# taz.de -- Grenzschutz mit Hilfe aus Afrika: Frontex' langer Arm | |
> Die Flüchtlingszahlen steigen stark an. Grund ist auch der Konflikt in | |
> Syrien. Die Staaten Nord- und Westafrikas sollen bei der | |
> Migrationskontrolle helfen. | |
Bild: Soldaten der „Mare Nostrum“-Militärmission bringen schiffbrüchige F… | |
BERLIN taz | Die Zahl von Menschen, die unerlaubt nach Europa einreisen, | |
nimmt stark zu. 2013 wurden nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex | |
an den Außengrenzen 107.000 Flüchtlinge aufgegriffen – rund 50 Prozent mehr | |
als im Vorjahr, aber deutlich weniger als im Jahr des Arabischen Frühlings | |
2011. | |
In diesem Jahr dürften es allerdings erneut deutlich mehr werden: Seit | |
Januar registrierte Frontex rund 42.000 illegale Grenzübertritte – dreimal | |
so viele wie im Vorjahreszeitraum. Die meisten von ihnen wurden in Richtung | |
Italien auf dem Mittelmeer aufgegriffen. „Wir gehen davon aus, dass im | |
Sommer sehr hohe Zahlen erreicht werden“, sagte der stellvertretende | |
Direktor der EU-Grenzschutzbehörde Frontex, Gil Arias-Fernández, am | |
Mittwoch in Brüssel. | |
Grund für den Zuwachs sind nach Angaben der Grenzschutzagentur die | |
schlechten Lebensbedingungen in vielen afrikanischen Ländern sowie | |
Konflikte wie der in Syrien. SyrerInnen stellen derzeit mit etwa einem | |
Viertel die größte Gruppe aller Flüchtlinge. Danach folgen Eritrea, | |
Afghanistan und Albanien, wobei es sich bei den Albanern meist um | |
Saisonarbeiter handelt, die zwar illegal nach Griechenland einreisen, aber | |
regelmäßig wieder zurückgehen. | |
Frontex rechnet damit, dass der Druck der irregulären Einwanderung in den | |
kommenden Jahren weiter wachsen wird. Die Agentur vermutet, dass noch mehr | |
Menschen von Nordafrika und der Türkei aus die lebensgefährliche Bootsreise | |
über das Mittelmeer antreten werden. | |
## Schäbige Antwort | |
Der [1][Blog Fortress Europe], der Medienberichte aus dem Mittelmeerraum | |
auswertet, kommt auf eine Zahl von mindestens 221 Toten Flüchtlingen im | |
Mittelmeer seit Beginn des Jahres. Zuletzt starben am 11. Mai vor der Küste | |
Lampedusas 17 Menschen. Die EU-Innenminister wollen das Thema Anfang Juni | |
beraten. | |
Teil der Frontex-Strategie ist es, die Flüchtlinge mittelfristig möglichst | |
schon in den Herkunfts- oder Transitregionen aufzuhalten. Wie jetzt aus der | |
Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervorgeht, werden | |
dabei die Staaten Nord- und Westafrikas stärker in die europäische | |
Migrationskontrolle eingebunden als bislang bekannt. Mit Tunesien, Libyen, | |
Ägypten und Marokko handelt Frontex derzeit „Arbeitsabkommen“ aus. Mit | |
ihnen und einer Reihe weiterer afrikanischen Staaten hat Frontex die Africa | |
Frontex Intelligence Community (Afic) aufgebaut. In Rahmen dieser | |
Analyseplattform werden unter anderem gemeinsame Lagebilder erstellt. Darin | |
werden die Migrationsrouten in 23 afrikanische Länder, darunter selbst | |
Kongo oder Kamerun, detailliert nachgezeichnet. | |
Frontex hatte im Februar gegenüber der EU gefordert, die | |
„Kontrollkapazitäten“ der Staaten Nord- und Westafrikas mit EU-Mitteln | |
deutlich aufzustocken. Noch in Mai lädt Frontex deshalb Vertreter aller an | |
Afic beteiligten Staaten zu einem Treffen nach Warschau ein. Auf Bitten des | |
Rats arbeitet die EU an einem Konzept zur Unterstützung des | |
Grenzmanagements im Sahel-Sahara-Raum. | |
„Mit diesen Risikoanalysen übernimmt die Agentur quasi geheimdienstliche | |
Tätigkeiten“, sagt der Linken-Abgeordnete Andrej Hunko. „Seit Jahren werden | |
die Länder nord- und westafrika zu Brückenköpfen der europäischen | |
Migrationsbekämpfung aufgebaut. In Tunesien etwa war Bewegungsfreiheit eine | |
zentrale Forderung der Revolution. Doch heute helfen deutsche Polizisten | |
dabei, diese zu unterbinden“, so Hunko. Das sei „eine schäbige Antwort auf | |
den Arabischen Frühling“. | |
15 May 2014 | |
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[1] http://fortresseurope.blogspot.de/ | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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