# taz.de -- NSU-Mord an Mehmet Turgut in Rostock: Gedenken demontieren | |
> Zehn Jahre nach dem NSU-Mord an Mehmet Turgut wird in Rostock ein Denkmal | |
> eingeweiht. Praktisch: Eine mögliche Entsorgung ist schon eingeplant. | |
Bild: Rostock Toitenwinkel, Schauplatz des Mordes an Mehmet Turgut. | |
„Die beiden Bänke sind unter der Sitzfläche mit einer unsichtbaren Hohlform | |
versehen. Außerdem sind die Bänke an den Seiten mit Transportösen versehen. | |
Dies ermöglicht bei Bedarf eine Demontage der beiden Objekte.“ | |
Am 25. Februar um 10 Uhr wird in Rostock „Der Ort des Gedenkens an Mehmet | |
Turgut“ eingeweiht. Man muss nicht mal böswillig sein, um aus diesem der | |
Projektbeschreibung entnommenen Satz den Schluss zu ziehen, dass dieses | |
Denkmal nicht unbedingt für die Ewigkeit geplant ist. | |
Die Hansestadt ist der letzte der sieben NSU-Orte, der ein solches Zeichen | |
setzt. Am 25. Februar 2004 zwischen 10.10 Uhr und 10.20 Uhr kamen laut | |
Zeugenaussagen die mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe | |
Böhnhardt zu einem damals am Tatort befindlichen Imbisswagen. „Die | |
Menschen, die hier reingegangen sind, die wollten nicht rauben oder | |
zerstören. Die wollten einfach nur töten“, sagte im Münchner NSU-Prozess | |
ein ermittelnder Kriminalbeamter. | |
Am Tatort erinnern an dieses Verbrechen nun zwei sich versetzt | |
gegenüberstehende Betonbänke, die so aufgestellt werden, dass das | |
Sonnenlicht zur Tatzeit am 25. Februar um 10.20 Uhr genau parallel zu ihnen | |
verläuft. In der Projektbeschreibung heißt es, „Rechter Terror ist ein | |
Anschlag gegen das Fremde“. Also mitnichten gegen das Eigene, das | |
Verinnerlichte: die Menschenwürde, den Multikulturalismus, die Zivilisation | |
oder wie die schönen Worte alle heißen. | |
Deshalb ist es nur zu begrüßen, dass der Entwurf des Künstlers Tobias-David | |
Albert sich gegenüber seinen Mitbewerbern durchgesetzt hat: Ein Konkurrent | |
etwa wurde von der Jury abgelehnt, weil ihm „zu viel negative Aspekte, zum | |
Beispiel das Wort 'Mord'“ zugrunde lägen. „Natürlich läßt das tief | |
blicken“, komentierte das Kunstmagazin art sehr dezent die Entscheidung. | |
Ebenso logisch ist es, dass dieses windelweiche und verlogene Gebilde von | |
Haus aus mit Transportösen versehen ist. Denn wie es auch sehr schön in der | |
Projektbeschreibung heißt: „Grundvoraussetzung für die Begegnung des | |
Fremden ist immer die Möglichkeit der Distanz.“ Das hätte der Führer nicht | |
schwurbeliger sagen können - und auch nicht gemeiner. | |
25 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
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