# taz.de -- Kolumne Brüssel verstehen: Erstmal Heidi Klum schlagen! | |
> „Germany's Next Topmodel“ schlägt locker die Quoten der europäischen | |
> Kandidatenduelle. Das liegt auch an der Nationalisierung des Wahlkampfs. | |
Bild: Hat deutlich mehr Fans als Jean-Claude Juncker und Martin Schulz zusammen… | |
Das erste TV-Duell der Spitzenkandidaten zur Europawahl war ein Flop. Nur | |
1,8 Millionen Zuschauer schauten Martin Schulz und Jean-Claude Juncker zur | |
Primetime im ZDF zu. Heidi Klum schaffte mit „Germany’s next Topmodel“ fa… | |
doppelt so viele. Vom Eurovision Song Contest ganz zu schweigen. | |
Gibt es eine europäische Öffentlichkeit? Wenn es um Gags und Girls geht, | |
offenbar ja. Doch wenn die Europapolitik drankommt, wohl eher nicht. Die | |
Schulz-Juncker-Show ist bisher bestenfalls ein Minderheitenprogramm. | |
Woran liegt das? Haben die europäischen Parteienfamilien nicht richtig | |
mobilisiert? Das ist sicher ein Problem, wie das Debakel bei der | |
europaweiten „Green Primary“, der Urwahl der Grünen, zeigt. Nur rund 20.000 | |
BürgerInnen gaben ihre Stimme ab, bei 200.000 Parteimitgliedern und 380 | |
Millionen potenziellen WählerInnen. Bitter. | |
Doch auch die hoch motivierten Sozialdemokraten finden nicht das erhoffte | |
Publikum. Es muss also noch einen anderen Grund geben. Und der ist nicht | |
schwer zu finden: Kanzlerin Merkel, Präsident Hollande und Premier Cameron | |
haben kein Interesse an einer EU-Debatte. Sie funktionieren die Wahl zum | |
nationalen Ereignis um. | |
## Streit wagen | |
Die Deutschen sollen über Merkel abstimmen, nicht über Juncker oder Schulz. | |
Die Debatte soll national laufen, nicht europaweit. Und Alternativen zum | |
bisherigen Kurs soll es schon gar nicht geben. Dabei kann eine EU-weite | |
Öffentlichkeit nur dann entstehen, wenn wir die nationalen Grenzen | |
überwinden und endlich Streit wagen. | |
Wie kommen wir aus der Krise raus, wo wollen wir hin, wer soll Europa | |
führen? Die Kandidaten müssten die Staats- und Regierungschefs | |
herausfordern, die die von Euro- und Ukraine-Krise gebeutelte EU-Politik | |
infrage stellen. Doch das wagen sie nicht, noch nicht. | |
Bisher ist es nur die Zivilgesellschaft, die für Gegenöffentlichkeit sorgt. | |
Soziale Bewegungen und Gewerkschaften laufen Sturm gegen Austeritätspolitik | |
und Freihandel. Grüne und linke Kandidaten greifen die Proteste auf. Doch | |
im TV-Duell waren sie nicht vertreten. Um im nächsten Europaparlament | |
werden sie nicht viel zu sagen haben; dafür sorgen die Chefs. | |
Von dieser Europawahl sollte man daher keine Wunder erwarten. Die | |
Geburtsstunde der europäischen Öffentlichkeit wird sie wohl nicht. Aber | |
immerhin: ein Anfang ist gemacht. Nächstes Ziel: Heidi Klum schlagen! | |
11 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
## TAGS | |
Jean-Claude Juncker | |
Martin Schulz | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
Politikverdrossenheit | |
Brüssel | |
Schwerpunkt TTIP | |
TV-Duell | |
TV-Duell | |
EU-Parlament | |
EU-Parlament | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Wasserprivatisierung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kolumne Brüssel verstehen: La vie chère – Teures Leben | |
Brüssel gilt als „Hauptstadt Europas“ – Was bedeutet das für die Mensch… | |
die zwischen all den Beamten wohnen? Ist das Leben für sie erschwinglich? | |
Kolumne Brüssel verstehen: Mit aller Gewalt | |
Nach einem harten Einsatz gegen Demonstranten in Brüssel stellt sich die | |
Frage: Arbeitet so kurz vor der Wahl außer der Polizei noch jemand? | |
Kommentar TV-Duell Europawahl: Bürokratenfernsehen für die Massen | |
Ein paar Phrasen, ein bisschen Konfrontation: Ob das reicht, Europas Massen | |
an die Wahlurnen zu bringen? Zweifel sind erlaubt. | |
Kritik TV-Duell: #bringbackourgirls > #telleurope | |
30 Sender, 90 Minuten, 5 Kandidaten: Streit um Sekunden, parteitypische | |
Körpersprache, blaue Joker. Das TV-Duell zur Europawahl ist geschafft. | |
Kolumne Brüssel verstehen: Garantierte GroKo für Europa | |
Lohnt es sich, am 25. Mai taktisch zu wählen? Die Antwort hängt, wie so | |
oft, unmittelbar mit der deutschen Bundeskanzlerin zusammen. | |
Kolumne Brüssel verstehen: Blockieren und miesmachen | |
Zur Europawahl am 25. Mai wird ein großer Rechtsruck erwartet. Aber was | |
haben die Populisten eigentlich bislang in Brüssel gemacht? | |
Schlagloch Sexismus: Medschen in der Villa | |
Ich mag Heidi Klum. Sie ist so misogyn wie viele andere, so sexistisch wie | |
die gesamte Modebranche. Doch der Rassismus fehlt. | |
Kolumne Brüssel verstehen: Gegen die Monster an den Märkten | |
Am 25. Mai wird das neue Parlament gewählt. Aber was haben die | |
Europaabgeordneten eigentlich bisher für die Bürger getan? |