# taz.de -- Kritik TV-Duell: #bringbackourgirls > #telleurope | |
> 30 Sender, 90 Minuten, 5 Kandidaten: Streit um Sekunden, parteitypische | |
> Körpersprache, blaue Joker. Das TV-Duell zur Europawahl ist geschafft. | |
Bild: Die Duellanten: Alexis Tsipras (Linke, links oben), Jean-Claude Juncker (… | |
## 22.50 Uhr: Fazit | |
Das Fachpublikum im taz-Cafe scheint am ehesten von Ska Keller überzeugt zu | |
sein. | |
In Sachen Ukraine wurde für taz-Osteuropaexpertin Barbara Oberteil nichts | |
neues beigetragen. „Da gab es pure Hilflosigkeit, bei allen.“ | |
Jan Feddersen, [1][Redakteur für das gute im Menschen] fasst zusammen: | |
„Letztlich redeten sie viel inhaltlicher als bei diesen maybrit Illner | |
Shows. Verwirrend war natürlich die Übersetzung. Aber wir werden uns daran | |
gewöhnen müssen. Das war eine famose, friedensstiftende Aktion.“ | |
## 22.41 Uhr: Haha HSV | |
Athen: Als einziger hat Tsipras die „Troika“ angegriffen. Insgesamt ein | |
gelungener Auftritt von ihm. Schade, dass er frühere Debatten vermieden | |
hat. Oder war sein Auftritt bei der Kommunistischen Partei Böhmens | |
wichtiger als die Teilnahme an der ersten Debatte der Spitzenkandidaten am | |
28.April? | |
Und Ralf Sotscheck aus Dublin gibt sein Schlusswort: Ich habe zwischendurch | |
auf das Relegationsspiel HSV gegen Greuther Fürth umgeschaltet. Das war | |
genauso langweilig (0:0). Also wieder zurück zur Europa-Debatte, gerade | |
rechtzeitig für den Zwischenruf der Moderatorin: „Ihre Zeit ist | |
abgelaufen.“ Galt das allen fünf KandidatInnen? Aber im Ernst: Der | |
Minutentakt und die Joker wie beim Canasta sind ermüdend, jeder spult | |
geschwind die Schlagworte runter, dann ist der nächste dran. Ich gehe jetzt | |
in den Pub. | |
## 22.40 Uhr: Und nun? | |
In gewisser Weise war dieses Medien- und Sprachenexperiment ein ziemlich | |
gutes Abbild der europäischen demokratischen Öffentlichkeit: Maximaler | |
kommunikativer Aufwand mit wenig erhellendem Effekt. | |
Je deutlicher die Mühe ist, die viele wohlmeinende Menschen sich mit dem | |
Politikvermitteln geben, desto ratloser ist das geneigte Publikum: Was | |
wollen sie uns sagen? | |
Es gibt nicht den Resonanzboden, auf dem Argumente ihren Klang entfalten | |
können, die stets nur in Stichworten umrissen werden können. Dabei gibt es | |
durchaus europäische Probleme, die in jedem Einzelstaat bekannt sind. Am | |
Ende steht nur noch der Eindruck, den die Menschen halt so beim Reden | |
machen: jung und frisch, alt und gebeugt, engagiert oder etwas | |
wirr-sympathisch. | |
Berlin, taz-cafe: Chefredakteur Andreas Rüttenauer liefert eine Minute nach | |
Ende der Debatte seinen Text und trägt ihn im taz-Cafe vor. Wir werden ihn | |
nachtragen. So richtig gut kommt das tv-Duell in seinem spontanen Text | |
nicht weg. Jan feddersen hält dagegen. „Was sollen sie denn machen? Das | |
Ereignis war das Ereignis selbst. Das es überhaupt zustande kam, das ist | |
sensationell genug.“ | |
Rudolf Balmer, unser Mann in Paris meldet sich auch mit einer ersten | |
Einschätzung: Diese kurzen Statements lassen es nicht zu, dass die vier | |
Kandidaten und die Kandidatin so etwas wie ein Programm entwickeln und | |
erklären können. War das die Absicht? Was bleibt sind Momentaufnahmen, | |
kleine rhetorische Glanzlichter. Wenn zum Beispiel Tsipras sagt, das wahre | |
Defizit in Europa ist das Demokratie-Defizit, oder als Verhofstadt einen | |
Brief von Kasparow zur Kraftprobe in der Ukraine vorliest. Zwangsläufig | |
punkten die Konkurrenten, die mir wie Kandidaten bei einem Fernsehquiz | |
vorkommen statt als Teilnehmer an einer politischen Debatte, mehr mit der | |
Art ihres Auftreten. Keller lächelt als Einzige und vermittelt damit einen | |
optimistischen Eindruck. Juncker dagegen scheint zu einer Grabrede | |
aufgeboten zu sein, er wirkt traurig und gequält. Neben ihm macht | |
Verhofstadt auf Clown, er bewegt sich viel und fuchtelt mit seinen Armen. | |
Für die französischen Fernsehzuschauer wird das Ganze durch die gelangweilt | |
und desinteressiert klingenden Stimmen der Simultanübersetzer auch nicht | |
attraktiver. Die meisten haben wohl nach einigen Minuten den Kanal | |
gewechselt. | |
## 22.25 Uhr: Stärke zeigen und ein Knüller | |
Schulz zeigt Stärke: Sollte jemand anderes als Kommissionspräsident als den | |
5 Kandidaten vorgeschlagen werden, wird das EU-Parlament einfach dagegen | |
stimmen. Er gibt sich selbstbewusst: Der nächste Kommissionspräsident steht | |
vor ihnen, das bin ich. Damit kündigt er einen Koalitionskrach in | |
Deutschland an. Irgendwie freut man sich darauf. | |
Nun, da hat man Juncker schon klarer sagen hören, dass entweder er oder | |
Schulz Präsident werden muss. Der Verweis auf den Vertrag von Lissabon, | |
dass die Regierungen das Parlament bloß anhören muss, ist eben genau die | |
Ankündigung, dass sie sich auch noch einen ganz anderen Kandidaten suchen | |
können. | |
Athen: Verhofstadt ist das alles egal. Er wird ja ohnehin | |
EU-Parlamentspräsident. | |
Wien: Wird eine/r der Anwesenden Kommissionspräsident? Da ist man sich | |
einmal einig. Es wäre eine Bankrotterklärung des Parlaments wenn Frau | |
Merkel mit Herrn Hollande einen anderen Präsidenten auskungelt. Tsipras | |
nennt das Problem beim Namen. Martin Schulz kann die Frage schon nicht mehr | |
hören. | |
Nochmal Athen: Jetzt wird Juncker staatsmänisch. Und auch sentimental: We | |
have to fall in love with Europe. Doch Jacques Delors hat schon mal | |
vorgewarnt: Du kannst dich nicht wirklich verlieben in einen Binnenmarkt. | |
Tsipras redet derweil über Mitsprache und nicht über soziale Gerechtigkeit, | |
wie interessant. Das übernimmt Schulz. | |
Verhofstadt spielt mit seinen Sekunden, aber was hätte ein Liberaler außer | |
Jobs Jobs Jobs schon anzukündigen? | |
Berlin, taz-Cafe: Die Schlussstatement: Ska Keller langweilt uns hier | |
komplett. Verhofstadt dagegen punktet, der einzige, der Europa noch größer | |
machen will. Bravo. Tsipras will die Katastroika aus der EU schmeißen. | |
Schulz will seine Fenster und Türen öffnen, na dann! Und zum Schluss dann | |
doch wieder Gemeinsamkeit: Alle halten ein Blatt in die Höhe und fordern | |
#bringbackourGirls. Sie beziehen sich damit auf die von Boko Haram | |
verschleppten Mädchen in Nigeria. | |
Ulrike Winkelmann: Das ist natürlich ein Knüller! | |
## 22.19 Uhr: Verpasste Gelegenheiten | |
Ist die Grüne Ska Keller eigentlich die einzige, die ihre Joker ausspielt? | |
Geschickt von der Jüngsten im Quintett. Dabei vergisst sie sogar die grünen | |
Inhalte, die in weniger als eine Minute passen würden: Dass Politiker ins | |
Abklingbecken gehören, bevor sie in die Wirtschaft wechseln, hätte in eine | |
Minute gepasst. | |
Tsipras verpasst den Punkt auch, aber bringt immerhin noch den Kampf gegen | |
Steuerhinterziehung und Mafia unter. | |
Verhofstadt hat als Liberaler natürlich noch nie von Lobbyisten gehört, | |
klar. Aber der Angriff auf die nationalen Hauptstädte: ping. | |
Und das Internet? – Wir dachten, dass das Netz sich einbringen kann, mit | |
Kommentaren, Fragen. Bisher gab es nur Statistiken über Tweets per Minuten | |
und anderes. Wir sind dann doch enttäuscht! | |
## 22.10 Uhr: Beteiligung und Desinteresse | |
Jetzt wird es spannend: Warum sind die Bürger an Europa eigentlich nicht | |
interessiert, weshalb diese geringe Wahlbeteiligung? | |
Ska Keller argumentiert, dass es kein Desinteresse gibt, sondern ein | |
Misstrauen gegenüber den Institutionen der EU. Populismusalarm! Verhofstadt | |
sucht nach mehr Argumenten für Europa und findet sie in der Wirtschaft, | |
klar. Aber er wirbt auch für den Schutz der Privatsphäre (er hat NSA | |
gesagt! Wird auch Zeit). Juncker wirbt floskelhaft für ein starkes Europa. | |
Schulz spricht von bisheriger Langeweile bei den Wahlen. Er glaubt, dass es | |
dieses Mal aber schon einen Unterschied macht. | |
Einzig der Linke Tsipras bringt es auf den Punkt! 28 EU-Staaten im | |
Parlament tun das, was Frau Merkel möchte. Das sei das Problem. | |
Athen: So kennt man Tsipras in Griechenland: Dauerwahlkampf gegen Merkel. | |
Jetzt kommt Juncker mit dem Währungskrieg, den eben noch der Verhofstadt | |
beschwor. Aber ging es nicht um Mitsprache? Endlich greift Tsipras Juncker | |
an und nennt die Tage des Verrats an den demokratischen Verfahren: Als | |
Italien eine Regierung aufgedrückt und Griechenland die Abstimmung verboten | |
wurde. | |
Punkt für die Liberalen. Verhofstadt ist gut, er kritisiert die | |
Abhängigkeit der EU von Berlin und Paris und hat Ähnlichkeiten mit Tsipras. | |
Außerdem erwähnte er zuvor zum ersten Mal überhaupt urliberale Themen: | |
Datschenschutz und Privatsphäre. | |
Leonhard aus Wien: Ska Keller legt den Finger in die Wunde der Lobbyisten. | |
Manchmal steht sogar ihre Adresse in den Richtlinienvorschlägen, die sie im | |
Namen der Kommission schreiben. Liebe Lobbyisten: bitte seid in Zukunft | |
weniger schlampig, wenn Ihr Euch die Gesetze zurecht schreibt. Streicht | |
bitte jeden Hinweis auf Euer Zutun! | |
## 22.07 Uhr: Manöverkritik aus Wien | |
Ralf Leonhard, unser Mann in Österreich, reibt sich die Hände: | |
„Interessant: Juncker tritt auch für eine geregelte Einwanderungspolitik | |
ein und rügt die Länder, die die Entwicklungshilfe kürzen. Denn wenn den | |
Afrikanern nicht geholfen werde, wo sie sind, dann kämen sie zu uns. Ich | |
hoffe, sein Parteifreund Michael Spindelegger, Finanzminister in | |
Österreich, hört zu. Der hat gerade die EZA um 25% gekürzt.“ | |
## 22.05 Uhr: Dublin hängt hinterher | |
Das muss die Zeitverschiebung sein, Ralf Sotscheck sieht erst jetzt den | |
Ukraineteil der Debatte und kommentiert: Beim Feindbild Putin sind sich die | |
Kandidaten einig. Als Gegengewicht sollte man John Pilger lesen: “Zum | |
ersten Mal seit der Reagan-Jahre drohen die USA, die Welt in den Krieg zu | |
treiben. Ost-Europa und der Balkan sind jetzt Außenposten der Nato, und der | |
letzte Pufferstaat an Russlands Grenze, die Ukraine, wird von | |
faschistischen Kräften zerrissen, die von den USA und der EU losgelassen | |
worden sind. Wir im Westen unterstützen nun Neo-Nazis in demselben Land, in | |
dem die Ukrainer damals Hitler unterstützt haben… Der Pentagon unterhält | |
zur Zeit “spezielle Operationen” – geheime Kriege – in 124 Ländern… … | |
dann noch die Gefahr eines Atomkriegs hinzukommt, stellt sich die Frage: | |
Warum tolerieren wir das?” | |
## 22.03 Uhr: Gegen den Rollback | |
Es wird hitzig bei der Debatte um religiöse Symbole. Ska Keller ist für | |
Relativismus was religiöse Symbole angeht, damit hat sie sich rausgekegelt, | |
meinen einige hier. Juncker ist gegen eine Einmischung der Europäischen | |
Union in die religiösen Sitten und Umsetzungen. Unsinn! Wer sagt, man habe | |
Prinzipien, will sie aber nicht umsetzten, hat es nicht verstanden. | |
Tsipras hält dagegen: Er will in ganz Europa dafür kämpfen, einen | |
konservativen Rollback etwa beim Abtreibungsverbote aufzuhalten. | |
Verhofstadts Angriffe auf alle möglichen Leute funktionieren wie ein | |
Flipperautomat (kennen nur die Über-30-Jährigen) - manchmal trifft er, und | |
es macht Ping. Aber Redesekunden zu diesem Thema hätte man insgesamt | |
woanders verteilen können, das ist ja so ein Gehetze durch den Themenkanon. | |
## 21.58: Separatisten und Zeitnot | |
Berlin, taz-Cafe: Mal ehrlich: Wir sind etwas geschafft. Anfangs gefielt | |
uns diese strenge Zeitregelung noch, jetzt merken wir: das ist | |
kontraproduktiv. Die Politiker versuchen auf den Punkt zu argumentieren und | |
fallen so immer wieder in die gleichen Floskeln zurück. Vielleicht liegt es | |
auch vor allem an der simultanen Übersetzung? Das ist anstrengend, man | |
bewertete die Übersetzer, nicht die Politiker. Aber als wahre Europäer | |
müssen wir uns daran gewöhnen! | |
Und sonst so? – Selbst wenn Verhofstadt konkret wird, versteht man ihn | |
nicht. Was hat Barroso bloß in Katalonien falsch gemacht? Wie gerne wüssten | |
die Zuschauer das. Aber genau: Separatisten in Ruhe lassen, zu heikler | |
Punkt. | |
Verhofstadt bekommt aber einen Sympathiepunkt: Er verlangt mehr Schutz für | |
syrische Kriegsflüchtlinge in Europa. | |
Wie kann es sein, dass alle Parteien für legale Einwanderung sind und | |
bislang nichts passiert ist? Die Kandidaten beweisen allein an diesem | |
Punkt, dass entweder kein europäischer Politiker etwas zu sagen hat, oder | |
mindestens einer vertritt öffentlich etwas anderes, als seine | |
Parteienfamilie in den Einzelstaaten. Richtig: Es ist Juncker. | |
Athen: Wo Tsipras Recht hat, hat er Recht: Dublin II muss reformiert | |
werden. Juncker macht derweil einen etwas müden Eindruck. Ob er nicht | |
wirklich daran glaubt, dass er gewählt wird, trotz Vorsprungs in den | |
Meinungsumfragen? | |
## 21.49 Uhr: „Wir“ und Putin | |
Verhofstadt findet wirklich, dass Europa zu schwach gegenüber Russland ist. | |
Man lernt an ihm die Liberalen noch einmal ganz neu kennen. Ob er weiß, wer | |
die FDP ist? | |
Tsipras ist in seiner Kritik an Putin meilenweit und deshalb erholsam von | |
der deutschen Linkspartei entfernt. | |
Warum aber redet Keller von „wir“, wenn konkret Frankreich gemeint ist, das | |
die Kriegsschiffe nicht an Russland liefern sollte? | |
Juncker will eine soft power sein, wer wollte das nicht. Erstmals versagt | |
Schulzens Argumente-Kondensator. | |
## 21.44 Uhr: Botschaften zur Finanzpolitik | |
Tsipras erinnert immerhin daran, dass die Linke nicht Europa auflösen, | |
sondern retten will, damit räumt er ein Vorurteil ab. | |
Schulz wird schon wieder am konkretesten, es ist, als hätte er einen | |
Argumente-Kondensator eingeschaltet. | |
Juncker will immer noch vor allem nichts ändern und das Freihandelsabkommen | |
TTIP. | |
Ska Keller vergisst im ersten Anlauf immer die grünen Inhalte, nutzt aber | |
zum zweiten Mal eine Replik, um eine Forderung unterzubringen: TTIP geht | |
nicht. | |
Verhofstadt verteidigt den Euro, weil er den Wettbewerb der Währungen | |
ausschaltet, das ist für einen Liberalen sehr originell. | |
Es ist aber vollkommen ausgeschlossen, dass irgendein europäischer Bürger | |
auf diese Weise seine Parteien wiedererkennt. | |
Und das Internet? Na endlich, die sozialen Medien kommen ins Spiel. Mehr | |
als 1000 Tweets pro Minuten gibt es, weiß der Socia-Media-Moderator. Er | |
zeigt eine Cloudwolke. Am häufigsten wird #RomaniResistance erwähnt. Was | |
soll das nur? | |
## 21.40 Uhr Blaue Auge und Banken | |
Huch, Juncker nimmt Fahrt auf: Die Verteidigung der Bankenrettung geht ihm | |
flüssig von der Zunge, in der Tat wollte damit niemand den Untergang des | |
Geldsystems. Seine Wut über die Kritik am Krisenmanagement 2008 bis 2010 | |
ist überzeugend. | |
„Wir haben die Banken nicht wegen der schönen blauen Augen der Banker | |
gerettet.“ Ein Raunen geht durchs taz-Cafe. Was, das hat der Juncker gerade | |
gesagt? Tatsächlich stellt sich bei den meisten Kandidaten eine gewisse | |
Redundanz ein. | |
Nachtrag zur Körpersprache: Verhofstadt dagegen wirkt körpersprachlich | |
etwas aggressiv, winkt drohend mit seinen Zeigefingern. | |
Tsipras spricht kein Englisch, sondern Griechisch. Eine weise Entscheidung | |
aus seiner Sicht. Auf die Anschuldigungen von Verhofstadt, auch seine | |
Partei habe wohl Bankdarlehen zu Vorzugskonditionen erhalten, wollte er | |
trotzdem nicht antworten. | |
Einwurf aus Dublin von Ralf Sotscheck: „Wann singen die endlich? Da war ja | |
das europäische Kampfsingen vorigen Samstag spannender.“ | |
## 21.30 Punkt für Grün | |
Ska Keller zieht ihre blaue Karte, ihren Joker. Damit kann sie direkt | |
reingrätschen. Es bleiben ihr nur 30 Sekunden. Sie nutzt die typische grüne | |
Körpersprache: Die Arme vor dem Körper immer wieder im Kreis drehend. | |
Alexis Tsipras dagegen spart sich seine Joker noch auf. Kluger Kerl! | |
Der Streit um die Sekunden brandet immer wieder auf. Ein Fest für | |
Zeitfetischisten. Das ist Europa, durchreglementiert bis zum Letzten. | |
Und was machen die Inhalte? Nun gut, wirklich alle wollen in neue, junge | |
und zukünftige Märkte investieren, das haben wir begriffen, und allen ist | |
klar, dass das Geld irgendwoher kommen muss und neue Schulden sind nicht so | |
sinnvoll. Endlich - Ska Keller macht den ersten guten Punkt - die Schulden | |
waren in Spanien die Schulden der Banken, das darf man nicht die Bürger | |
bezahlen lassen. | |
## 21.22 Uhr Jugendarbeitslosigkeit und Radikalität | |
Die Meinungen zum Minutenzwang gehen auseinander. Ulrike Winkelmann: „Das | |
Minutenformat ist wirklich ein wenig frustrierend“ | |
Und sonst so? – Ska Keller vergisst schon wieder die grünen Inhalte, und | |
Tsipras bleibt auch recht allgemein, Schulz redet für einen Sozi | |
verblüffend viel über Mittelstand, das irritiert bestimmt alle, auch den | |
Mittelstand | |
Konsolidierungspolitik fortsetzen heißt bei Junckr natürlich, dass sich | |
nichts ändern wird, tut ihm Leid. Zumal die Freizügigkeit für die Jugend ja | |
schon gilt, die er nennt. Verhofstadt verspricht was total Neues, aber was | |
meint er bloß? | |
Athen: Noch bleibt es bei Floskeln und parallelen Monologen. Leider. Einen | |
dynamischen Eindruck macht vor allem Ska Keller. | |
taz-Cafe: Danke Alexis, dass du da bist. Wenigstens einer, der etwas | |
Stimmung in die Runde bringt, etwas Radikalität. Er wirbt für einen | |
Schuldenerlass, giftet gegen die Ideen der anderen. | |
Apropos Social Media: Der Hashtag des Duells #TellEurope liegt schon 20 | |
Minuten nach Start auf Platz 5 der Trending Topics in Deutschland. | |
## 21.20 Uhr Dramaturgie stimmt | |
Berlin, taz-cafe: Die Bedingungen: knallhart! Jeder Kandidat hat eine | |
Minute für das Eingangsstatement. Der erste Punkt geht an den | |
Sozialdemokraten Martin Schulz. Er geht sympathisch auf die Unterschiede | |
zwischen Männern und Frauen ein. Der Liberale Guy Verhofstadt langweilt mit | |
der „Europa steht am Scheideweg“-Floskel (wobei, vielleicht ist das auch | |
ein Übersetzungsproblem). Alexis Tsipras wird die Wundertüte des heutigen | |
Abends werden, bisher ist er kaum TV-bekannt. Besonders die Linke in Europa | |
ist auf seinen Auftritt gespannt. | |
Die Inszenierung des Duell gefällt bisher. Zugespitzt, harte Bedingungen, | |
klare Strukturierung. Wird bald den Eurovision Song Contest an Dramatik | |
überholen. Einzig die Kameraführung nervt, diese ständigen Fahrten... | |
braucht kein Mensch. | |
Wir lieben diese ablaufende Uhr im Hintergrund. Politiker am Limit, | |
ständiger Zeitdruck, Argumentieren auf den Punkt, man streite sich um | |
Sekunden. Das hat Potenzial, für Politik-Talkshows, Mitarbeitergespräche, | |
Eltern-Telefonate... | |
## 21.15 Uhr Die Eingangsstatements | |
Verhofstadt: „Diesmal stimmt das“ - die Wahlen sind wichtig, weil | |
Klimawandel und Arbeitslosgkeit nur gemeinsam bekämpft werden können, und | |
das im Wettkampf mit China war. Ok, mit viel gutem Willen erkennt man bei | |
Verhofstadt das liberale Element. | |
Juncker: Von Juncker bleibt hängen, dass er gegen Russland ein starkes | |
Europa will. Nach China (Verhofstadt) schon der zweite Gegner, der | |
aufgebaut wird. | |
Tsipras: Der Grieche spricht von der Tragödie seines Landes, das | |
beispielhaft für die Folgen der Austeritätspolitik steht. Klares linkes | |
Profil. Der Dolmetscher allerdings verhaut schon den ersten Satz. Nicht | |
gut. | |
Schulz: Es gelingt ihm, innerhalb einer Minute die maximale | |
sozialdemokratische Positionsdichte zu kommunizieren. | |
Keller: Erstaunlicherweise kommt die grüne Spitzenkandidatin im | |
Eingangsstatement ganz ohne grüne Inhalte aus. | |
## 21.00 Uhr Es geht los | |
Die Regeln werden erklärt. Unter dem Hashtag [2][#telleurope] laufen im | |
Sekundentakt zig Fragen an die KandidatInnen kommuniziert. | |
## 20.50 Uhr Warmlaufen bei Phoenix | |
Phoenix gelingt es, im vorbereitenden Gespräch die Quote der Debatte exakt | |
wiederzuspiegeln. Nehmen mit Ska Keller und der Moderatorin Monica Maggioni | |
zwei Frauen am Duell teil, bietet der „Ereigniskanal“ mit Christiane | |
Hoffmann vom Spiegel und der französischen Journalistin Elisabeth Cadot | |
genauso viele auf. Es ist die Rede vom „hässlichen Entlein“ Europawahl. Na | |
mal sehen, ob da noch – „Rise like a Phoenix“ – ein bisschen mehr passi… | |
wird. | |
Berlin: Wir hatten ja etwas Sorge – Europawahl, TV-Duell, bei Phoenix und | |
wir machen public viewing im taz-cafe. Doch es gibt ein interessiertes | |
Publikum, die Sitzplätze sind besetzt.Das Fachpublikum frohlockt: „Wir | |
müssen uns freuen, vor 5 Jahren wären höchstens 4 Leute gekommen. Europa | |
wächst!“ | |
## 20.30 Uhr: Hintergrund | |
Es ist das erste gesamteuropäische TV-Duell der Spitzenkandidaten zur | |
Europawahl. Jean-Claude Juncker (Konservative), Martin Schulz | |
(Sozialdemokraten), Ska Keller (Grüne), Guy Verhofstadt (Liberale) und | |
Alexis Tsipras (Linke) diskutieren ab 21 Uhr im Streitgespräch. | |
Die Europäische Broadcasting Union [3][organisiert das TV-Duell]. Moderiert | |
wird die 90-minütige Sendung von Monica Maggioni vom italienischen | |
TV-Sender RAI. Mehr als 30 Sender in ganz Europa übertragen das Duell live. | |
In Deutschland der ARD-ZDF-Ereigniskanal Phoenix. | |
Im Vorfeld gab es [4][Widerstand gegen die Entscheidung] von ARD und ZDF, | |
das Duell lediglich im Spartensender zu übertragen und stattdessen in | |
eigenen TV-Duellen nur auf Juncker und Schulz zu setzen. [5][Eine Petition] | |
dagegen unterzeichneten fast 28.000 Menschen allein in Deutschland. | |
ZuschauerInnen sollen aktiv an dem Duell teilnehmen. Über die sozialen | |
Medien können das Duell kommentieren und Fragen an die Spitzenkandidaten | |
richten. Der Hashtag des Abends: [6][#telleurope]. | |
15 May 2014 | |
## LINKS | |
[1] /!138366/ | |
[2] http://twitter.com/search?f=realtime&q=%23TellEurope&src=tyah | |
[3] http://www.eurovisiondebate.tv | |
[4] /!137568/ | |
[5] http://www.change.org/de/Petitionen/ard-zdf-das-wichtigste-tv-duell-aller-s… | |
[6] http://twitter.com/search?f=realtime&q=%23telleurope&src=typd | |
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