# taz.de -- Neue Entwicklungen beim E-Papier: Höher, schneller, weiter! | |
> Hierfür stirbt kein Baum: Elektronisches Papier ist leicht, flimmerfrei | |
> und wiederverwendbar. Aber kann es Holz-Papier wirklich ersetzen? | |
Bild: Keine Chance für Eselsohren und jede Menge Extras: Mittlerweile haben E-… | |
Seit fast vierzig Jahren experimentieren Forscher weltweit mit Ersatz für | |
Holzpapier, und mittlerweile sind sie weit gekommen. Das elektronische | |
Papier vielfältig verwendbar – in Handys, Laptops, Uhren, Beschilderungen, | |
Ausweisen, Chipkarten oder E-Readern. Die „zweite Gutenberg-Revolution“ ist | |
ausgebrochen. | |
Seit Kurzem gibt es das E-Papier auch in winterfester Ausführung – Lesen | |
bei minus 25 Grad Celsius dürfte bald kein Problem mehr sein. Die | |
taiwanesische Firma E Ink entwickelte ihre stromsparende Technik nicht für | |
Polarforscher, sondern vor allem für Tiefkühltruhen in Supermärkten. | |
Dort musste bisher immer noch per Hand ausgepreist werden. So etwas ist dem | |
modernen Supermarktmanager ein Gräuel. Jetzt können die Preise auch in den | |
Eisschränken flexibel angepasst werden, je nach Sonderangeboten und | |
Kundenbedürfnissen. | |
Wie funktioniert die E-Tinte eigentlich? Den zündenden Einfall hatte | |
bereits in den frühen siebziger Jahren Nick Sheridon vom Xerox Palo Alto | |
Research Center (PARK). „Bei Xerox PARK glaubten wir, dass wir bald ein | |
papierloses Büro haben würden“, erklärte Sheridon in einem Interview | |
gegenüber Future of Things. „Doch das war falsch. Stattdessen schnellte der | |
Papierverbrauch mehr und mehr in die Höhe – trotz Computer. Die Leute | |
bevorzugten offensichtlich das Lesen auf normalem Papier.“ | |
Sheridon entwickelte „elektronisches wiederverwendbares Papier“. Hierbei | |
erzeugen haardünne Plastikperlchen die Bildpunkte. Die Perlen schwimmen in | |
einer durchsichtigen Flüssigkeit zwischen zwei Kunststofffolien. Jede | |
Kapsel ist auf der einen Seite schwarz, auf der anderen weiß. Die | |
Farbbeschichtungen sind entgegengesetzt geladen und richten sich in einem | |
elektrischen Feld entsprechend aus: Legt man ein passendes elektrisches | |
Feld an, so präsentieren die Perlen entweder ihre schwarze oder weiße Seite | |
– als wären sie Tinte, die von selbst an den richtigen Stellen auftaucht. | |
## Elektrisches Feld und geladene Teilchen | |
Beim oben erwähnten E-Ink-Verfahren sind es winzige Kapseln, die die Punkte | |
eines Bildes erzeugen. In den Kapseln schwimmen positiv geladene weiße und | |
negativ geladene schwarze Pigmentteilchen. In einem elektrischen Feld | |
lassen sich die Teilchen dann wunschgemäß hin- und herbewegen. Bewegen sich | |
die schwarzen Teilchen nach innen und die weißen nach außen, so entsteht | |
ein weißer Bildpunkt. Durch Umpolen wird ein schwarzer Bildpunkt erzeugt, | |
Graustufen sind leicht darzustellen. | |
Zu den jüngsten Entwicklungen zählt die Technik der US-Firma SiPix. Wieder | |
wandern geladene Teilchen in einem elektrischen Feld zwischen zwei | |
Elektroden. Die Partikel schwimmen jedoch nicht in Mikrokapseln, sondern in | |
Microcups – winzigen Zellen, die flächig angeordnet sind. Das Ganze | |
erinnert an eine Bienenwabe. Jedes Microcup enthält eine Flüssigkeit einer | |
bestimmten Farbe und geladene weiße Partikel. Dabei wird entweder die Farbe | |
der Flüssigkeit sichtbar oder die weißen Partikel. Da jedes Microcup einen | |
eigenständigen Pixel verkörpert, ist es ein Leichtes, das Display | |
vielfarbig zu gestalten. | |
In vielerlei Hinsicht ähnelt E-Papier dem herkömmlichen. Es flimmert nicht, | |
ist dünn und leicht und auch bei hellem Sonnenlicht gut lesbar. E-Papier | |
braucht nur Energie, wenn der Leser eine Seite „umblättert“ und sich die | |
Teilchen umgruppieren. Schaltet ein Leser das Gerät ab, bleibt die | |
Orientierung der Teilchen und somit das Bild auf dem Display erhalten. | |
Dies alles spart Energie: Müssen die LEDs von üblichen Bildschirmpunkten | |
mit Strom im Milliampere-Bereich betrieben werden, so begnügen sich die | |
Pixel eines elektronischen Papiers mit Strom im Mikroampere-Bereich. Ein | |
Mikroampere ist ein Millionstel Ampere, also sehr wenig Stromstärke. | |
Milliampere bedeutet ein Tausendstel, immer noch wenig. Doch wenn zum | |
Beispiel eine Million Bildpunkte beleuchtet werden sollen, dann beeinflusst | |
ein tausendfach geringerer Stromverbrauch die Batterielebensdauer enorm. | |
E-Papier lässt sich zudem beliebig oft löschen und in Sekundenbruchteilen | |
anders beschreiben, so dass es für neue Preisschilder oder Werbeplakate | |
nicht zum Abholzen kommen muss wie beim herkömmlichen Papier (500 Blatt | |
neues Papier verbrauchen 7,5 Kilo Holz). | |
Doch ganz so gut wie Holz-Papier ist das elektronische noch nicht. „Keine | |
Technologie kommt bisher an das echte Papier heran“, meint Xerox-Mann | |
Sheridon. Die glatte Oberfläche wirft Streulicht zurück, das stört. Auch | |
ist die Auflösung deutlich geringer als bei Taschenbüchern oder | |
Tageszeitungen. Sowohl die Grauwertauflösung als auch der Kontrast sind | |
gering und weiße Flächen sind bestenfalls ein helles Grau. | |
Vielleicht sind dies die Gründe, warum ein elektronisches Buch nicht jedem | |
Menschen das Gefühl wohliger Entspannung vermittelt, das er beim Lesen | |
eines herkömmlichen Buches verspürt. Nichtsdestotrotz werden inzwischen | |
weltweit etwa drei Milliarden elektronische Bücher verkauft, Tendenz | |
steigend. | |
21 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Claudia Borchard-Tuch | |
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