# taz.de -- Psychologe über Haasenburg-Heime: „Ein Schlag für die Jugendlic… | |
> Die Uniklinik München erforscht, welche Folgen die Heime der Haasenburg | |
> bei Jugendlichen hinterlassen haben – und warnt vor einer Wiedereröffnung | |
> der Einrichtungen. | |
Bild: Geschlossene Heimunterbringung kann Spätfolgen haben. | |
taz: Herr Kellner, Sie machen eine Studie über die Haasenburg? | |
André Kellner: Wir laden ehemalige Jugendliche der Haasenburg-Heime ein, zu | |
uns nach München zu kommen. Die Fahrt und die Unterkunft werden bezahlt. | |
Dann bieten wir den Jugendlichen eine klinische Diagnostik an. Dabei führen | |
wir eine Traumadiagnostik und Leitfaden gestützte Interviews durchführen. | |
Wir wollen rausfinden, ob die Jugendlichen traumatisiert sind, und wenn ja, | |
in welchem Ausmaß. | |
Haben die schon mit Jugendlichen gesprochen? | |
Wir befinden uns am Anfang und wollen zunächst mit zwei Jugendlichen mit | |
der klinischen Untersuchung beginnen. Einige Vorgespräche hat es bereits | |
gegeben. Wir müssen gucken, was wir den Jugendlichen zumuten können und wie | |
sie etwa auf die Interviews reagieren. Und diese müssen standardisiert | |
sein, damit sie verlässlich ausgewertet werden können. Insgesamt haben wir | |
ungefähr 20 Anfragen aus ganz Deutschland von Jugendlichen, die bereit sind | |
mitzumachen, weil sie eine klinische Untersuchung wünschen. | |
Wer führt das Projekt durch? | |
Es ist ein Projekt des Klinikums der Universität München, das vom | |
Projektleiter Dr. Karl-Heinz Brisch zusammen mit meiner Kollegin Anke | |
Laukemper und mir konzipiert wurde. Wir haben es „Freedom“ genannt und | |
möchten der Öffentlichkeit und der Politik deutlich machen, dass | |
Einrichtungen wie die Haasenburg geschlossen werden müssen. Und dass es | |
einen großen Bedarf an therapeutischen Einrichtungen gibt, in denen Kindern | |
und Jugendlichen wirklich in ihrer Entwicklung geholfen wird – in einer | |
feinfühligen und respektvollen Atmosphäre. | |
Was haben die Jugendlichen davon? | |
Wir wollen ihnen helfen, mit dem Erlebten zurechtzukommen. Wir werden mit | |
den Jugendlichen erste Stabilisierungstechniken durchführen und sie über | |
Trauma und Traumafolgen aufklären. Anschließend überlegen wir gemeinsam, | |
was diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen brauchen. Vermutlich wird | |
dies eine traumaadaptierte und bindungsorientierte, strukturbezogene | |
Psychotherapie sein. Wir sind im Austausch mit einem großen therapeutischen | |
Netzwerk, über welches wir dafür sorgen können, dass sie einen geeigneten | |
Therapieplatz in der Nähe ihres Wohnorts bekommen. | |
Gehen Sie davon aus, dass die Jugendlichen durch das Heim traumatisiert | |
sind oder durch frühere Erlebnisse. | |
Sowohl als auch. Wir wollen schauen, ob durch die Zeit in diesen Heimen | |
etwa frühere Traumata verstärkt wurden. Wenn ein Jugendlicher schon | |
schlimme Dinge erlebt hatte, kann es sehr schädlich sein, wenn er | |
überwiegend allein in seinem Zimmer quasi in „Einzelhaft“ war. Das kann | |
retraumatisierend sein und alte Erfahrungen wieder hochspülen. | |
Und das hat lange Folgen? | |
So ein Zustand von extremem Dauerstress kann zu körperlichen und seelischen | |
Schädigungen führen. Wir bezeichnen eine solche Stressverarbeitungsstörung | |
dann als eine sogenannte Posttraumatische Belastungsstörung. Diese Menschen | |
leiden später unter den Folgen der Traumatisierungen. Dazu gehören auch | |
Depressionen, Ängste und aggressives Verhalten, da sich die Menschen durch | |
das Ereignis innerlich verändert haben. Auch im Gehirn findet eine | |
Veränderung statt. Trauma heißt ja Wunde und die Wunde, die ist im Gehirn. | |
Haben Sie gehört, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im | |
Rechtsstreit als Vergleich vorschlägt, dass die Haasenburg wieder öffnet. | |
Oh, je. Das wird ein Schlag für die Jugendlichen. | |
Es soll ein anderes Konzept sein. | |
Das wird nichts helfen. Der Name Haasenburg reicht. Ich gehe davon aus, | |
dass das eine sehr schlimme Nachricht für alle Jugendlichen ist, die | |
ehemals in der Haasenburg festgehalten wurden. Nach ihren Schilderungen ist | |
davon auszugehen, dass ihnen in der Haasenburg auch Gewalt angetan wurde, | |
auf verschiedenen Ebenen, emotional, psychisch und körperlich. | |
Wenn der oder die Täter nicht vom Staat zur Rechenschaft gezogen werden, | |
sondern ihnen zugesprochen wird, weiter zu machen, ist das gelinde gesagt | |
ein Schock für die Betroffenen. Da bricht wieder alles zusammen. Die sehen | |
nur: die kriegen Recht und können weitermachen, wir dagegen hängen fest, | |
weil wir ohne therapeutische Hilfe wahrscheinlich gar nicht auf einen | |
gesünderen Weg kommen. | |
3 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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