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# taz.de -- Gesetzentwurf zum Mindestlohn: Elf Fragen und Antworten für 8,50 �…
> Ausnahmen, Profiteure und Stufen hin zum Mindestlohn: Die neuen
> Regelungen werfen jede Menge Fragen auf, einige davon beantworten wir
> hier.
Bild: Magische Zahl auf Gehwegpflaster (unbekannter Künstler, 2014).
Wer hat Anspruch auf 8,50 Euro brutto in der Stunde? Grundsätzlich alle
Arbeitnehmer in sämtlichen Branchen. Dazu zählen auch Personen, die mit
einem Werkvertrag arbeiten. Aber es gibt trotzdem Ausnahmen.
Aha! Wer geht leer aus? Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten, in
denen sie auf einer neuen Stelle arbeiten. Als langzeitarbeitslos gilt, wer
offiziell ein Jahr lang arbeitslos war. Zuletzt waren das rund eine Million
Personen.
Und wer muss noch verzichten? Zum einen Lehrlinge und ehrenamtlich Tätige.
Sie sind keine Arbeitnehmer. Außerdem profitieren Jugendliche unter 18
Jahren nicht von den 8,50 Euro. Damit will die Bundesregierung verhindern,
dass junge Erwachsene eine Ausbildung verschmähen, weil ihnen ein okay
entlohnter Schülerjob wichtiger ist.
Etwas knifflig wird es bei den Praktikanten: Jugendliche, die ein
Pflichtpraktikum für die Schule, im Rahmen der Ausbildung oder für das
Studium absolvieren, haben keinen Anspruch auf 8,50 Euro. Wer freiwillig
zur Orientierung für eine Lehre oder ein Studium oder ausbildungs- oder
studienbegleitend ein Praktikum absolviert, hat zumindest in den ersten
sechs Wochen keinen Anspruch auf den Mindestlohn. Danach schon.
Wieviele werden profitieren? Nach unterschiedlichen Studien gab es 2012
zwischen 5,2 und 6,6 Millionen Beschäftigte, die für weniger als 8,50 Euro
in der Stunde gearbeitet haben. Bundesarbeitsministerin Andreas Nahles
(SPD) geht davon aus, dass zum 1. Januar 2015 erst einmal 3,7 Millionen
Menschen mehr Geld verdienen werden.
Ab wann gilt das ganze? Eigentlich ab 2015. Allerdings kann es in einzelnen
Branchen bis 2017 dauern. Aber nur, wenn in diesen Branchen Tarifverträge
existieren und sich repräsentative Tarifpartner darin auf Löhne von weniger
als 8,50 verständigt hatten. Außerdem ist eine Voraussetzung, dass dieser
Lohn bundesweit gilt. Das ist etwa in der Leiharbeit der Fall. Oder bei den
existierenden Branchenmindestlöhnen.
Was soll denn diese Regelung? So sollen sich Arbeitgeber Schritt für
Schritt auf höhere Löhne einstellen können. Laut Bundesarbeitsministerium
möchte jetzt etwa auch die Taxibranche noch schnell einen Tarifvertrag
abschließen, um so erst ab Januar 2017 8,50 Euro bezahlen zu müssen.
Wer kontrolliert, ob Mindestlöhne gezahlt werden? Die Finanzkontrolle
Schwarzarbeit, die beim Zoll angesiedelt ist. Das Bundesarbeitsministerium
hat angekündigt, das Personal aufzustocken. Um wieviele Personen, ist noch
unklar. Auch Telefonhotlines, bei denen Beschäftigte Mindestlohnverstöße
melden können, waren im Gespräch.
Werden Verstöße bestraft? Ja. Strafen schwanken je nach Art des Verstoßes
zwischen 30.000 und 500.000 Euro.
Wann und wie wird der Mindestlohn erhöht? Frühestens ab 2018. Eine
sogenannte Mindestlohnkommission, die sich das erste Mal Mitte 2017
zusammen setzt, soll dafür Vorschläge liefern. In ihr werden jeweils drei
stimmberechtigte Mitglieder von den Arbeitgebern und von den Gewerkschaften
sitzen. Zudem noch Wissenschaftler ohne Stimmrecht. Die Kommission muss
Beschlüsse mit einfacher Mehrheit fällen. Im Zweifel entscheidet die Stimme
des Vorsitzenden. Auf ihn müssen sich die Tarifpartner gemeinsam einigen.
Können sie das nicht, benennt jede Seite einen Vorsitzenden. Sie wechseln
sich dann an der Spitze ab.
Wird die Arbeitslosigkeit steigen? Das Bundesarbeitsministerium sagt: Nein.
Denn: schon jetzt existieren in Deutschland 16 Branchenmindestlöhne.
Etliche davon wurden in ihrer Wirkung genauer untersucht. Das Ergebnis: sie
haben keine Arbeitsplätze vernichtet. Auch die Erfahrungen aus dem Ausland
zeigen, dass Mindestlöhne in der Summe keine Arbeitsplätze kosten.
Allerdings werden Betriebe, die ihr Geschäftsmodell allein auf Dumpinglöhne
gründen, untergehen. Dafür könnten sich neue Unternehmen am Markt
etablieren. Damit ein Mindestlohn keine Jobs kostet, sind aber gute
Kontrollen wichtig. Denn wer den Mindestlohn unterläuft, verschafft sich
Wettbewerbsvorteile – das kann genau solche Unternehmen in die Pleite
treiben, die die 8,50 Euro bezahlen.
Was steht noch im Gesetz? Zwei Dinge, die die Position von Beschäftigten
stärken. Zum einen soll es künftig einfacher werden, für weitere Branchen
Mindestlöhne zu erlassen, die über 8,50 Euro liegen. Das geht aber nur,
wenn sich Arbeitgeber und Gewerkschaften darüber einig sind. Außerdem soll
es künftig auch einfacher möglich sein, einen existierenden Tarifvertrag
für allgemeinverbindlich zu erklären. So könnte etwa ein Tarifvertrag im
Einzelhandel eines Bundeslandes künftig für alle
Einzelhandels-Beschäftigten dieses Bundeslandes gelten – egal, ob diese
bisher von einem Tarifvertrag und seinen (besseren) Vorgaben erfasst
wurden.
2 Apr 2014
## AUTOREN
Eva Völpel
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