| # taz.de -- Greenpeace in Fessenheim: Wie besetze ich ein AKW? | |
| > AktivistInnen aus 14 Ländern besetzen am Montag das grenznahe | |
| > französische AKW Fessenheim. Geht das so einfach? Vier Fragen, vier | |
| > Antworten. | |
| Bild: Brücken bauen: Greenpeace-Aktivisten klettern ins AKW Fessenheim | |
| ## Ein besetztes Atomkraftwerk – gab es das schon einmal? | |
| Zunächst: Die AktivistInnen besetzten nicht die Maschinenräume, sondern | |
| lediglich das Gelände. Was das Kraftwerk in Fessenheim angeht, war es nach | |
| Greenpeace-Angaben das erste Mal, dass dies gelang. Allerdings sind | |
| Kraftwerksbesetzungen seit der Atomkatastrophe von Fukushima ein beliebtes | |
| Mittel der politischen Auseinandersetzung geworden. Erst vor zwei Wochen | |
| hatten AktivistInnen im schweizerischen Beznau sowie im französischen Bugey | |
| die dortigen Reaktorengelände erstürmt. In Südfrankreich waren Anfang März | |
| 29 Greenpeace-AktivistInnen wegen Hausfriedensbruchs zu dreimonatigen | |
| Bewährungsstrafen verurteilt worden. Sie waren im Sommer 2013 in die | |
| französische Atomanlage Tricastin eingedrungen. | |
| ## Wie besetzt Greenpeace so ein Kraftwerk? | |
| Nicht einfach so. Der Besetzung geht ein langwieriger Prozess voraus, der | |
| akribisch geplant wird. Beteiligt sind Dutzende Personen vor und hinter den | |
| Kulissen. Dabei macht die letztliche Besetzung organisatorisch den | |
| geringsten Teil aus. Hinter den Kulissen recherchieren AktivistInnen die | |
| Ortsgegebenheiten. So müssen sie etwa über präzise Lagepläne verfügen, um | |
| sich einen Gesamtüberblick über das Terrain zu verschaffen: Wo gibt es | |
| installierte Leitern, die benutzt werden können? Welche Gelegenheiten | |
| ergeben sich für Profi-Kletterer, um sich anzuseilen? Wo liegen die Lücken | |
| im Sicherheitskonzept des Atomkraftwerks, um überhaupt auf das Gelände zu | |
| gelangen. Bei der aktuellen Besetzungsaktion tauchten nach vier Stunden | |
| auch noch sechs Schlauchboote auf und entrollten ein großes Schwimmbanner. | |
| Die Besetzung ist also logistisch sehr anspruchsvoll. Zur Durchführung | |
| solcher Aktionen verfügt Greenpeace über umfassende Ressourcen, wie große | |
| Material- und Lagerbestände, professionelle technische Ausrüstung sowie | |
| eine eigene Rechercheabteilung. | |
| ## Wenn da jeder so draufspazieren kann – wie sicher ist dann so ein | |
| Kraftwerk? | |
| Naja, jeder kann da nicht draufspazieren. Tatsächlich aber sollen die | |
| Protestaktionen auch auf die Anfälligkeit der Atomkraftwerke hinweisen und | |
| deren Sicherheitslücken offenbaren - das ist im Prinzip wie beim Hacking | |
| von Computersystemen. Ein Sprecher des französischen Innenministeriums | |
| sagte am Montag, die „reine Medienaktion“ habe die Sicherheit der Anlage zu | |
| keinem Zeitpunkt gefährdet. Real gefährdet es keine Atomanlage, wenn ein | |
| paar Personen auf der Betonkuppel stehen. Der Protest zeigt aber, wie | |
| leicht das Gelände unter Kontrolle zu bringen ist. Nach der | |
| Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 wurden zwar europaweite | |
| Stresstests durchgeführt. Weil dabei gravierende Mängel festgestellt | |
| wurden, mussten fast alle Kraftwerke nachgerüstet werden. Kritikern ging | |
| das jedoch nicht weit genug. | |
| ## Worum geht es bei der Kraftwerksbesetzung in Fessenheim? | |
| Fessenheim mit seinen zwei Druckwasserreaktoren ist das älteste aktive | |
| Atomkraftwerk Europas. Der Meiler gilt als anfällig und ist nicht vom | |
| deutschen Atomausstieg betroffen, weil er auf der anderen Seite des Rheins | |
| steht, direkt an der deutsch-französischen Grenze. Mit der Erstürmung des | |
| Geländes wollen die Aktivisten auf die „Gefahr durch alternde | |
| Atomkraftwerke in Europa“ aufmerksam machen. Derzeit bezieht Frankreich | |
| rund 80 Prozent seiner Energie aus Atomkraft. Greenpeace fordert einen | |
| Umstieg auf erneuerbare Energien und will eine Quote von mindestens 45 | |
| Prozent erneuerbarer Energie in allen europäischen Ländern bis 2030 | |
| durchsetzen. | |
| 18 Mar 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Kaul | |
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