# taz.de -- Merkels Regierungserklärung zur Krim: Keinesfalls Krieg | |
> Angela Merkels Erklärung findet auch die Zustimmung der Grünen. Die | |
> Linkspartei lässt sich nicht in die Regierungsallianz einreihen. | |
Bild: In der Ukraine-Debatte die einzige Opposition: Gregor Gysi für die Links… | |
BERLIN taz | Angela Merkel tritt im dunkelgrauen Jackett ans Rednerpult. | |
Dieser Morgen im Berliner Reichstag ist nicht geeignet für Farbspielchen. | |
Dunkelgrau signalisiert Ernsthaftigkeit. Und ernst, sehr ernst ist die | |
Angelegenheit, über die die Kanzlerin die Parlamentarier in ihrer | |
Regierungserklärung ins Bild setzt. | |
Drei Tage vor dem umstrittenen Krim-Referendum über eine Loslösung von der | |
Ukraine stellt Merkel nicht nur klar, welche Position ihre Regierung – in | |
Absprache mit der Europäischen Union – vertritt. Sie sendet auch eine | |
Botschaft nach Moskau: Die EU wird sich nicht zu militärischen Handlungen | |
hinreißen lassen. Doch sie ist bereit zu schmerzhaften Sanktionen. | |
Russland nutze die momentane Schwäche der Ukraine aus, tadelt Merkel – ein | |
außenpolitisches Vorgehen, das sie im 21. Jahrhundert für überwunden | |
gehalten habe. „Niemand von uns kann sich heute noch darauf beschränken, | |
nur seine eigenen Belange im Blick zu haben. Wenn er es doch tut, schadet | |
er sich selbst über kurz oder lang.“ | |
Die Antwort auf die Krise könne aber keinesfalls Krieg bedeuten. | |
„Militärisches Vorgehen ist keine Option für uns“, sagte Merkel. Ein Satz, | |
den alle Fraktionen mit Applaus quittieren. Die Kanzlerin erläutert noch | |
einmal den Dreistufenplan der deutschen und europäischen Außenpolitik: An | |
erster Stelle stehe nach wie vor die Diplomatie. Man müsse wieder ins | |
Gespräch kommen. Zum zweiten wolle man der Ukraine helfen, sowohl was die | |
Staatsverschuldung als auch die Energiefrage angeht. Zudem wolle man den | |
politischen Teil des EU-Assoziierungsabkommens mit der Ukraine bald | |
unterzeichnen. Merkels Beteuerung, es gehe hier um „Nachbarschaftspolitik, | |
nicht Geopolitik“, wird Wladimir Putin wohl kaum überzeugen. | |
## Entschlossen, wenn nötig | |
Als dritte Stufe umreißt Merkel die Sanktionsmöglichkeiten gegen Russland. | |
Sollten die Krim-Bewohner am Sonntag für die Abspaltung von der Ukraine | |
stimmen, will die EU bereits tags darauf Einreiseverbote und | |
Kontensperrungen gegen Moskau verhängen. Folgen würden „Maßnahmen, die in | |
vielfältiger Weise die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland | |
betreffen“. Niemand wolle diese Maßnahmen ergreifen, „aber wir alle sind | |
entschlossen, wenn sie notwendig werden“. | |
Als Oppositionsführer antwortet Linke-Fraktionschef Gregor Gysi auf die | |
Kanzlerin. Im Widerspruch zu Mitgliedern seiner Fraktion betont er, dass | |
die Abtrennung der Krim von der Ukraine „völkerrechtswidrig“ wäre. Putin | |
habe immer noch nicht begriffen, „dass Probleme nicht mit Gewehren zu lösen | |
sind“. Dennoch hätten EU und Nato eine Mitschuld an der Eskalation des | |
Konflikts – die Aufnahme osteuropäischer Staaten in die Nato sei ein Fehler | |
gewesen. Zudem habe der Westen schon im Kosovo-Konflikt Völkerrecht | |
verletzt. Die Krimkrise sei eine Spätfolge. | |
Gysis Lösungsvorschläge bleiben vage. Der Westen müsse „die | |
Sicherheitsinteressen Russlands auf der Krim anerkennen“ und die Versöhnung | |
zwischen der Ost- und der Westukraine unterstützen. Was dies in der | |
aktuellen diplomatischen Krise bewirken könnte, erklärt er nicht. Wenig | |
überraschend die Rückendeckung für die Kanzlerin durch die | |
Koalitionsparteien SPD und CSU. Rolf Mützenich, außenpolitischer Sprecher | |
der SPD, lobt ein ums andere Mal Merkels Strategie, die sie gemeinsam mit | |
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verfolge. Selbst | |
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt bedankte sich bei Steinmeier, | |
trotz der zurückliegenden innenpolitischen Turbulenzen. | |
## Allianz der Parteien | |
Als Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ans Pult tritt, wird die | |
tiefe außenpolitische Kluft deutlich, die die Oppositionsfraktionen trennt. | |
Göring-Eckardt unterstützt nicht nur ausdrücklich den Kurs der | |
schwarz-roten Bundesregierung. Sie kritisiert auch scharf die Linke für die | |
„Diffamierung“ der ukrainischen Maidan-Bewegung. | |
Gysi hatte angeprangert, dass die Bundesregierung sich dort zugleich mit | |
Faschisten und Antisemiten solidarisiere. Göring-Eckardt reiht ihre | |
Fraktion ein in die Allianz der Regierungsparteien. Sie sei dankbar, dass | |
Deutschland sich gegenüber der Ukraine nicht neutral verhalten habe. | |
„Diplomatie heißt auch klare Worte und sichtbare Konsequenzen.“ Welche | |
Konsequenzen, erklärte die Fraktionschefin nicht. Nicht nur Russland würde | |
diese zu spüren bekommen. | |
13 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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