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# taz.de -- Kolumne Blicke: Der Kirschgartshausen-Alert
> Im deutschen Fernsehen lief am Montag ein halbwegs ernsthafter Film über
> die Mafia. Ernsthaft diskutieren wollte man aber dann doch lieber nicht.
Bild: Anderswo geht's: Verhaftete Mafiosi der US-Italo-Operation „New Bridge�…
Wenn morgens ein Google Alert „Kirschgartshausen“ aufploppt – dann ist das
wie ein Geburtstagspäckchen. Kürzlich war es wieder soweit. Der Alert
führte mich zum „Nachrichtenportal Rhein-Neckar morgenweb“, wo sich die
verheißungsvolle Zeile fand [1][„Polizei klärt spektakuläre
Kapitalverbrechen]“. Zwölf Mordfälle habe es 2013 gegeben – und alle seien
schnell gelöst worden.
Alle? Na ja – nicht ganz. Denn da ist eben noch dieser „rätselhafte Mord an
einem Italiener und seiner thailändischen Partnerin auf einem Gehöft in
Mannheim-Kirschgartshausen.“
Sie ahnen es: Wegen dieses Mords, nicht wegen des wunderschönen
Ortsteilnamens hatte ich den Alert überhaupt eingerichtet; und nun fand ich
mich zurückgeworfen auf den ersten Alarm vom August 2013 „Mord in
Kirschgartshausen: Die Polizei tappt bis heute im Dunkel“.
Aber das war gelogen. Denn in der italienischen Presse konnte man lesen,
dass nach einem Doppelmord in der Nähe von Mannheim am 13. Mai 2013
deutsche Ermittler nach Palermo fuhren, um sich mit ihren italienischen
Kollegen zu beraten. Erörtert wurde die Frage, wie der zunehmende Verkehr
auf der seit den [2][1990er Jahren] berüchtigten [3][„Route des Todes“]
zwischen Mannheim und der sizilianischen Provinz Agrigent, genauer dem
Örtchen Palma di Montechairo, zu erklären sei. Die sizilianischen
Ermittler, las man, tippten auf einen neuen Mafiakrieg um ökonomische
Claims in Deutschland.
## 20 Kilometer in 21 Minuten
Und wie es manchmal so geht – als am Montag im Ersten die [4][Doku]
„Vorsicht Mafia“ lief, fuhr das Filmteam auf den Spuren der Baumafia in NRW
nach Sizilien. Einer der Macher des Films: „Bei unseren Recherchen stellten
wir fest, dass die meisten Italiener, die an solchen Geschäften in
Deutschland beteiligt sind, aus einer Region auf Sizilien stammen. […] Vor
einiger Zeit wurden dort zwei Menschen erschossen. Alle, die wir gefragt
haben, waren sich einig, dass diese Morde mit Verteilungskämpfen in
Deutschland zu tun hatten.“
Die Gegend, von der Marko Rösseler hier spricht, ist die Provinz Agrigent,
genauer gesagt das Örtchen Licata. Von dort nach Palma di Montechiaro sind
es vier Stunden – zu Fuß; mit dem Auto schafft man die 20 Kilometer in 21
Minuten (Quelle: Google Maps).
Nein, es geht hier nicht darum, Sherlock Holmes zu spielen; es geht darum,
dass man sich in der anschließenden Sendung „Hart aber fair“ von Volker
Beck (Grüne) bis Rainer Wendt (Grüne in Uniform) sehr einig war, dass man
von den dummen Italienern keine Nachhilfe in Sachen Mafia benötige.
Deswegen hatte die Redaktion von [5][„Hart aber fair“] wohl auch die in
Italien lebende Fachjournalistin [6][Petra Reski] wieder ausgeladen. Denn
obwohl zuvor eine explizite Mafia-Recherche lief, wollte man dann doch
lieber „den Mafia-Anteil in unserer Sendung sehr gering halten und uns in
erster Linie um andere Formen der Kriminalität in Deutschland kümmern.
Konkret um Roma- und Miri-Clans sowie arabische Jugendbanden.“
Vielleicht sind die ja verantwortlich für den Doppelmord in
Kirschgartshausen. Ich warte auf den Alert.
10 Apr 2014
## LINKS
[1] http://www.morgenweb.de/region/mannheimer-morgen/metropolregion/polizei-kla…
[2] http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/mafia-morde-die-verge…
[3] http://www.morgenweb.de/mannheim/mannheim-stadt/fuhrt-die-spur-der-morder-n…
[4] http://www.ardmediathek.de/das-erste/reportage-dokumentation/vorsicht-mafia…
[5] http://www.wdr.de/tv/hartaberfair/
[6] http://www.petrareski.com/blog/
## AUTOREN
Ambros Waibel
## TAGS
Mafia
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