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# taz.de -- Spekulation mit Nahrungsmitteln: „Die Aktionäre waren entsetzt“
> Die Deutsche Bank sucht den Dialog mit NGOs. Können diese sie überzeugen,
> nicht mit Lebensmitteln zu spekulieren? Umweltaktivistin Barbara Happe
> ist skeptisch.
Bild: Ist die Zockerei mit Lebensmitteln schuld am Welthunger? – Arbeiter auf…
taz: Frau Happe, heute trifft sich die Deutsche Bank unter anderem mit
Vertretern von Foodwatch. Glauben Sie, dass es gelingen wird, die
Nahrungsmittelspekulation einzudämmen?
Barbara Happe: Nur wenn Foodwatch es schafft, den Imageschaden für die
Deutsche Bank extrem nach oben zu treiben.
Wie macht man das?
Ein Beispiel: Die Deutsche Bank hat Kredite an Firmen vergeben, die
Streumunition herstellen. Also haben wir ein Streumunitionsopfer ohne Arme
und ohne Beine eingeladen, bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank zu
sprechen. Die Aktionäre waren so entsetzt, dass der damalige Vorstandschef
Josef Ackermann sofort reagieren musste.
Aber bei Nahrungsmitteln ist es nicht so eindeutig, wie Spekulanten dazu
beitragen, dass Menschen hungern.
Es ist ein Problem, dass das Thema Nahrungsmittelspekulation abstrakter ist
als Streumunition. Daher glaubt die Deutsche Bank, dass sie es sich
weiterhin leisten kann, mit Agrarprodukten zu hantieren.
Foodwatch setzt auf das direkte Gespräch mit den Chefs der Deutschen Bank.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Verhandlungen gemacht?
Es ist richtig, den Dialog mit Banken zu suchen. Aber unsere Erfahrungen
sind häufig enttäuschend, wenn es um Themen wie Menschenrechte oder
Umweltschutz geht.
Sie haben gar keine Fortschritte erzielt?
Die Prüfungen sind besser geworden, und einige Banken haben sich von
besonders kritischen Kunden oder Geschäften verabschiedet. Wir führen seit
15 Jahren Gespräche mit den Banken, und es war erstaunlich, wie wenig
selbst deren Nachhaltigkeitsabteilungen anfangs wussten. Zum Beispiel haben
sie in den 90ern massiv Zellstoffunternehmen in Indonesien finanziert,
deren Rentabilität in der Vernichtung von Regenwald zum Nulltarif bestand.
Das war keiner der Banken bei der Kreditprüfung aufgefallen.
Das Image der Banken hat durch die Finanzkrisen schwer gelitten. Da hätte
es doch nahegelegen, durch nachhaltige Investitionen die Reputation wieder
zu verbessern.
Das dachten wir auch. Deswegen haben wir acht „Bankendialoge“ zu Themen wie
Waffen, Atom, Biokraftstoffe, Bergbau oder Zellstoff organisiert.
Gab es konkrete Ergebnisse?
Leider nicht viele. Commerzbank und BayernLB haben sich verpflichtet, keine
Atomkraftwerke und Uranminen mehr zu finanzieren.
In Deutschland gibt es viele Sparkassen. Sind die öffentlichen Banken
besser?
Nein. Sie sind nicht weiter als die Privatbanken. Der deutsche Staat
verhält sich lethargisch. Das sehen Sie auch bei der Riester-Rente: Sie
wird staatlich subventioniert – aber es wird nicht vorgeschrieben, dass die
Gelder nachhaltig investiert werden müssen.
Es bringt also nichts, auf den Gesetzgeber zu hoffen?
Politische Regulierung wäre viel effizienter, als auf irgendwelche
Selbstverpflichtungen der Banken zu hoffen. Aber sie findet nicht statt.
Zum Beispiel gibt es die völkerrechtliche Konvention, die Streumunition
verbietet und die von der Bundesrepublik ratifiziert wurde. Man sollte also
erwarten, dass der Bundestag ein Investitionsverbot für Streumunition
verabschiedet. Dazu war er aber bisher nicht bereit.
16 Apr 2014
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
Lebensmittel
Deutsche Bank
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Finanzmarkt
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