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# taz.de -- Schärfere Gesetze für Fotos: Nackte Kinder auf dem Index
> Der SPD-Justizminister schlägt eine Verschärfung des Strafrechts vor. Der
> Handel mit Nacktbildern von Kindern und Jugendlichen soll bestraft
> werden.
Bild: Fotografieren am Strand könnte künftig ein Problem werden.
FREIBURG taz | Justizminister Heiko Maas (SPD) reagiert auf die Affäre
Edathy. Er will das „gewerbsmäßige Handeln mit Nacktbildern von Kindern und
Jugendlichen unter Strafe stellen“. Jetzt müsse nur noch geklärt werden,
„wie“ der Gesetzgeber dabei vorgehen soll. Jedenfalls dürfe „niemand mit
den Körpern von Kindern und Jugendlichen Geschäfte machen“, so Maas.
Der Minister betonte zwar, dass Debatten über Strafverschärfungen „nicht
mit Blick auf konkrete Einzelfälle“ geführt werden sollen. Aber natürlich
wurde Maas’ Initiative vom Fall des Exabgeordneten Sebastian Edathy
ausgelöst.
Edathy hatte in Kanada Bilder von nackten und halbnackten sitzenden,
spielenden und tobenden Jungs gekauft. Nach Darstellung von Edathys Anwalt
hat das Bundeskriminalamt die bestellten Videos und Fotoserien geprüft und
kam zum Schluss, dass diese allesamt „strafrechtlich nicht relevant“ seien.
Diese Strafbarkeitslücke will Maas nun schließen. Bei der CDU/CSU kann er
dabei auf Unterstützung hoffen. Innen-Staatssekretär Günter Krings sagte
schon am Vortag, die gewerbliche Verbreitung von Kindernacktfotos solle
verboten werden.
Wer die bisherige Rechtslage verstehen will, muss bis ins Jahr 2006
zurückgehen. Damals entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass das bloße
Abfotografieren des kindlichen Pos und der Geschlechtsorgane noch keine
Kinderpornografie sei, weil hier weder Handlungen am Kind noch Handlungen
des Kindes fotografiert würden, wie es der Gesetzeswortlaut voraussetze.
## Strafgesetz verschärft
2008 reagierte der Bundestag und änderte das Strafgesetzbuch (§ 184b).
Strafbar sind nun auch Darstellungen sexueller Handlungen des Kindes, die
es weder an sich noch an anderen vornimmt. Damit sollte das sogenannte
Posing erfasst werden.
Der BGH entschied im November 2013, dass aber nach wie vor „nicht jede
Aufnahme des nackten Körpers oder eines Geschlechtsteils“ als
Kinderpornografie strafbar ist. Erforderlich sei vielmehr ein „Posieren in
sexualbetonter Körperhaltung“. Was das ist, ließ er offen.
Damit half er Polizei und Staatsanwaltschaft wenig. Die Ermittler versuchen
schon seit Jahren, Kriterien für die Abgrenzung von strafbarer
Kinderpornografie zu legalen Nacktbildern zu finden, etwa ob die
Darstellung „aufreizend“ ist, ob auf die Geschlechtsorgane „fokussiert“
werde, ob die Posen „natürlich“ oder „provokativ“ seien. Die Darstellu…
nackter schlafender Kinder sei aber jedenfalls erlaubt, da der Schlaf keine
Handlung sei.
## Probleme bei der Abgrenzung
Der Vorstoß von Maas wirkt da wie ein Befreiungsschlag, indem einfach alle
kommerziellen Nacktbilder von Kinder bestraft werden sollen. Es stellen
sich dann aber schnell neue Abgrenzungsprobleme. Muss das Kind zum Beispiel
ganz nackt sein oder soll auch die Darstellung von Kindern in (knapper)
Badebekleidung verboten sein?
Entscheidend ist für Maas jedenfalls, dass mit den Nacktbildern nicht
„gewerbsmäßig“ gehandelt werden darf. Auf keinen Fall will Maas Eltern
kriminalisieren, wenn sie ihre Kinder in der Badewanne oder am Strand
fotografieren. Nur wenn Eltern solche Fotos regelmäßig verkaufen, dürfte
ein gewerbsmäßiges Handeln vorliegen. Nicht erfasst wäre dann aber, wenn
ein pädophiler Vater Strandbilder seiner Kinder in einschlägigen Foren mit
Gleichgesinnten austauscht.
Umgekehrt könnte das Kommerzkriterium auch zu weit gehen. Bei der Werbung
für Badeferien müsste künftig genau beachtet werden, dass nirgends
unbekleidete Kinder zu sehen sind. Und falls auch die Darstellung von
Kindern und Jugendlichen in Badekleidung verboten werden soll, dürfte
hierfür jedenfalls nicht mehr mit Fotos geworben werden.
## Schutz vor sexuelle Ausbeutung
Maas will sich bei seinem Vorstoß Zeit lassen. Einen anderen Gesetzentwurf
will Maas allerdings noch „vor Ostern“, also bis Ende April, präsentieren.
Darin soll die EU-Richtlinie zum Schutz von Kindern vor sexueller
Ausbeutung umgesetzt werden. Hier hat Maas es eilig, weil die
Umsetzungsfrist eigentlich schon im November 2013 abgelaufen war.
Zwei Punkte stehen hier im Mittelpunkt. Zum einen soll jedes Betrachten von
Kinderpornografie im Internet strafbar gemacht werden, unabhängig davon,
was im Arbeitsspeicher oder Cache des Computers gespeichert wird.
Zum anderen soll das Cyber-Grooming, also das sexuell motivierte Ansprechen
von Kindern im Internet, eindeutig strafbar gemacht werden. Chatnachrichten
und Telefongespräche sollen deshalb künftig wie Schriften und Videos
behandelt werden.
18 Feb 2014
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
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Strafgesetz
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