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# taz.de -- EU-Vorgabe zur Vorratsdatenspeicherung: Rechtspolitischer Wankelmut
> Der Europäische Gerichtshof urteilt in Kürze über die Datenspeicherung.
> Das beeinflusst die Debatte hierzulande nur indirekt.
Bild: Wir sehen alles!
FREIBURG taz | Justizminister Heiko Maas (SPD) will „die unschöne Praxis
beenden, heikle rechtspolitische Fragen dem Bundesverfassungsgericht
zuzutreiben, damit sich die Politik vermeintlich unbequeme Entscheidungen
erspart.“ Das sagte er im Spiegel-Interview am Wochenende. Offensichtlich
will er heikle rechtspolitische Fragen – wie die Vorratsdatenspeicherung –
lieber dem Europäischen Gerichtshof überlassen.
Dort wird derzeit geprüft, ob die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung
mit EU-Grundrechten vereinbar ist. Vorgelegt haben die Frage der irische
High Court und der österreichische Verfassungsgerichtshof.
Die Richtlinie verpflichtet die 28 EU-Staaten seit 2009, eine
Vorratsdatenspeicherung einzuführen, damit die Polizei im Verdachtsfall
Daten anfordern kann. Das heißt: Telefonfirmen müssen mindestens sechs
Monate speichern, wer wen wann und wo angerufen hat. Internetfirmen müssen
die Verkehrsdaten der E-Mails speichern und wer wann mit welcher IP-Adresse
online ging. Bei Mobiltelefonen ist auch der jeweilige Standort mindestens
sechs Monate zu speichern.
In einem Gutachten für den EuGH hat der spanische Generalanwalt Pedro Cruz
Villalon im Dezember erklärt, die EU-Richtlinie verstoße gegen
EU-Grundrechte. Zwar hält der Generalanwalt die anlasslose Datenspeicherung
grundsätzlich für geeignet und erforderlich, Kriminalität zu bekämpfen.
Allerdings mache die Richtlinie zu wenig Vorgaben für die Verwendung der
Daten.
## Oberflächliche Kritik
So fand Cruz Villalon es zu unpräzise, dass die Daten zur Aufklärung und
Verhütung „schwerer Straftaten“ verwendet werden dürfen. Die Richtlinie
hätte konkrete Straftatbestände nennen sollen. Außerdem monierte der
Generalanwalt die in der Richtlinie erlaubte maximale Speicherdauer von
zwei Jahren. Ein Jahr würde genügen.
In der Sache ist die Kritik des Generalanwalts völlig oberflächlich. Wenn
ihr der EuGH im Frühjahr folgt, dürfte das die Pläne der Großen Koalition
eigentlich nicht beeinflussen. Dort ist eine Speicherung von sechs Monaten
vorgesehen. Auf EU-Ebene will sich die Koalition sogar für eine „Verkürzung
der Speicherfrist auf drei Monate“ einsetzen.
Trotzdem dürfte ein Urteil gegen die Vorratsdatenspeicherung die politische
Atmosphäre beeinflussen. Wenn der EuGH die Richtlinie für nichtig erklärt,
ist Deutschland nicht mehr zur Umsetzung verpflichtet. Und selbst wenn die
Richtlinie bis zur Neufassung bestehen bleibt, was der Generalanwalt
empfiehlt, dürfte es in Deutschland viele Stimmen geben, die es nicht
einsehen, eine „rechtswidrige“ Richtlinie umzusetzen. Auch der EuGH dürfte
es sich dann genau überlegen, ob er von Deutschland wegen Nichtumsetzung
der rechtswidrigen Richtlinie Zwangsgeld verlangt.
6 Jan 2014
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Vorratsdatenspeicherung
Heiko Maas
EuGH
Schwerpunkt Überwachung
Vorratsdatenspeicherung
SPD
Vorratsdatenspeicherung
SPD-Basis
Heiko Maas
Andrea Voßhoff
Datenschutz
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