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# taz.de -- Peniskuchen-Affäre der NPD: Nationalismus, nicht sexy
> Generalsekretär Peter Marx lässt die Kameraden erröten und muss gehen.
> Allerdings ist Verklemmtheit nicht allein am rechten Rand ein Problem.
Bild: Ein schöner brauner Peniskuchen – und die NPD ist ganz erregt.
Es ist in der Politik guter Brauch, den jeweiligen Gegner sexuell zu
denunzieren, wenn sonst gerade keine andere Keule zur Verfügung steht. Sei
es in der der Auseinandersetzung mit gegnerischen Parteien oder eben auch
intern. Die Saarbrücker Peniskuchen-Affäre der NPD verweist eher auf
interne Querelen – Generalsekretär Peter Marx musste zurücktreten, nachdem
er in Saarbrücken anlässlich einer Feier Kuchen konsumiert hatte, der in
Form eines Penis gebacken war (entsprechende Backformen, haftbeschichtet,
gibt es im Handel übrigens schon für fünf bis sechs Euro).
Was für eine schöne Meldung, man stelle sich vor, CSU-Generalsekretär
Andreas Scheuer müsste nach dem Verzehr von Penis-Pasta in Schwerin alle
seine Ämter niederlegen. Aber es ist natürlich komplizierter, was in diesem
Fall nicht bedeutet, dass die Geschichte weniger schräg wäre: Der
Saarbrücker Kuchen-Verkostung bei wohnte nämlich eine Dame namens [1][Ina
Groll]. Eine Ex-Pornodarstellerin, die mit dem Slogan „Nationalismus darf
auch sexy sein“ versucht hatte, ein bisschen Drive in den Wahlkampf von
rechts zu bringen – und dann von der Parteiführung zur „unerwünschten
Person“ erklärt wurde. Offiziell nicht etwa, weil sie in ihren Filmen auch
mit Schwarzen Sex hatte, sondern weil sie überhaupt in Pornos mitspielte.
Nun haben auch in der linken Öffentlichkeit weder der Penis noch der Porno
eine herausragend gute Presse. Der Penis als Tatwaffe, der PorNo als
Instrument patriarchaler Unterdrückung und Frauenfeindlichkeit – in den
vergangenen Jahren ist der einst linke Diskurs der sexuellen Befreiung in
einen der sexuellen Belästigung und des Missbrauchs umgeschlagen, der
längst auch im bürgerlichen Biedermeier-Mainstream mit seinen
Bullerbü-Hardcore-Fantasien angekommen ist.
Und offensichtlich auch am rechten Rand. Sexualpolitisch hatte man sich
dort bisher eher damit hervorgetan, die Todesstrafe für Kinderschänder zu
fordern (was man nicht nur am rechten Rand ganz o. k. findet) und
selbstverständlich gegen Homosexuelle zu hetzen (findet man das nur am
rechten Rand ganz o. k.?). Doch nun hat man dort sogar ein Problem mit
Backwerk in Penisform und Frauen, die sich ihrer offenherzigen Sexualität
nicht schämen mögen – unerwünscht, auch wenn sie noch so sehr gegen
„Ausländer“ hetzen.
Wenn man den historischen Vergleich ziehen möchte, waren die Verhältnisse
sogar unter Hitler sexuell freizügiger – so analysierte zum Beispiel
Sebastian Haffner in seinen „Anmerkungen zu Hitler“ die
nationalsozialistische Sexualmoral als widersprüchlich: Man predigte zwar
die deutsche Sitte und Moral, aber gegen eine „gesunde Sinnlichkeit“ hatte
man nichts. Hauptsache, (reinrassiger) Nachwuchs wurde gezeugt, ob nun
ehelich oder nicht – man knüpfte einfach an die Libertinage der Zwanziger
an.
Fast hundert Jahre später könnte man stattdessen den Eindruck gewinnen,
dass tatsächlich demnächst eine Person des öffentlichen Lebens darüber
stolpert, einen FKK-Strand besucht zu haben. Ganz egal in welcher Partei er
oder sie ist, denn nicht nur der Nationalismus darf nicht sexy sein.
Aber wie dem auch sei: Man möchte der NPD nun keineswegs raten, sich doch
bitte wieder auf ihre Inhalte zu konzentrieren. Wie wäre es stattdessen
vielleicht mal mit Kuchenbacken?
7 Apr 2014
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## AUTOREN
Martin Reichert
## TAGS
NPD
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