| # taz.de -- Gutachten zum Mindestlohn: Altersgrenze kann heikel werden | |
| > Am Mittwoch will das Kabinett den Mindestlohn beschließen. Nicht jedoch | |
| > für minderjährige Arbeitnehmer. Ein DGB-Rechtsgutachten hält das für | |
| > unzulässig. | |
| Bild: Minderjährige sollen nur ein kleines Stück vom Lohnkuchen bekommen | |
| FREIBURG taz | Der geplante Mindestlohn muss auch für jugendliche | |
| Arbeitnehmer gelten. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten des Bremer | |
| Rechtsprofessors Andreas Fischer-Lescano, das er im Auftrag des Deutschen | |
| Gewerkschaftsbundes (DGB) verfasst hat. Zwingend ist dieses Ergebnis | |
| allerdings nicht. | |
| Am Mittwoch soll der Gesetzentwurf zur Einführung des Mindestlohns im | |
| Bundeskabinett beschlossen werden. Der Entwurf von Arbeitsministerin Andrea | |
| Nahles (SPD) sieht einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 | |
| Euro für alle Arbeitnehmer ab 18 Jahren vor und soll grundsätzlich ab 2015 | |
| gelten. | |
| Das Gutachten von Fischer-Lescano beruft sich vor allem auf den Anspruch | |
| auf Gleichbehandlung aus Artikel 3 des Grundgesetzes. Der Mindestlohn müsse | |
| demnach für alle Arbeitnehmer gelten. Ausnahmen könne es nur geben, wenn | |
| kein Arbeitsverhältnis vorliegt, zum Beispiel bei der Tätigkeit von | |
| Ehrenamtlichen und Auszubildenden. Auch Studenten und Schüler, die im | |
| Rahmen ihrer Ausbildung Pflichtpraktika absolvieren, seien keine | |
| Arbeitnehmer und könnten daher – wie von Nahles geplant – schlechter | |
| bezahlt werden. | |
| Die zeitweise diskutierten Ausnahmen für Studenten, Rentner und Minijobber | |
| hält Fischer-Lescano dagegen für verfassungswidrig, da es sich hier | |
| eindeutig um Erwerbsarbeit handele. Diese Ausnahmen hat Ministerin Nahles | |
| aber auch nicht aufgenommen. Probleme mit dem Gesetzentwurf kann es dem | |
| Gutachten zufolge an zwei Stellen geben. | |
| Zum einen dürfen Langzeitarbeitslose vom Mindestlohn ausgenommen werden, | |
| wenn ihnen das Jobcenter einen Lohnkostenzuschuss gewährt. Das scheint laut | |
| Medienberichten nur rund 16.000 Personen zu betreffen. Deutlich größer | |
| dürfte die Zahl der arbeitenden Jugendlichen sein. Bildungsministerin | |
| Johanna Wanka (CDU) will die Altersgrenze sogar auf 21 Jahre erhöhen. | |
| ## Begründung rechtlich nicht tragfähig | |
| Begründet wird das Mindestalter mit dem Schutz der Jugendlichen. Diese | |
| sollen nicht durch attraktive Mindestlöhne davon abgehalten werden, eine | |
| schlechter bezahlte Berufsausbildung zu beginnen. Fischer-Lescano hält | |
| diese Begründung rechtlich nicht für tragfähig. Er beruft sich auf | |
| internationale Studien, wonach es keine Belege gibt, dass eine | |
| Mindestlohnausnahme für junge Menschen die Attraktivität einer | |
| Berufsausbildung steigere. | |
| Verfassungsrechtlich dürfte das aber nicht genügen, dem Bundestag die | |
| Einführung eines Mindestlohns „erst ab 18“ zu verbieten. Bei der Frage, | |
| welche Maßnahmen „geeignet“ sind, politische Ziele zu erreichen, lässt das | |
| Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber regelmäßig einen „weiten | |
| Einschätzungsspielraum“. Das ist auch sinnvoll, weil sonst letztlich | |
| Richter die Wirtschafts- und Sozialpolitik bestimmen könnten. | |
| Am Rande weist Fischer-Lescano auch auf das EU-Recht hin. Bei Altersgrenzen | |
| hat der Europäische Gerichtshof schon öfter verlangt, dass diese „objektiv | |
| erforderlich“ sein müssten. So forderte der EuGH 2010 von Deutschland, die | |
| Schlechterstellung von jungen Arbeitnehmern im Kündigungsschutz aufzugeben. | |
| Bei der Festlegung von Löhnen gibt es aber keine EU-Kompetenz. | |
| 31 Mar 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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