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# taz.de -- Kolumne Brüssel verstehen: Mit aller Gewalt
> Nach einem harten Einsatz gegen Demonstranten in Brüssel stellt sich die
> Frage: Arbeitet so kurz vor der Wahl außer der Polizei noch jemand?
Bild: Kommissionspräsident Barroso schert sich nicht um demokratische Legitima…
Es geschah am helllichten Tage, mitten in Brüssel. Fast 250 Demonstranten
wurden am vergangenen Donnerstag von der belgischen Polizei vorübergehend
festgenommen, nachdem sie friedlich gegen das geplante Freihandelsabkommen
TTIP protestiert hatten – darunter Mitarbeiter des Europaparlaments.
Brüssel riskiere seinen Ruf als Ort der europäischen Demokratie, meinte der
grüne EU-Abgeordnete Sven Giegold.
Begründet wurde die Massenverhaftung damit, dass die Demonstranten von der
vereinbarten Route abgewichen seien. In Wahrheit zeigt die Aktion, wie
nervös die Brüsseler Behörden sind. Um jeden Preis wollen sie den
EU-Betrieb schützen, der trotz des Europawahlkampfs weitergeht. Der
„European Business Summit“, gegen den sich die Proteste richteten, war
dabei wichtiger als die europäische Demokratie.
Fast noch empörender als der Polizeiübergriff ist die Nonchalance, mit der
die EU-Politiker ihre Agenda vorantreiben. Kommissionspräsident Barroso und
seine Kommissare setzen sich über die Wahl und die Wünsche der Bürger
hinweg. Ungeachtet aller Proteste läuten sie heute eine neue Runde der
umstritten TTIP-Verhandlungen ein.
Dass das Europaparlament ein Moratorium während der Wahl gefordert hat,
stört Barroso dabei nicht. Dabei fehlt der EU-Kommission die demokratische
Legitimation. Schlimmer noch: Sie ist nur noch geschäftsführend im Amt, wie
der SPD-Abgeordnete Bernd Lange kritisiert. EU-Abgeordneten, die im
Wahlkampf unterwegs sind, können sich kein Bild über den Verhandlungsstand
machen; sie werden übergangen.
## Bruch der Spielregeln
Und TTIP ist kein Einzelfall. Weitgehend unbemerkt schaffen die Eurokraten
in Osteuropa Fakten. Nach einer Rundreise von Ratspräsident Van Rompuy
durch die Region hat Barroso in der vergangenen Woche die Regierungen der
Ukraine und der Moldau empfangen. Der Republik Moldau wurde dabei nicht nur
ein Assoziierungsabkommen, sondern auch eine „europäische Perspektive“
versprochen, also ein EU-Beitritt.
Am Mittwoch ist dann der Premierminister von Georgien bei Barroso zu Gast –
einen Tag vor Beginn der Europawahl. Dies widerspricht nicht nur den
Spielregeln einer normalen Demokratie. Es könnte auch die Spannungen mit
Russland weiter anheizen. Doch den Strippenziehern in Brüssel ist das egal.
Hinter dem Rücken der Wähler entscheiden sie über das Schicksal Europas –
zur Not mit Polizeigewalt.
18 May 2014
## AUTOREN
Eric Bonse
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