Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Flüchtlingscampräumung Oranienplatz: Viele gehen, einer bleibt
> Am Dienstag wurde das Flüchtlingscamp am Oranienplatz in Berlin geräumt.
> Am Mittwoch sind die Refugees fort – aber einer hält die Stellung.
Bild: Keiner mehr da. Der Oranienplatz nach der Räumung am Mittwoch
BERLIN taz | An der Bushaltestelle Segitzdamm wohnt ein Mann. Auf den drei
Metallsitzen hat er sich ein Bett gebaut, sein Hausrat stapelt sich drum
herum, ein bis über den Rand gefüllter Einkaufswagen ersetzt die Kommode,
drei Glaswände und das Glasdach schützen vor Regen. Er wohnt dort schon
eine Weile, mindestens seit mehreren Monaten, und davor hatte er ein
Quartier in der Grünanlage am Wassertorplatz. Nähert man sich der
Haltestelle von hinten, sieht man durch die Glasscheibe eine Vielzahl von
Dingen: Decken, Kissen, eine Tüte Brot, Schuhe.
Der Mann ist nicht mehr jung, er trägt langes, graues Haar und einen Bart.
Vor Weihnachten, erzählen die Nachbarn, hätten Jugendliche ihn gehänselt.
„Weihnachtsmann, Weihnachtsmann.“ Wenn ich morgens an der Haltestelle
vorbeiradele, schläft er meistens noch, dabei wickelt er sich so in die
Decken, dass man die Konturen seines Körpers kaum erahnt.
Wenn ich abends zurückkomme, hat er manchmal Besuch von anderen Männern.
Oder er steht da und schimpft, laut und an niemanden gerichtet,
stundenlang. Die Nachbarn, deren Schlafzimmer zur Straße geht, haben schon
geklagt, manchmal sei das die ganze Nacht so.
Der Bus, der 140er Richtung Tempelhof, steuert die Haltestelle nicht mehr
an. Sicherlich nicht, weil der Mann dort wohnt. So viel Großherzigkeit
traue ich den Berliner Verkehrsbetrieben nicht zu. Vermutlich wegen der
Baustelle, die das Durchkommen am Kottbusser Tor so lange unmöglich machte.
Am Dienstagnachmittag sperrt die Polizei den Oranienplatz ab, der etwa 150
Meter nordöstlich der Haltestelle liegt. Die Refugees – so nennen sich die
Platzbewohner – müssen ihr Camp räumen, die Berliner Stadtreinigung ist mit
Baggern und Mulden zur Stelle, und die Polizei lässt niemanden auch nur in
die Nähe des Platzes. Gleich ob in der Naunynstraße, der Dresdener Straße,
am Segitz- oder am Erkelenzdamm, kein Durchkommen. Die Haltestelle liegt
hinter dem Spalier der Einsatzwagen.
Mittwoch früh sind die Refugees fort, der Oranienplatz ist noch immer
abgesperrt, die Flächen, auf denen die Zelte und Hütten standen, liegen
fast brach. Der Hausrat des Mannes aber ist an Ort und Stelle. Er selbst
schläft unter seinen Decken.
9 Apr 2014
## AUTOREN
Cristina Nord
## TAGS
Berlin
Kreuzberg
Flüchtlingslager
Oranienplatz
Refugees
Räumung
Oranienplatz
Flüchtlinge
Oranienplatz
Flüchtlinge
Asylpolitik
Polizei Berlin
Flüchtlinge
Flüchtlinge
## ARTIKEL ZUM THEMA
Post-Oranienplatz: Eine menschliche Lösung
Berlin macht Hamburg vor, welche Möglichkeiten Stadtstaaten in der
Flüchtlingspolitik haben.
Flüchtlinge vom Kreuzberger Camp: Endlich ohne Angst ausschlafen
Der Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg ist geräumt. Die einstigen Besetzer
fühlen sich in ihrer neuen Bleibe am Ostkreuz wohl.
Nach der O-Platz-Räumung: Tanz durch Kreuzberg
Nach der Räumung des Oranienplatzes zieht am Abend eine wütende
Menschenmenge durch Kreuzberg. Am Morgen darauf ist alles wieder ruhig.
Flüchtlingscamp in Berlin-Kreuzberg: Junge Union feiert die Räumung
„Danke Frank!“, ruft die Junge Union Berlin. CDU-Innensenator Henkel hatte
sich für die Räumung des Flüchtlingscamps starkgemacht.
Flüchtlingscamp in Berlin-Kreuzberg: Krieg den Hütten
„Wir haben sie gebaut, wir reißen die Hütten auch wieder ab“, sagt ein
Flüchtling. Doch nicht alle geben das Camp freiwillig auf – nun wurde es
geräumt.
Flüchtlingscamp in Berlin-Kreuzberg: Zeltabbruch mit Kampfszenen
Der von Flüchtlingen besetzte Oranienplatz wurde am Dienstag geräumt –
unter Protest. Am Nachmittag umstellte die Polizei die Fläche.
Kommentar Räumung Oranienplatz: Teile und herrsche
Das Symbol ist weg, doch die Flüchtlinge haben viel erreicht. Der Staat ist
unter Druck, Residenzpflicht und Lagerzwang sind kaum mehr zu halten.
Flüchtlingscamp in Berlin-Kreuzberg: Die Zelte werden abgebrochen
In Berlin-Kreuzberg haben die Flüchtlinge ihr Protestcamp am Oranienplatz
geräumt. Beim Abbau der Zelte und Hütten war die Stadtreinigung mit Baggern
im Einsatz.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.