# taz.de -- Ökonom über die Euro-Krise: „Die Bankensanierung wirkt“ | |
> Irland, Portugal und Spanien wollen den Eurorettungsschirm verlassen. | |
> Doch die Krise ist damit längst nicht vorbei, so der Ökonom Clemens | |
> Fuest. | |
Bild: Irland, Spanien und Portugal haben der Eurorettungsschirm verlassen. Zype… | |
taz: Herr Fuest, drei von fünf Ländern unter den europäischen | |
Rettungsschirmen haben angekündigt, wieder ohne Hilfe auskommen zu wollen. | |
Neben Irland sind das Spanien und Portugal. Geht die Eurokrise jetzt ihrem | |
Ende entgegen? | |
Clemens Fuest: Die Richtung ist positiv. Aber einen Normalzustand haben wir | |
noch nicht erreicht. Denn eigentlich tauschen die besagten Länder nur den | |
einen Rettungsschirm gegen den anderen. Sie beabsichtigen zwar, ohne die | |
staatlichen Kredite von EFSF und ESM auszukommen, verlassen sich aber auf | |
die Hilfszusage der Europäischen Zentralbank, die den Euro notfalls mit | |
allen Mitteln schützen will. | |
Ein wirklicher Realitätstest müsste jedoch ohne das Sicherheitsnetz der EZB | |
stattfinden. Wir sollten die Zeichen einer gewissen Erholung deshalb nicht | |
überinterpretieren. | |
Wenn es die drei Länder schaffen, bleiben nur noch Griechenland und Zypern | |
im staatlichen Hilfsprogramm. Dies zu bewältigen, sollte für Europa kein | |
Problem sein. | |
Das stimmt, aber wir müssen bedenken, dass Europa auch diese Länder nicht | |
dauerhaft mit Transfers versorgen will. Dort ist ebenfalls noch viel zu | |
tun. | |
Welche konkreten Hinweise auf die Besserung der Lage sehen Sie in Irland? | |
Warum schafft es ausgerechnet die Grüne Insel, ohne den Rettungsschirm | |
auszukommen? | |
Das deutlichste Zeichen ist positive Veränderung der Leistungsbilanz. | |
Irland exportiert jetzt wieder mehr Waren und Dienstleistungen, als es | |
einführt. Der wesentliche Grund besteht darin, dass die Lohnstückkosten | |
gesunken sind. Weil die Beschäftigten geringere Löhne erhalten, gingen auch | |
die Produktpreise zurück. Auf den internationalen Märkten ist Irland also | |
wettbewerbsfähiger geworden. | |
Ist der Fortschritt in Irland denn stabil? | |
Einerseits ja. Die bessere Wettbewerbsfähigkeit stabilisiert das | |
Wirtschaftswachstum. Andererseits bereiten die Staatsfinanzen noch Sorgen. | |
Denn das Defizit im Staatshaushalt beträgt 2013 mehr als sieben Prozent. | |
Die irische Regierung hat noch einiges vor sich, wenn sie ihre Finanzen | |
sanieren will. | |
Wie sieht es in Portugal aus? | |
Dort ist die Lage deutlich schwieriger als in Irland. Das Hauptproblem | |
besteht in der mangelnden Wachstumsdynamik der Wirtschaft. Die | |
Staatsschulden sind hoch, das Haushaltsdefizit sinkt, aber ohne Wachstum | |
kann das Land sich nicht dauerhaft erholen. | |
Und Spanien? | |
Von den börsennotierten Banken dort haben wir positive Nachrichten. Das | |
Programm zur Bankensanierung zeigt Wirkung. Negativ zu Buche schlägt | |
dagegen, dass die spanische Wirtschaft ebenfalls kaum wächst und der Staat | |
ein Haushaltsdefizit von aktuell sieben Prozent verzeichnet. | |
Unter dem Strich: Funktioniert die europäische Doppelstrategie aus | |
Finanzhilfe und Spardiktat grundsätzlich? | |
Das muss sich erst zeigen. Bisher haben wir Anfangserfolge, aber mehr | |
nicht. Die Staatsdefizite sinken, die Wirtschaft in Euroland scheint | |
insgesamt nicht mehr zu schrumpfen. Aber die Wirtschaft sollte wachsen und | |
die Arbeitslosigkeit abnehmen. Wir sind also nicht über den Berg, sondern | |
immer noch beim Aufstieg. | |
In Südeuropa erzeugt die soziale Krise teilweise geradezu Hass auf Europa. | |
Angesichts einer Arbeitslosigkeit von bis zu 30 Prozent sprechen manche von | |
einer verlorenen Generation. Ist das gerechtfertigt? | |
Die Formulierung ist nicht ganz falsch. Junge Leute, die in Zeiten von | |
Wirtschaftskrisen auf den Arbeitsmarkt treten, haben oft während ihrer | |
gesamten Berufsbiografie Nachteile. Wer zu Beginn seines Berufslebens | |
häufig arbeitslos ist, dem fehlt später Berufserfahrung, und seine | |
Qualifikation ist teilweise veraltet. Das kann zu schlechterer Bezahlung | |
und zu geringeren Aufstiegschancen führen. | |
16 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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