# taz.de -- Kommentar Kinderfotos: Hysterie hilft nicht | |
> Kinder müssen geschützt werden. Doch vor politischen Schnellschüssen beim | |
> Verbot von Bildern mit nackten Kindern kann nur gewarnt werden. | |
Bild: Familienministerin Schwesig und Justizminister Maas: Die beiden neuen von… | |
Natürlich gehören der Besitz und der Handel mit jeglichem | |
kinderpornografischem Material streng verboten – nicht nur in Deutschland, | |
sondern weltweit. Und natürlich müssen Kinder nicht nur vor sexualisierter | |
Gewalt geschützt werden, sondern auch davor, in sexuell konnotierten Posen | |
fotografiert und gefilmt zu werden. | |
Hier geht es um die Würde und um die seelische und körperliche | |
Unversehrtheit von Kindern, die Erwachsenen in solchen Situationen hilflos | |
ausgeliefert sind. | |
Doch was zunächst so klar und einfach scheint, ist in der Umsetzung umso | |
komplizierter. Was genau versteht Familienministerin Schwesig unter | |
aufreizenden, aber nicht explizit pornografischen Kinderfotos, die sie | |
„verhindern“ möchte? | |
Wie genau definiert Justizminister Heiko Maas „Nacktbilder von Kindern oder | |
Jugendlichen“? | |
In dieser emotional hochaufgeladenen Debatte sind die Grenzen fließend, die | |
Grauzone ist groß. Und die rechtliche, die politische sowie die ethische | |
Ebene können leicht miteinander verwoben werden – und am Ende | |
möglicherweise Gesetze und Moralvorstellungen produzieren, die weder den | |
EntscheiderInnen zusagen noch Klarheit im Alltag schaffen. | |
Momentan gibt es mehr Fragen als Antworten. Ob da politische Schnellschüsse | |
helfen, ist fraglich. | |
Man stelle sich zudem die Irritation von ErzieherInnen und PädagogInnen | |
vor, wie sie im Ferienlager oder beim Sommerfest hilflos mit der Kamera in | |
der Hand dastehen: Was darf ich noch fotografieren? Soll ich Kindern | |
vorschreiben, wie sie sich zu bewegen haben? Mache ich mich strafbar, wenn | |
ich die Bilder vom Strand später an die Eltern schicke? | |
## Am Opferschutz vorbei geschrammt | |
Um es noch einmal deutlich zu sagen: Kinder gehören dringend geschützt. | |
Aber wenn schon Drei-, Vier- und Fünfjährige nicht mal mehr ohne Badehose | |
im Kita-Wasserbecken spielen dürfen, weil allein die pure Nacktheit | |
„Gefahr“ birgt, schrammt das am Opferschutz haarscharf vorbei. | |
Und man stelle sich vor, wie Kinder groß werden, wenn sie umzingelt sind | |
von Hysterie, Verboten und Prüderie. Wie sollen sie ein natürliches | |
Verhältnis zu ihrem Körper und eine Sexualität entwickeln, wenn sie vor | |
allem Verklemmungen ausgesetzt sind? Und wie Vertrauen zu Erwachsenen | |
finden, um zwischen „guten“ Menschen und Tätern unterscheiden zu können? | |
Was nun tun? Kinder stark machen, heißt es immer. Präventiv wirken. Mit | |
Hysterie schafft man das aber eher nicht. | |
18 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
## TAGS | |
Strafgesetz | |
Heiko Maas | |
Manuela Schwesig | |
Nacktbilder | |
Kind | |
Sexuelle Gewalt | |
Pädophilie | |
Nacktbilder | |
Sebastian Edathy | |
Sebastian Edathy | |
SPD | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Der sonntaz-Streit: „Erst der Balken macht den Porno“ | |
Schützt die Privatsphäre der Kinder, fordert „Innocence in Danger“. Besser | |
Fotos als Übergriffe, kontert der Sexualstrafrechtler Joachim Renzikowski. | |
Traumaberater über Gewalt gegen Jungs: „Niemals Opfer sein“ | |
Jungen stehen jetzt stärker im Fokus der Diskussion über sexuelle Gewalt, | |
sagt Thomas Schlingmann, aber noch nicht genug: Der Missbrauch zerstört ihr | |
Männlichkeitsbild. | |
Online-Anbieter Azov-Films: „Erwarte, dass es an der Tür klopft“ | |
In den Foren wurden Kunden des Online-Anbieters, bei dem auch Edathys Name | |
auftaucht, früh vor Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden gewarnt. | |
Schärfere Gesetze für Fotos: Nackte Kinder auf dem Index | |
Der SPD-Justizminister schlägt eine Verschärfung des Strafrechts vor. Der | |
Handel mit Nacktbildern von Kindern und Jugendlichen soll bestraft werden. | |
Kommentar Folgen der Edathy-Affäre: Die Krise geht tiefer | |
Das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie wird durch die | |
Edathy-Affäre erschüttert. In der Koalition gibt es eine Vertrauenskrise – | |
Merkel schweigt. | |
Sebastian Edathy wehrt sich: Flucht nach vorne | |
Als „jenseits von Gut und Böse“ bezeichnet Edathys Anwalt das Vorgehen der | |
Staatsanwaltschaft. Und er reicht eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein. | |
Staatsaffäre wegen Sebastian Edathy: Szenen einer Ehe | |
Die SPD will Edathy aus der Partei werfen. Die Koalition in Berlin zieht | |
die Schutzmauern hoch – jeder verteidigt so gut er kann. |