos | |
| Ghosn erstmals wieder vor Kameras und Mikrofone treten. Diesmal nicht als | |
| Automanager, der Nissan rettete und mit Renault und Mitsubishi den | |
| weltgrößten Fahrzeughersteller schmiedete, sondern als der berühmteste | |
| Flüchtling der Welt. „Zum ersten Mal seit Beginn dieses Albtraums kann ich | |
| mich selbst verteidigen und frei sprechen, um meinen Namen reinzuwaschen | |
| und zu erklären, warum ich niemals hätte verhaftet werden dürfen“, sagte | |
| Ghosn vor Reportern. | |
| Kurz vor Neujahr hatte sich der 65-Jährige auf filmreife Weise aus Japan in | |
| den Libanon abgesetzt. In einer Kiste für Audiogeräte trugen ihn zwei | |
| US-amerikanische Helfer in ein Privatflugzeug auf dem Flughafen Kansai in | |
| Osaka, das ihn in die Türkei brachte. Von dort gelangte Ghosn in den | |
| Libanon, die Heimat seiner Eltern. „Ich stehe nicht über dem Gesetz und bin | |
| nicht vor der Justiz, sondern vor politischer Verfolgung geflüchtet“, | |
| begründete der Manager seine Entscheidung, Japan auf illegale Weise zu | |
| verlassen. Ihm werden [1][verschiedene Finanzvergehen vorgeworfen], etwa | |
| Firmenkapital zweckentfremdet zu haben. | |
| Der Manager mit französischer, brasilianischer und libanesischer | |
| Staatsangehörigkeit warf der japanischen Justiz vor, nicht nach der | |
| Wahrheit zu suchen, sondern ein Geständnis erpressen zu wollen. Als Beweise | |
| nannte er seine 140 Tage in Einzelhaft, Befragungen von bis zu acht Stunden | |
| am Tag ohne Anwalt, das Verbreiten von falschen Behauptungen und das | |
| absichtliche Verbergen von entlastenden Informationen. | |
| Die Staatsanwälte hätten versucht, ihn durch harte [2][Kautionsauflagen], | |
| darunter ein Kontaktverbot mit seiner Frau Carole, und das Hinauszögern des | |
| Prozessbeginns mürbe zu machen. „Ich fühlte mich als Geisel eines Landes, | |
| dem ich 17 Jahre lang gedient hatte“, sagte Ghosn. Alles hätte darauf | |
| gedeutet, dass der Prozess nicht fair geworden wäre. | |
| ## Angriff auf Ex-Kollegen | |
| Ghosn wiederholte seinen Vorwurf, eine Gruppe von Nissan-Managern hätte | |
| sich mit den Strafverfolgern verbündet. Konkret nannte der frühere Nissan- | |
| und Renault-Chef seinen später abgesetzten Nachfolger Hiroto Saikawa und | |
| seinen früheren Büroleiter Hari Nada. Anders als angekündigt verzichtete | |
| der Manager darauf, mögliche politische Verantwortliche zu benennen. Dies | |
| würde er aus Rücksicht auf die Gastfreundschaft der [3][libanesischen | |
| Regierung] tun, rechtfertigte er seine Zurückhaltung. | |
| Zugleich wies Ghosn alle vier Anklagepunkte der japanischen Justiz anhand | |
| verschiedener Dokumente als unbegründet zurück. Alle seine Bankkonten seien | |
| durchleuchtet worden, ohne dass die Strafverfolger illegale Zahlungen | |
| gefunden hätten. | |
| 8 Jan 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Martin Fritz | |
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