# taz.de -- E-Books über Verschlüsselung: Digitale Selbstverteidigung | |
> Was tun gegen die Schnüffelei der Geheimdienste? In „Verschlüsselt!“ | |
> erklärt Tobias Gillen, wie man Spionen das Leben schwer machen kann. | |
Bild: Da kommt niemand durch | |
Also mal ehrlich: Wir leben im Jahr 2013, fünf Monate ist es her, dass die | |
wohldosierten Enthüllungen des Edward Snowden ihren Anfang nahmen – und was | |
macht der technische Fortschritt? Nichts. So empfinden es jedenfalls | |
Internetnutzer, die sich nach den Affären bei den Geheimdiensten der | |
westlichen Welt einen Ruck gaben und ihre alltägliche Kommunikation fortan | |
lieber verschlüsseln wollten. | |
Doch kein gängiges E-Mail-Programm, keiner der üblichen Browser, kein auf | |
den hochtechnisierten Handys dieser Welt vorinstallierter | |
Textnachrichtendienst bringt ab Werk entsprechende Angebote mit. | |
Netzaktivisten ärgert das schon lange: Während in den 90er Jahren noch | |
Regierungen, darunter auch die deutsche, die Entwicklung von | |
Verschlüsselungsanwendungen zumindest mit ein paar läppischen | |
hunderttausend Euro gefördert haben, ist die Industrie längst auf sich | |
allein gestellt – und hatte schlicht kein Interesse daran, echte Sicherheit | |
etwa bei der elektronischen Post zu einer Standardfunktion | |
weiterzuentwickeln, mit denen alle Plattformen ohne großes Zutun seiner | |
Nutzer klarkommen. Nutzer haben das nie flächendeckend gefordert, bloß ein | |
paar Freaks – bis heute. | |
Auch Tobias Gillen, ein junger Journalist aus Köln, der zuletzt beim | |
Spiegel hospitierte, wunderte sich. Im Herbst begann er schließlich, sich | |
eben mühsam selbst für den digitalen Alltag zu wappnen. Seine Erfahrungen | |
hat er dann auch gleich aufgeschrieben – als Tagebuch. „Verschlüsselt!“ | |
heißt es, wurde von ihm quasi in Eigenregie verlegt und ist [1][auf den | |
gängigen Plattformen als E-Book] zu haben, für gerade einmal drei Euro. | |
Die Stilform, die Aufzeichnungen eines irgendwie naiven und übermotivierten | |
Buben, wirkt zwar bisweilen gewollt, wie immer, wenn Autoren ihre | |
Geschichten nicht schön ausschmücken, sondern stark vereinfachen. Hier aber | |
hat das auch sein Gutes: Auch technisch eher wenig bewanderte Nutzer kommen | |
mit. Gillen schlägt nach: Was ist das, PGP? Was ist ein privater, was ein | |
öffentlicher digitaler Schlüssel? Was – zum Geier! – ist eine „Passphra… | |
Und wie konstruiere ich mir eigentlich ein Passwort, das zwar auf Dritte | |
unfassbar kryptisch wirkt, mir selbst aber geläufig bleibt? | |
## Geheimtüren der Spione? | |
Wer durchhält (und es sind vielleicht acht kurze Sitzungen, um die es | |
geht), ist für die Post-Snowden-Ära gerüstet. Das Problem dabei: | |
Verschlüsseln allein hilft nicht. Es braucht auch immer ein Gegenüber. Und | |
hier mangelt es in der Breite der Gesellschaft an der gebotenen | |
Bereitschaft. Gillen sagt dann auf Nachfrage auch selbst: „Ich merke halt | |
doch, dass der Großteil meines Adressbuchs immer noch nicht auf | |
E-Mail-Verschlüsselung umgestiegen ist.“ | |
Und auch, wer das mit der Verschlüsselung wie Gillen durchzieht, wird sich | |
vermutlich nicht sicher fühlen. Wer weiß schon, ob Geheimdienste nicht | |
weitere Hintertüren in vermeintlich sichere Standards eingebaut haben, so | |
wie schon bei SSL, das etwa beim Online-Banking Dritte außen vor halten | |
sollte? | |
Gillen sagt, nach seiner digitalen Grenzerfahrung sei er „noch lange kein | |
Verschlüsselungsprofi“. Er habe bloß dazugelernt. „Ich glaube nicht, dass | |
das die NSA oder den Bundesnachrichtendienst oder irgendeinen | |
ausgetüftelten Hacker wirklich aufhalten würde, an meine Daten zu kommen. | |
Aber vielleicht kann ich es dem einen oder anderen jetzt schon mal ein | |
bisschen schwerer machen.“ | |
19 Nov 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://ebook.tobiasgillen.de/ | |
## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
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