# taz.de -- Wahl in Mecklenburg-Vorpommern: Rechte Mütter | |
> Im NPD-Wahlkampf in Meck-Pomm geht es um „aktive Volkserhaltung“, | |
> Gleichstellung wird abgelehnt. Trotzdem engagieren sich viele Frauen. | |
Bild: Explizit beschriftet: Teilnehmerin einer NPD-Demo. | |
BERLIN taz | „Geld in Mütterhand statt für Griechenland“ heißt es auf ei… | |
Plakat der NPD anlässlich der Kommunalwahlen in Mecklenburg-Vorpommern. Die | |
Partei hat sich die Familienpolitik groß auf die Fahnen geschrieben und | |
buhlt damit um die weibliche Wählerschaft. Hängt man der traditionellen | |
Vorstellung der vermeintlich unpolitischen Haltung von Frauen an, mag der | |
Vorstoß der NPD erstaunen. Insbesondere weil gerade diese Partei ein | |
rückwärtsgewandtes Geschlechterbild transportiert. Ein Interesse an | |
frauenpolitischen Themen scheint bei ihr eher ungewöhnlich. | |
Doch weit gefehlt: Die NPD ist sich des Potentials der weiblichen | |
Wählerschaft sehr wohl bewusst und positioniert sich mit der Forderung nach | |
einem Müttergehalt in einem Bereich, der in den achtziger Jahren noch von | |
Teilen der Frauenbewegung besetzt war. Die Partei sieht das Müttergehalt | |
als Mittel gegen „Fremdbetreuung“ und als „Wertschätzung“ für die | |
Aufopferungsbereitschaft der Frauen. | |
Ihr geht es in erster Linie um „aktive Volkserhaltung“, eine rassistische | |
Bevölkerungspolitik, die nur auf die Förderung rein „deutscher“ | |
Elternschaften abzielt. Damit entspricht sie dem extrem rechten Prinzip, | |
die „Volksgemeinschaft“ durch eine möglichst hohe Geburtenzahl „deutsche… | |
Kinder zu fördern. Sie vertritt dementsprechend eine klassische | |
Familienvorstellung und konzentriert sich auf die Rolle der Frau als | |
Mutter. | |
Trotzdem sind in den Reihen der NPD Frauen durchaus politisch aktiv. Von 55 | |
KandidatInnen sind sechs Frauen in den entsprechenden sechs Landkreisen zu | |
den Kommunalwahlen gemeldet. Fünf von ihnen haben bereits einen Sitz in | |
einem Kreistag oder einer Stadtvertretung. Und es wären noch mehr Posten | |
weiblich besetzt, würden nicht immer wieder NPD-Politikerinnen ihre Mandate | |
an ihre Kollegen abtreten. Bei den Kommunalwahlen 2009 gaben vier | |
Kandidatinnen ihre Posten ab, bei den gleichen Wahlen zwei Jahre später | |
stellte die Partei nur noch eine rein männlich besetzte Kandidatenliste | |
auf. | |
Auch die Frauenorganisation der NPD, der „Ring Nationaler Frauen“ (RNF) | |
befindet sich voll im Wahlkampffieber. Schon bei einer Demonstration am 1. | |
Mai in Rostock vertrat die Organisation öffentlichkeitswirksam die | |
Stoßrichtung der Mutterpartei: Auf einem Banner verkündete sie „Erziehung | |
ist Arbeit - Mütter verdienen ein Gehalt“. Aus dem neu gewählten Vorstand | |
des RNF kandidiert die stellvertretende Vorsitzende Cornelia Stark auf der | |
NPD-Liste für einen Sitz in der Gemeindevertretung Friedland. | |
## Natürliche Geschlechterrollen | |
Das politische Engagement der Frauen in der NPD bedeutet aber keineswegs | |
die Forderung nach Gleichberechtigung mit den männlichen Kollegen. Im | |
Gegenteil prangert die Partei Gleichstellungskonzepte als „Gleichmacherei“ | |
an und beharrt auf einer vermeintlich natürlichen Einteilung der | |
Geschlechterrollen, die die Grundvoraussetzung ihrer „Volkspolitik“ sind. | |
Sie vertritt diese Vorstellungen allerdings mit größter Inkonsequenz wie | |
eine Demonstration der Bürgerinitiative „Schöner wohnen in Ueckermünde“ … | |
22. März diesen Jahres zeigte: Der Aufmarsch mit zahlreichen personellen | |
Überschneidungen mit der NPD wurde nicht nur von einem „letzten Deutschen“ | |
angeführt, sondern auch von einem ganzkörperverschleierten | |
Gesinnungsgenossen, der vor der „Burka für deine Tochter“ warnte. Hier war | |
die Abgrenzung zum Islam augenscheinlich wichtiger als die sonst so | |
dringende Abgrenzung von der Gleichberechtigung. | |
Häufig nutzen die extrem rechten Frauen traditionelle Geschlechterklischee | |
und treten als unpolitische Rednerinnen auf. So auch in Ueckermünde, wo | |
eine Rednerin vorgab, für die vielen Mütter in der Stadt zu sprechen. Sie | |
behauptete, Angst um ihre Kinder und vor Belästigungen deutscher Frauen zu | |
haben und deshalb ein Flüchtlingsheim in der Stadt verhindern zu wollen. | |
Dafür könne man sie doch nicht als „Nazi“ beschimpfen. | |
„Die Frauen in der rechtsextremen Szene sind hier sehr aktiv. Sie treten | |
als Zeuginnen für angebliche Gewalt gegen Kinder und Frauen durch | |
Flüchtlinge auf, streuen so Gerüchte und machen vor Ort Stimmung gegen | |
sie“, erklärt Stella Hindemith aus dem Projekt „Lola für Ludwigslust“, … | |
in der Amadeu Antonio Stiftung für eine gendergerechte Praxis gegen | |
Rechtsextremismus arbeitet. Wieviel Erfolg die extrem Rechten mit ihrer | |
Frauenpolitik bei den kommenden Wahlen haben werden, entscheidet sich am | |
25. Mai. | |
Die Autorin ist freie Mitarbeiterin bei der Amadeu Antonio Stiftung. Der | |
Artikel basiert auf Recherchen des Projektes „Lola für Ludwigslust“. | |
22 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Zoé Sona | |
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