# taz.de -- Kommentar Affäre Edathy: Was für ein „Posing“! | |
> Sebastian Edathy soll aus der SPD fliegen. So will es der SPD-Chef. Bei | |
> Edathy soll gelingen, was bei Thilo Sarrazin misslang. Was für eine | |
> Farce. | |
Bild: Augen zu und durch: Sigmar Gabriel. | |
Dass die SPD über das Verhalten ihres Ex-Bundestagsabgeordneten Sebastian | |
Edathy „entsetzt und fassungslos“ ist, wie es Sigmar Gabriel am Montag | |
formuliert und in einem Rundbrief an alle Mitglieder seiner Partei | |
geschrieben hat, ist absolut verständlich. | |
Ein Bundestagsabgeordneter, der von seinem Büro oder von zu Hause aus im | |
Netz fragwürdige Nacktbilder von Minderjährigen bestellt, muss jeder Partei | |
unangenehm sein, und Edathy bestreitet seinen Einkauf auch nicht. Mehr als | |
das kann man Edathy aber nach allem, was man zum gegenwärtigen Zeitpunkt | |
weiß, nicht vorwerfen, und strafbar gemacht hat er sich damit noch nicht. | |
Dass Gabriel jetzt auch verlauten lässt, dass er Edathy am liebsten aus der | |
Partei werfen würde, ist daher völlig überzogen. Gabriel ergreift die | |
Flucht nach vorne und bedient mit solchem Populismus direkt die | |
Stammtisch-Gefühle einer Gesellschaft, die ihr Urteil über Edathy längst | |
gefällt hat. Und er tut das, um vom dilettantischen Krisenmanagement der | |
SPD-Spitze in dieser Affäre abzulenken. | |
Wer die SPD schon etwas länger beobachtet, der reibt sich aber noch aus | |
einem anderen Grund die Augen. Parteiausschluss, da war doch mal was? | |
Richtig: Fast zwei Jahre lang quälte sich die Partei zwischen 2009 und 2011 | |
durch zwei Parteiordnungsverfahren. Doch am Ende schaffte sie es nicht, | |
einen Thilo Sarrazin vor die Tür zu setzen – und das, obwohl dessen | |
rassistische Weltsicht und seine abfälligen Äußerungen über Muslime oder | |
Hartz-IV-Empfänger allem widersprechen, wofür die SPD eigentlich stehen | |
sollte. | |
Nun aber soll ein verdientes Mitglied der Partei, das sich als Vorsitzender | |
des NSU-Untersuchungsausschuss seine Meriten und parteiübergreifende | |
Anerkennung erworben hat und fünf Mal aus seinem Wahlkreis in Niedersachsen | |
direkt in den Bundestag gewählt wurde, wegen einer persönlichen Verfehlung | |
einfach so aus der Partei geworfen werden? Das erinnert sich an das Bonmot, | |
wonach „Parteifreund“ die Steigerung von „Todfeind“ ist. | |
## Gesetze gegen Kinderpornographie verschärfen | |
Gabriel hat aus dem gefloppten Ausschlussverfahren gegen Thilo Sarrazin | |
offenbar nichts gelernt. Wo seine Partei bei Sarrazin zu feige war, beweist | |
er jetzt Gratismut. Aber warum soll jetzt plötzlich etwas so einfach gehen, | |
was bei Letzterem angeblich nicht möglich war? Glaubwürdig ist das nicht. | |
Wenn es die Sozialdemokraten in der Sache wirklich ernst meinen und die | |
richtigen Lehren aus der Affäre ziehen wollen, dann sollten sie jetzt die | |
Initiative ergreifen, um die Gesetze zur Kinderpornografie noch einmal zu | |
verschärfen. | |
Nicht den Besitz, aber zumindest den gewerbsmäßigen Handel und den | |
käuflichen Erwerb von auch auf den ersten Blick unverfänglichen | |
Nacktbildern von Kindern könnte man zudem unter Strafe stellen. Ein solches | |
Verbot von so genannten „Posing-Bildern“ fordert jetzt auch der | |
Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, und die | |
Gelegenheit dafür ist günstig. Alles andere ist fadenscheiniger | |
Aktionismus, um das angekratzte Image der Sozialdemokraten aufzupolieren. | |
18 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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