# taz.de -- PorYes, PorNo, just Porno: Überraschend divers und progressiv | |
> „Titcoins“ statt Bitcoins: Die populäre Pornoplattform Pornhub lanciert | |
> ein neues Bezahlmodell und eine neue Werbekampagne. | |
Bild: So minimalistisch könnte Pornowerbung sein. Könnte. | |
Die Pornoplattform Pornhub will raus aus ihrer Schmuddelecke. Dafür starten | |
die BetreiberInnen eine ganze Reihe von Werbekampagnen – unter anderem | |
einen Aufruf, Werbevorschläge für die Pornoseite einzureichen. Ergebnis des | |
Aufrufs sind [1][15 Clips und Plakate], die es bis in die letzte Auswahl | |
geschafft haben. | |
Von denen sind einige so charmant, dass man sich dabei ertappt, Pornhub | |
liebzugewinnen. Ein unscheinbarer, junger Mann mit Nerdbrille vergießt | |
bittere Tränen ob des fehlenden Internetzugangs – wir weinen mit. Ein | |
Plakat fragt uns, was für ein Onanieritual wir haben – wir uns auch. | |
In den Filmen und auf den Plakaten haben auch Frauen dreckige Phantasien, | |
überhaupt ist alles überraschend divers und progressiv und all die | |
verbotenen Bedürfnisse, die prüde Kirchen verbieten, sind völlig in | |
Ordnung. Für einen kurzen Moment jubelt man: jemand haut die nervigen Tabus | |
in die Tonne – danke, Pornhub! | |
Nur natürlich ist es mit der Werbung für Pornhub ein bisschen so, als würde | |
McDonalds sagen, dass die Chicken McNuggets von glücklichen Hühnern und | |
fair gehandelt sind. Denn die eigentliche Pornoplattform, auf der sowohl | |
Amateurclips als auch professionelle Filme zu finden sind, wird ja nicht | |
wegen guter Werbung plötzlich eine andere: Primäre – vor allem weibliche – | |
Geschlechtsorgane ruckeln einem und einer in Großaufnahme entgegen, so dass | |
man kaum anders kann als in Alice Schwarzers Chor einzusteigen und „PorNo!“ | |
zu rufen. | |
## „Geld wächst auf Titten“ | |
Aufsehen erregt zurzeit außerdem ein jenseits dieser Kampagne lancierter | |
Werbeclip von Pornhub. Statt der Kryptowährung „bitcoin“ wird hier die | |
„titcoin“ zur sicheren Währung angesichts der Krise. Die Warenkette ist | |
simpel: die Frau zieht ihr T-shirt hoch und streckt dem Barkeeper und | |
seiner Handykamera die Brüste entgegen, der lädt das Bild mit der | |
titcoin-App hoch, die Frau kriegt ein Bier. So der Deal. | |
„Geld wächst nicht auf Bäumen“; heißt es dann noch zum Abschluss: „Es | |
wächst auf Titten.“ Streng genommen hätte der kleine Film das Ding zu | |
knallharter Gesellschaftskritik, denn der Clip bricht etwas auf einfache | |
Bilder herunter, was absoluter Usus ist: Frauen und ihre Brüste werden zu | |
Objekten gemacht, machen sich mitunter selbst dazu, zudem zu verwertbaren. | |
Tatsächlich bringt der Film die Kritik – wenig verwunderlich – natürlich | |
nicht. | |
Das Ganze ist zwar Satire, aber wer hier wen persifliert, bleibt unklar. | |
Das ist kaum Zufall. Denn uneindeutige Satire ist politisch eben schwer | |
angreifbar; allzu schnell werden die KritikerInnen zu vermeintlichen | |
SpielverderberInnen. Die Kritik klingt unsagbar langweilig – ebenso sehr | |
wie der Umstand, dass man sie zu einem zyllionsten Mal aussprechen muss, | |
langweilt. | |
So stolpert man zwischen Alice Schwarzer, gutgemachter Werbung, Lust und | |
Abscheu hin und her und fragt sich, wie man Licht ins Dunkel bringen kann. | |
Hier der Vorschlag: Pornhub vor die Füße kotzen und eine neue Plattform | |
gründen. Die FinalistInnen der Werbekampagne könnten die Pornos drehen. | |
Solche mit Inspiration und geistiger Flexibilität – und ohne die | |
schreienden Nahaufnahmen, die in der Seele weh tun. | |
28 May 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://pornhubcampaign.tumblr.com/tagged/finalist#.U4W_JXaw1Wc | |
## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
## TAGS | |
Pornhub | |
Pornografie | |
Werbung | |
Pornografie | |
Musik | |
NPD | |
Sexualität | |
Lars von Trier | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Erotik-Magazin für Frauen: Bitte nur im Schlafzimmer | |
Schöne, anspruchsvolle Sexhefte für Frauen gibt es kaum. Jetzt erscheint | |
„Separée“ – ein ganz netter Versuch, aber viel zu brav. | |
Bela B. über Karma, Politik und Musik: „Ich habe Spaß an der Irritation“ | |
Bela B. von den Ärzten heißt eigentlich Dirk Albert Felsenheimer – und mag | |
auffällige Frisuren. Ein Gespräch über politisch missbrauchte Songs und | |
Spermaflecken. | |
Peniskuchen-Affäre der NPD: Nationalismus, nicht sexy | |
Generalsekretär Peter Marx lässt die Kameraden erröten und muss gehen. | |
Allerdings ist Verklemmtheit nicht allein am rechten Rand ein Problem. | |
Sexualwissenschaftler über Jugendliche: „Die Toleranz ist enorm gestiegen“ | |
Viele Jugendliche akzeptieren Homosexualität, sind aber hinsichtlich | |
Nacktheit und Abtreibung konservativer als früher, erklärt | |
Sexualwissenschaftler Konrad Weller. | |
Lars von Triers Nymph()maniac Vol. 2: Sexsüchtig, nicht nymphoman | |
Sexualität ist Selbstbehauptung wie Selbstaufgabe: In Joe, der | |
Protagonistin von Lars von Triers „Nymph()maniac Vol. 2“, streiten beide | |
miteinander. |